Porträt Fanprojekt Köln
16. Januar 2012In Deutschland gab es vor 1993 viele verschiedene Projekte, die sich mit der Fanarbeit bei Fußballvereinen befassten. Unter anderem gehörte auch das Fanprojekt des 1. FC Köln dazu – mit über 7.800 Mitgliedern mittlerweile eine der größten Fanorganisationen Deutschlands. Einer der Gründerväter ist der jetzige Stadionsprecher in Köln, Michael Trippel. Er erinnert sich noch gut an die Zeit damals: Eine Zeit der Gewalt und der Hooligans in deutschen Stadien. Familien mit kleineren Kindern hätten sich zu dieser Zeit nicht getraut, ins Stadion zu gehen, und so blieben viele Plätze leer. Für viele jugendliche Fans hatte die Gewalt und der Hooliganismus dagegen etwas Faszinierendes, sagt Trippel: "Das war so am Rande der Legalität, da war immer was los. Wir wollten einfach einen Gegenpart bilden mit dem Fanprojekt."
Dachorganisation vieler Fanbündnisse
Weil es aber auch viele Fans gab und gibt, die sich nicht in einem Fanklub organisieren wollen, bietet das Fanprojekt des 1. FC Köln als übergeordnete Dachorganisation Hilfe an: Bei der Fahrt zu den Auswärtsspielen, bei dem Kauf der Eintrittskarten für Auswärtsspiele, aber auch bei Heimspielen. Das Fanprojekt habe sich in den letzten 20 Jahren zu einem ernstzunehmenden Gesprächspartner in Fanangelegenheiten entwickelt, sagt der Fanbeauftragte des 1. FC Köln, Rainer Mendel. "Sie machen die Behindertenbetreuung im Stadion. Sie bringen sich auch sehr intensiv in fanpolitische Themen mit ein. Man versucht eine sehr lebendige Fankultur zu schaffen und sie beizubehalten."
Mit Bus und Bahn kostengünstig ins Stadion – für viele Jugendliche und auch deren Eltern eine gelungene Aktion, denn die Jugendlichen werden betreut und ohne Alkohol zum Spiel begleitet. Manchmal muss bei den Auswärtsfahrten im Sonderzug allerdings auch Sicherheitspersonal mitfahren, erklärt Mark Fauler, 3. Vorsitzender des Fanprojekts 1. FC Köln, der sich nicht scheut, Sanktionen auszusprechen, sollten Gewalttäter auf frischer Tat ertappt werden. "Wir hatten dieses Jahr genug Beispiele mit dem Fäkalienwurf und Pyrotechnik, wo Leute in Gefahr geraten. Da muss man einschreiten." Sei es mit Stadionverboten oder Entzug von Tickets. Doch besser sei es, viel früher mit der Fanarbeit zu beginnen – bei den Kleinen. "Indem man Angebote schafft, für Kinder ab acht Jahren schon. Damit sie von vornherein lernen, wie man sich zu verhalten hat."
Sozialarbeit in der Bundesliga
Fußballturniere, Partys – Fanprojekte bieten vor allem eine Anlaufstelle für junge Fans. Seit 1993 gibt es offiziell in Deutschland Fanprojekte, die nach dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) organisiert sind und durch eine Drittelfinanzierung von DFB, Land und Kommune gefördert werden. Das Kölner Fanprojekt, das 1998 daraus neu entstanden ist, arbeitet nach den Grundlagen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Im Gegensatz zum Fanprojekt des 1. FC Köln sind hier ausgebildete Sozialarbeiter am Werk, die auch beim Bundesliga-Abstieg aus finanziellen Gründen nicht um ihren Job zittern müssen, erklärt Diplom-Sozialarbeiter Andreas Schmidt. "Es gibt jetzt eine Bestandsgarantie. Früher waren wir so knapp, da mussten wir mit Hilfe des Oberbürgermeisters in Köln den FC um Geld bitten."
Durch die garantierte Finanzierung sind Fanprojekte nicht mehr unmittelbar vom Erfolg des jeweiligen Vereins abhängig. "Es gibt immer mehr Fanprojekte und ich denke, es werden auch weiterhin Fanprojekte dazukommen", glaubt Schmidt. Deutschland ist in diesem Punkt auch international Vorreiter. "Für die Europameisterschaft in Polen haben wir ein Partner-Fanprojekt." Die polnischen Kollegen kommen zum Gastbesuch vorbei und gucken sich an, wie in Köln gearbeitet wird. Allerdings hat der polnische Fußball ein viel größeres Gewaltproblem im Fußball als der deutsche. "Ich weiß aber nicht, wie die Polen ihre Gewaltproblematik in den Griff kriegen", sagt Schmidt. "Aber sie versuchen es auf jeden Fall und das ist der richtige Weg."
Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann