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Politik

Doppelpass: Welche Regeln gelten wo?

Helena Kaschel
28. März 2017

Die CDU will die Einschränkung der doppelten Staatsbürgerschaft zum Wahlkampfthema machen. In Deutschland geht der Streit damit in die nächste Runde. Welche Doppelpass-Regeln gelten anderswo in Europa? Ein Überblick.

Symbolbild Doppelpass / doppelte Staatsbürgerschaft
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Deutschland

Kann ein Mensch sich zwei Ländern verbunden fühlen? Behindern zwei nationale Identitäten die Integration? Stehen sie den Behörden beim Kampf gegen den Terrorismus im Weg? Monate vor der Bundestagswahl ist der Doppelpass in Deutschland zum politischen Zankapfel geworden. Mit dem Türkei-Streit nimmt die Debatte wieder Fahrt auf.

Grundsätzlich gilt die Bundesrepublik in Sachen doppelte Staatsbürgerschaft als eher restriktiv: Das Prinzip der "Vermeidung von Mehrstaatigkeit" sieht vor, dass Deutsche ihre Staatsangehörigkeit abgeben müssen, wenn sie eine andere annehmen möchten. Ausnahmen gelten für EU- und Schweizer Staatsbürger und für die Kinder und Enkel von Einwanderern. Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nach Geburtsortprinzip ("ius soli -Recht des Bodens) gilt mit Einschränkungen.

In Deutschland leben derzeit rund 4,3 Millionen Menschen mit zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten. Etwa jeder fünfte Türkeistämmige in Deutschland hat den deutschen und den türkischen Pass.

Die CDU will das Staatsangehörigkeitsrecht verschärfen. Schon auf dem Parteitag im Dezember hatten Unionspolitiker eine Debatte über mögliche Einschränkungen des Doppelpasses angestoßen. Gegenstand des Streits ist die sogenannte Optionspflicht: Lange erhielten Kinder ausländischer Eltern bei der Geburt beide Staatsangehörigkeiten, mussten sich aber im Alter von 23 Jahren für eine entscheiden. 2014 einigte sich die Große Koalition darauf, dass in Deutschland geborene und aufgewachsene auch als Erwachsene beide Pässe behalten dürfen.

"Ich glaube nicht, dass wir einen Wahlkampf über den Doppelpass machen", hatte Merkel noch im Dezember gesagtBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Nun will die CDU nach Informationen des "Spiegel" im Bundestagswahlkampf gegen die doppelte Staatsbürgerschaft mobil machen. "Wir müssen die Politik der Ausnahmeregeln weitgehend ändern", sagte die Vorsitzende des CDU-Netzwerks Integration, Cemile Giousouf, dem Magazin. In einem Papier, das in das Wahlprogramm integriert werden soll, heißt es, Enkel von Einwanderern der ersten Generation sollten nur noch den deutschen Pass bekommen.  

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Forderungen im Dezember noch abgelehnt. Dem "Spiegel"-Bericht zufolge sei sie nun bereit,  eine neue Regelung zu unterstützen. Grund dafür seien unter anderem die Angriffe des türkischen Präsidenten Erdogan auf die deutsche Politik und die Tatsache, dass sich viele in Deutschland lebende Türken mit dem Präsidenten identifizierten. 

Frankreich

Die meisten EU-Mitgliedsstaaten erlauben inzwischen die doppelte Staatsbürgerschaft - auch Frankreich. Französische Staatsbürger dürfen schon seit 1973 die doppelte oder mehrfache Staatsangehörigkeit besitzen. 2009 stellte sich Frankreich gegen den ersten Artikel des europäischen "Übereinkommens über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern".  Ziel der Vereinbarung ist es, "die Zahl der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit zwischen den Vertragsparteien zu verringern".

In Frankreich gilt das "ius soli", also das "Recht des Bodens", uneingeschränkt: Wer in Frankreich geboren wird, erhält die französische Staatsbürgerschaft - unabhängig von der Nationalität der Eltern.

Schweden

Lange galt in dem nordeuropäischen Einwanderungsland das Prinzip der "Vermeidung von doppelter Staatsbürgerschaft" - ähnlich wie in Deutschland. Seit 2001 jedoch erlaubt ein Gesetz schwedischen Staatsbürgern, eine andere Staatsangehörigkeit zu beantragen, ohne den schwedischen Pass zu verlieren, sofern das Recht des entsprechenden Landes dies ermöglicht. Umgekehrt müssen Einwanderer ihre ausländische Staatsangehörigkeit bei Einbürgerung nicht zwangsläufig aufgeben.

Der Soziologe Thomas Faist sieht Schweden als potentielles Vorbild für andere Länder. Zwei Pässe zu haben werde dort "nicht als Problem, sondern vielmehr als Beitrag zur Integration gesehen", sagte Faist dem Mediendienst Integration. Andere skandinavische Länder haben ähnliche Regelungen: Dänemark verabschiedete 2014 ein Gesetz, das die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt. In Finnland trat bereits 2003 eine entsprechende Regelung in Kraft. Norweger dagegen haben nur in Ausnahmefällen Anspruch auf die doppelte Staatsbürgerschaft.

Polen und mehr

In Polen können polnische Staatsbürger nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz nicht gleichzeitig als Bürger anderer Länder anerkannt werden. Der Besitz eines zweiten Passes wird aber nicht geahndet. Allerdings können polnische Staatsbürger die für sie geltenden Bürgerpflichten nicht umgehen, in dem sie sich auf eine ausländische Staatsangehörigkeit berufen.

Die Ukraine erkennt die doppelte Staatsbürgerschaft nicht an. Nach geltendem Recht müssen neu eingebürgerte ukrainische Staatsbürger andere Staatsangehörigkeiten innerhalb von zwei Jahren aufgeben. Einige Länder in Ost- und Mitteleuropa stehen dem Doppelpass dagegen offen gegenüber, etwa Tschechien und Rumänien. Bulgaren, Serben und Kroaten ist die doppelte Staatsangehörigkeit erlaubt, Ausländer müssen bei der Einbürgerung allerdings auf ihre alte Staatsbürgerschaft verzichten.

Spanien

Grundsätzlich erlaubt Spanien die doppelte Staatsbürgerschaft Einwanderern aus Portugal, Andorra, den Philippinen, Äquatorialguinea und lateinamerikanischen Ländern, mit denen es entsprechende Verträge abgeschlossen hat. Einwanderer anderer Nationen müssen laut der Verfassung auf ausländische Staatsangehörigkeiten verzichten, wenn sie die spanische erhalten wollen. Spanischen Staatsbürgern ist die doppelte Staatsbürgerschaft dagegen erlaubt, wenn sie den Behörden innerhalb von drei Jahren bestätigen, dass sie den spanischen Pass behalten wollen.

Je nach Staat sind die Regeln in Südeuropa unterschiedlich. Monaco und Andorra etwa verbieten die doppelte Staatsangehörigkeit, in Portugal ist sie erlaubt.