1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kalte Enteignung für Sparer?

5. Juni 2014

Noch eine Leitzinssenkung und ein neuer Strafzins für Banken - mit diesen Maßnahmen wollen Europas Notenbanker der Konjunktur weiter auf die Sprünge helfen. Kritiker fürchten Einbußen auch für die "kleinen Sparer".

Die nächtliche Skyline des Bankenviertels in Frankfurt am Main (Foto: dpa)
Bild: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird an diesem Donnerstag aller Wahrscheinlichkeit nach ein ganzes Maßnahmenbündel im Abwehrkampf gegen eine drohende Deflation beschließen. Es wird erwartet, dass EZB-Chef Mario Draghi den Leitzins - derzeit schon bei einem Rekordtief von 0,25 Prozent - weiter senken wird. Beobachter gehen zudem davon aus, dass die Notenbanker erstmals einen Strafzins für Banken einführen, die Geld lieber bei der Zentralbank parken als es an mittelständische Unternehmen zu verleihen.

Zudem werden sie mit einer milliardenschweren Geldspritze versuchen, die Kreditvergabe anzukurbeln. Mit dem historischen Griff in die Trickkiste der Geldpolitik soll erreicht werden, dass Konjunktur und Preise wieder anziehen, damit es nicht zu einer ruinösen Abwärtsspirale fallender Preise, sinkender Löhne und nachlassender Investitionen kommt.

Industrie und Banken sehen eine weitere Zinssenkung jedoch kritisch. Sie warnen vor negativen Folgen wie Preisblasen. So beklagte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon, die Sparer würden praktisch enteignet. "Gerade die Menschen in Deutschland legen ihr Geld traditionell sicher an und leiden daher besonders unter den Niedrigzinsen", so Fahrenschon. Allein den deutschen Sparern entgingen jedes Jahr Milliarden Euro an Zinseinnahmen. Kritisiert wird zudem, dass insbesondere die Masse der Kleinsparer von den Niedrigzinsen betroffen sei, weil sie das Geld auf Girokonten und Sparbüchern einzahle.

Auch der Leiter der Bankenaufsicht bei der Finanzaufsicht (BaFin), Raimund Röseler, ist skeptisch gestimmt: "In Zeiten niedriger Zinsen wird es zunehmend schwieriger, angemessene Erträge zu erwirtschaften", sagte Röseler dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Das gelte vor allem für Banken, die klassisches Kredit- und Einlagengeschäft betreiben. "Diese Ertragsschwäche kann letztlich auch die Kapitalausstattung beeinträchtigen und die Banken dazu verleiten, in riskantere Geschäftsfelder zu investieren."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, verteidigte dagegen die Strategie der obersten Währungshüter: "Höhere Zinsen würden die noch immer niedrige Wirtschaftsleistung weiter schwächen und noch mehr Menschen ihre Beschäftigung kosten." Sparer müssten eben noch mehrere Jahre mit niedrigen Zinsen leben...

sti/SC (dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen