Bild, BamS und Doris
17. April 2013Die Erleichterung war ihr anzusehen, lächelnd stand Doris Schröder-Köpf am Dienstag (16.04.2013)neben dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Drei Monate nach der Wahl in Niedersachsen erhielt die Ehefrau von Altkanzler Gerhard Schröder ihr erstes richtiges politisches Amt. Sie wurde zur niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe ernannt. In Zukunft wird sie sich damit um das Thema Integration kümmern. Das Amt ist ehrenamtlich, die 49-Jährige bekommt für ihre Aufgaben aber ein eigenes Büro in der Staatskanzlei. "Sie ist bekanntlich eine Frau, deren Wort Gewicht hat", sagte der Ministerpräsident von Niedersachsen Stephan Weil über seinen Neuzugang. Sie sei unabhängig und habe von der Landesregierung keinerlei Weisungen entgegenzunehmen. Sie solle sich als "Anwältin der Migranten" engagieren, so Weil über die ehemalige Kanzlergattin. Endlich geht es für Schröder-Köpf damit nicht mehr nur um ihren bekannten Namen und ihren Promi-Bonus, sondern auch um Sachpolitik. Ihren bekannten Namen wird sie in ihrem Amt aber dennoch brauchen, denn Macht hat sie kaum und nur wenig Geld.
Zum Regieren brauchte Gerhard Schröder nach eigenem Bekennen "Bild, BamS und Glotze": die größte deutsche Boulevardzeitung, deren Sonntagsausgabe und seinen Fernseher. Weit oben auf der Prioritätenliste des deutschen Ex-Bundeskanzler soll aber auch der Rat von Ehefrau Doris gestanden haben, die beide Legislaturperioden entscheidend mitprägte. Heißt es.
Doris, die Kanzlerflüsterin
Journalisten, die dies noch zu Amtszeiten Schröders öffentlich behaupteten, bekamen jedoch Ärger: Im Jahr 2005 schrieb der "Stern" darüber, dass angeblich Doris ihren Mann zu einem Misstrauensvotum ermutigt hätte, welches zur Auflösung des Bundestages führte und die politische Karriere von Schröder schließlich beendete. Das Blatt wurde zu einer Gegendarstellung verurteilt.
In ausländischen Medien wurde der starke Einfluss der Kanzlergattin auf Schröders Politik schon früh wahrgenommen und offen thematisiert: "Germans turn against Doris the whisperer", die Deutschen wehrten sich gegen "Kanzlerflüsterin" Doris, titelte die "Sunday Times" 2003. Tatsächlich stand es um die Sympathiewerte der damaligen Kanzlergattin nicht immer gut.
Drei Charaktereigenschaften lassen sich aus der Biografie der gebürtigen Bayerin herauslesen: Durchsetzungskraft, Pragmatismus und politische Begeisterung. Ganz andere Attribute zogen sich allerdings noch konsequenter durch die Berichterstattung männlicher wie weiblicher Reporter: zierlich, blond und sündigerweise interessiert an älteren Machtmännern, genaugenommen: an einem. Am mächtigsten.Von Augsburg über Bonn nach New York
Der privaten Partnerwahl von Doris Schröder-Köpf ging jedoch eine durchweg politische Karriere als Journalistin voraus: Nach dem Abitur an einem katholischen Mädcheninternat in Bayern volontiert sie zunächst bei der "Augsburger Allgemeinen Zeitung", arbeitet dann als Redakteurin in der Lokal- und Landesredaktion, bevor sie Ende der Achtzigerjahre als Parlamentskorrespondentin der "Bild"-Zeitung nach Bonn wechselt - als jüngstes Mitglied der Bundespressekonferenz. Gerhard Schröder sieht sie nun regelmäßig - doch, so heißt es in frühen Presseberichten: Er fällt ihr schlicht nicht weiter auf. Sie habe "den Kopf nicht freigehabt für ihn", soll sie über diese Jahre gesagt haben.
Mit ihrem damaligen Freund, dem ARD-Korrespondenten Sven Kuntze, zieht sie schließlich nach New York. Als die Beziehung zerbricht, geht es für Doris und die gemeinsame Tochter des Paares Klara zurück nach Deutschland, nach Bayern. Beim Nachrichtenmagazin "Focus" findet Doris Köpf eine neue Stelle im Ressort Innenpolitik, zieht ihre Tochter die ersten fünf Jahre als alleinerziehende Mutter groß - und hat schließlich Kopf und Herz frei für einen neuen Mann.Rückzug ins Private
Im Jahr 1997 heiratet Doris Köpf den knapp zwanzig Jahre älteren niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, der ein Jahr später zum Bundeskanzler gewählt werden wird. Sie zieht von München nach Hannover, bleibt aber berufstätig: Als freie Mitarbeiterin eines privaten Radiosenders betreut sie Servicethemen.
Noch in seiner ersten Amtsperiode (bis 2002) gilt sie ihm als wichtige Beraterin. Daneben widmet sie sich sozialen Projekten, etwa in der Suchthilfe, im Behindertensport und als Schirmherrin der "Nummer gegen Kummer", einem Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche, später dann auch für das Kinderhilfswerk UNICEF. Nebenbei gibt Schröder-Köpf eine Drogerieartikelserie für Hunde heraus und schreibt ein Kinderbuch.
In den Folgejahren adoptiert die Familie ein russisches Waisenmädchen. Immer mehr betonen beide Eheleute gegen Ende der zweiten Legislaturperiode ihr Familienleben: Am Tag der vorgezogenen Neuwahlen, dem 15. September 2005 sagt Gerhard Schröder den Satz, es gehe für ihn gerade "um Sieg oder Victoria", seine kleine Adoptivtochter - ein Richtungswechsel in der Rhetorik des bislang so ehrgeizigen Staatsmannes, der ebenfalls seiner Frau zugeschrieben wurde.Erst nach Schröders zweiter Amtszeit wird es ruhiger um das Ehepaar. Zuletzt steht das Familienleben der Schröders erst wieder in der Öffentlichkeit, als sie erneut eine russische Waise aufnehmen, diesmal einen Sohn. Im Frühjahr 2013 kehrt Schröder-Köpf dann auf die politische Bühne zurück: als Landtagskandidatin in ihrer neuen Heimat Hannover. Die Direktwahl verfehlt sie, doch zieht sie über die Landesliste in den niedersächsischen Landtag ein.
Sicher ist: Hinter dem früheren deutschen Kanzler stand zu jedem Zeitpunkt eine meinungsstarke Frau - so meinungsstark, dass Alice Schwarzer, die deutsche Vorzeigefeministin, lange nicht wusste, ob sie die Sozialdemokratin Köpf wegen deren konservativen Familienbildes auf die "Schwarze Liste" des Frauenblattes "Emma" setzen sollte - oder nicht doch lieber auf die Payroll, als neue Mitarbeiterin.