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Frauen auf dem Land sind ärmer

Helle Jeppesen
15. Oktober 2019

Armut ist vor allem ländlich – und eher weiblich als männlich. Doch wenn es um Klimaanpassung und Ernährung geht, spielen Frauen eine Schlüsselrolle für unsere Zukunft.

FAO Projekt Betty Ndugga
Bild: FAO

"Das Land hier gehörte meinen verstorbenen Eltern. Als ich gelernt habe, die Kaffeepflanzen zu züchten, habe ich diese Baumschule als Unternehmen aufgezogen."

In einem Video der Welternährungsorganisation FAO erzählt Betty Ndugga(Bild) im Luwero-Distrikt in Uganda ihre Geschichte. Als ihr Mann starb, hat sie mit ihren Kindern die Stadt verlassen und ist in das Dorf ihrer Eltern gezogen, hat dort das Land übernommen.

Statistisch gesehen wären Betty Ndugga und ihre Kinder damit in die Armut gerutscht. Mehr als drei von vier Menschen, die in extremer Armut leben, leben auf dem Land. Dabei sind die Frauen doppelt benachteiligt: Sie haben noch weniger Zugang zu Bildung, Krediten oder Landrechten als Männer.

In einer FAO-Schulung hat Betty Ndugga gelernt Kaffeepflanzen zu züchten. Ihre Pflanzen sind resistent gegen die gefürchtete Kaffeewelke, eine Krankheit, die lange als fast ausgerottet galt, sich jedoch heute wieder rasant ausbreitet und bereits Millionen von Bäumen vernichtet hat.

Betty Ndugga hat mittlerweile 30 Angestellte, die in der Gärtnerei arbeiten, viele von ihnen sind Frauen. Die Pflanzen werden an lokale Kaffeebauern verkauft, aber auch durch die ugandische Kaffee-Behörde UCDA (Uganda Coffee Development Authority) angeboten.

Kaffee ist der größte Exportartikel Ugandas, doch mit zunehmender Erderwärmung und unregelmäßigen Niederschlägen als Folge des Klimawandels, nehmen auch die Kaffeekrankheiten zu. Rund 3,5 Millionen Menschen leben in Uganda von der Kaffeeproduktion, 85 Prozent von ihnen sind Kleinbauern mit Parzellen zwischen einem halben und zweieinhalb Hektar. Das ganze Land ist von der Kaffeeproduktion so abhängig wie Deutschland von der Autoindustrie.

Frauen ernähren die Welt

Weltweit sind es die kleinen Landwirtschaftsbetriebe, die einen Großteil der Nahrungsmittel anbauen. Mehr als 2,5 Milliarden Menschen arbeiten in der kleinbäuerlichen Produktion, fast die Hälfte davon sind Frauen.

Frauen ernähren die Welt - wie diese Bäuerin im nördlichen UgandaBild: DW

"In Südasien und in Afrika südlich der Sahara ist jeder zweite Mensch in der Landwirtschaft eine Frau. Im Globalen Süden sind es die Frauen, die zwischen 60 und 80 Prozent der Nahrungsmittel produzieren. Und das obwohl sie meist weniger Ressourcen zur Verfügung haben als Männer."

Fraser Patterson von der Deutschen Welthungerhilfe ist verantwortlich für den jährlichen Welthungerindex. Er sieht die Ursachen für den Anstieg des weltweiten Hungers in den vergangenen Jahren vor allem in bewaffneten Konflikten und im Klimawandel.

Beide Faktoren treffen Frauen besonders hart. Im Krieg, in den Flüchtlingslagern und auf der Flucht sind sie Opfer von Gewalt. Rund die Hälfte der Landbevölkerung sind Frauen, die besonders unter zunehmenden Dürren, Überflutungen, klimabedingten Pflanzen- und Tierkrankheiten und anderen Folgen des Klimawandels leiden. Die kleinbäuerlichen Betriebe haben keine Ressourcen, um Naturkatastrophen und Ernteausfälle zu überwinden oder in neue Anbaumethoden zu investieren. Die Frauen sind auch die ersten, die steigende Lebensmittelpreise spüren:

"Frauen sind nicht nur für die Produktion von Nahrungsmitteln verantwortlich, sondern auch dafür, wie sie in der Familie verteilt werden", betont Patterson. "Sie sind für das Kochen und für die Ernährung der Kinder zuständig."

Frauen sind auch in der Familie oft verantwortlich für die ErnährungBild: DW/H. Jeppesen

In den meisten Fällen sieht die Reihenfolge beim Essen so aus: Erst die Männer, dann die Jungen, danach die Mädchen und zum Schluss die Frauen.

Hungerbekämpfung durch Empowerment

Dabei, so Patterson, zeigen die Erfahrungen, dass es bei der Bekämpfung von Hunger und extremer Armut auf dem Land vor allem auf die Frauen ankommt:

"Es gibt Statistiken, die zeigen, dass wenn Frauen den gleichen Zugang zu Landrechten, zu Darlehen, zu Märkten und zur Bildung haben wie Männer, dann steigt die Produktion um 20 bis 30 Prozent."

Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass rund 150 Millionen Menschen weniger hungern würden, wenn Frauen in Entwicklungsländern die gleiche Unterstützung und Möglichkeiten hätten wie Männer. Aktuell geht die FAO davon aus, dass mehr als 820 Millionen Menschen weltweit hungern.

Mit einer Spargenossenschaft nehmen Frauen das Schicksal in die eigene Hand (Foto: Sarwan, Indien)Bild: DW

Die Empfehlung der FAO: Frauen und benachteiligten Bevölkerungsgruppen auf dem Land Zugang zu Landrechten, Bildung und Kleinkrediten geben. Damit es mehr Frauen gibt wie Betty Ndugga in Uganda, die nicht nur die eigene Familie mit ihrer Baumschule ernährt, sondern auch 30 andere Menschen im Dorf. Die Methode hat sich auch in ihren Projekten bewährt, sagt Fraser Patterson von der Welthungerhilfe:

"Wir sehen, wie kleinbäuerliche Betriebe sich an den Klimawandel anpassen können, zum Beispiel indem sie mehrere unterschiedliche Produkte anbauen, oder indem sie Zugang zu verlässlichen Wetterberichten haben."

Allerdings sind die Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft generell gering – egal ob für Frauen oder Männer. Laut einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam sind weniger als fünf Prozent der internationalen Klima-Anpassungshilfen für Kleinbauern vorgesehen.

 

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