Dopingfall Iga Swiatek: Größere Schatten über dem Tennis
29. November 2024Der Tennis-Sport meldet den zweiten prominenten Dopingfall innerhalb weniger Monate. Nach dem Weltranglisten-Ersten Jannik Sinner aus Italien wurde nun auch bei der fünfmaligen Grand-Slam-Turnier-Siegerin Iga Swiatek ein positives Dopingergebnis bekannt. Wie die International Tennis Integrity Agency (ITIA) mitteilte, wurde die 23 Jahre alte Polin Mitte August positiv auf Trimetazidin (TMZ) getestet. TMZ steht seit 2014 auf der Liste der von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) verbotenen Substanzen. Es begünstigt den Aufbau von Muskelmasse und sorgt dafür, dass die Muskeln bei intensiver Belastung nicht so schnell übersäuern. Das Mittel hatte auch im Fall der russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa für einen positiven Befund gesorgt.
Die ITIA ordnete den Vorfall nach Anhörung der Spielerin jedoch als minder schwer ein. Swiatek gab an, ein verunreinigtes, nicht verschreibungspflichtiges Medikament (Melatonin) eingenommen zu haben, das in Polen hergestellt und verkauft worden sei. Sie habe es gegen Jetlag und Schlafprobleme eingenommen und damit versehentlich gegen die Richtlinien verstoßen, so Swiatek.
Milde Strafe
Die frühere Weltranglistenerste, die aktuell auf Position zwei steht, wurde vom 22. September bis zum 4. Oktober vorläufig gesperrt. Damit verpasste sie drei Turniere, die auf die Sanktion angerechnet wurden. Entsprechend bleiben nur noch acht Tage Sperre übrig. Als Grund für ihre Nichtteilnahme an den China Open Ende September und einem weiteren Turnier in China hatte Swiatek persönliche Gründe angeführt. Von einer Sperre wurde nichts bekannt.
Neben der Sperre muss die Polin, die in diesem Jahr zum vierten Mal in ihrer Karriere die French Open gewann, auch ihr Preisgeld von den Cincinnati Open zurückzahlen. Sie hatte bei dem Turnier in den USA, das unmittelbar nach dem positiven Test ausgespielt wurde, das Halbfinale erreicht. Swiatek stimmte der einmonatigen Sperre zu und kann zum Jahreswechsel ganz normal in Australien in die neue Tennis-Saison starten.
Gleiches Recht für alle?
"Ich stehe hier und frage mich: Warum gibt es so einen großen Unterschied in Behandlung und Urteil?", fragte die zweimalige Grand-Slam-Turniergewinnerin Simona Halep. Die ITIA hatte die Rumänin 2022 wegen einer positiven Dopingprobe und Unregelmäßigkeiten im Athletenpass zunächst für vier Jahre gesperrt. Im März 2024 hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS die Strafe auf neun Monate reduziert, sodass Halep wieder umgehend spielberechtigt gewesen war.
Auch der Australier Nick Kyrgios kritisierte die Entscheidung der ITIA im Fall Swiatek scharf. "Profisportler auf höchstem Niveau können jetzt einfach sagen: Wir wussten es nicht", schrieb Kyrgios auf der Plattform X.
Bekanntgabe erst nach Abschluss des Verfahrens
Die ITIA ist eine unabhängige Organisation mit Sitz in London. Sie wurde 2021 von den Tennisverbänden ATP, WTA und ITF sowie den Veranstaltern der vier Grand-Slam-Turniere gegründet, um einen sauberen Tennissport zu garantieren. Im vergangenen Sommer war die ITIA bereits durch den Fall Jannik Sinner in die Schlagzeilen geraten.
Der Weltranglisten-Erste aus Italien, der in diesem Jahr die Grand-Slam-Turniere Australien Open und US Open sowie die ATP-Finals gewann, war bei zwei Kontrollen im März positiv auf ein anaboles Steroid getestet worden. Sinner ging straffrei aus. Die ITIA akzeptierte die Erklärung des Topspielers: Ein Physiotherapeut aus dem Team habe ein Spray mit Clostebol genutzt, um eine eigene Hautwunde am Finger zu behandeln. Anschließend habe er Sinner ohne Handschuhe massiert und sporttherapeutisch behandelt. Dabei sei es zu einer "versehentlichen Kontamination" gekommen. Die ITIA informierte die Öffentlichkeit - wie auch jetzt bei Iga Swiatek - erst nach dem Abschluss des Verfahrens über die positive Dopingprobe Sinners.
Die WADA zog wegen des Freispruchs für Sinner vor den CAS. Sie werde auch den Fall Swiatek genau prüfen, erklärte die Welt-Anti-Doping-Agentur. Wegen der mutmaßlichen Vertuschung eines Dopingskandals im chinesischen Schwimmsport steht die WADA selbst am Pranger.