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Drahtzieher Tschad

Stefanie Duckstein13. Februar 2014

Der blutige Konflikt droht die Zentralafrikanische Republik zu zerreißen. Die Afrikanische Union hat Truppen geschickt, auch die EU will Soldaten entsenden. Militärisch und politisch aber zieht ein Nachbarland die Fäden.

Tschadische Truppen in Bangui 16.01.2014
Bild: Eric Feferberg/AFP/Getty Images

Der Tschad, nördlicher Nachbar der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), ist ein militärisches Schwergewicht in der Region. Das Land unter Präsident Idriss Déby ist in der aktuellen Krise der Zentralafrikanischen Republik treibende Kraft bei maßgeblichen Entscheidungen. Zum Beispiel in der Präsidentenfrage: Auf Einladung des Tschad war Übergangspräsident Michel Djotodia im Januar 2014 zu einem Gipfeltreffen der Wirtschaftsgemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten (CEEAC) in die tschadische Hauptstadt N'Djamena gekommen - und schließlich auf Drängen Débys zurückgetreten.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Tschad über Aufstieg und Fall zentralafrikanischer Präsidenten entscheidet. "Déby hat die Zentralafrikanische Republik immer als Hinterhof des Tschad betrachtet", sagt Helga Dickow, Expertin für das zentrale Afrika am Arnold-Bergstresser-Institut in Freiburg. Schon in den 1990er Jahren sei Ex-Präsident Ange-Félix Patassé mit tschadischer Unterstützung an die Macht gelangt. "Und auch Djotodias Vorgänger Bozizé war im Grunde genommen nur Diktator oder Regierungschef von Débys Gnaden", so Dickow.

Immer mehr Militär

Händedruck mit fatalen Folgen: Übergangspräsident Djotodia (l) und Tschads Präsident DébyBild: Brahim Adji/AFP/Getty Images

Auch ist der Tschad im Nachbarland ZAR militärisch sehr präsent. Ein Großteil der 5500 Mann starken Militärmission der Afrikanischen Union MISCA wird vom Tschad gestellt. Im Dezember 2013 wurde die Eingreiftruppe mit der Befriedung des Landes beauftragt. Zusätzlich zur MISCA sind noch etwa 1600 französische Soldaten im Land.

Die Allianz tschadischer und französischer Militärs ist nicht neu. Bereits in Mali hatte sich der Tschad als ein erfahrener und wichtiger Verbündeter der französischen Interventionstruppen ins Spiel gebracht. Seit dem gemeinsamen Mali-Einsatz hat sich auch Frankreich nach einer vorübergehenden Distanz "auf die Seite von Déby geschlagen", sagt Afrika-Expertin Dickow. "Frankreich stützt nun im Grunde den Diktator, der vorher nicht hoffähig war. Er ist jetzt wieder in den Kreis der internationalen Politik zurückgekehrt."

Doch werden in der Zentralafrikanischen Republik die ausländischen Militärs von der Bevölkerung eher misstrauisch wahrgenommen. Dem Tschad werde von vielen Seiten unterstellt, "einige der Séléka-Rebellen unterstützt, wenn nicht sogar ausgebildet zu haben", erklärt die Tschad-Expertin. Die muslimischen Séléka-Rebellen hatten erst kürzlich Christen in Bossembélé und Boali angegriffen. "Die tschadischen Truppen in der Zentralafrikanischen Republik haben inzwischen eine unkontrollierbare Größe angenommen", sagt der tschadische Oppositionspolitiker und ehemalige UN-Botschafter Acheikh Ibn-Oumar. "Durch die gemeinsame Grenze von fast tausend Kilometern sickern tschadische Truppen durch - mit der Begründung, die Grenze kontrollieren zu wollen."

In vielerlei Hinsicht verwoben: der Tschad und die Zentralafrikanische Republik

Auch Brice Kevin Kapayen, Menschenrechtsaktivist und Mitglied des zentralafrikanischen Übergangsparlaments bestätigt: Anhänger der Séléka seien in die Zentralafrikanische Republik eingedrungen. "Und sie sind bewaffnet. Die Frage ist also: Wer hat sie bewaffnet?" Der Sprecher der tschadischen Regierung habe das abgestritten, so Kapayen weiter. "Aber er ist nicht vor Ort. Er ist nicht in Bangui um zu sehen, was hier passiert. Wir hingegen haben Beweise für alles, was wir sagen."

Der Tschad ist momentan nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Bei Verhandlungen habe sich der Tschad gegen eine Entsendung einer Blauhelmmission in die Zentralafrikanische Republik ausgesprochen. "Die wollen das innerafrikanisch lösen", sagt Helga Dickow vom Arnold-Bergstresser-Institut.

Strategiespiel

Seit 23 Jahren an der Macht: Tschads Präsident DébyBild: picture-alliance/dpa

Der Tschad habe sich dank seiner Öleinnahmen eine militärische Stärke erarbeitet, so Dickow, die das Land als stabil und mächtig erscheinen ließe. Doch die Stabilität und Sicherheit trügen. "Präsident Déby versucht, die südlichen Grenzen zu sichern." Er wolle sich militärisch unangreifbar machen. Wie bereits im Darfur-Konflikt, so Dickow, als aus dem Sudan kommende Rebellen seine Herrschaft bedrohten. "Die andere Krisenregion, in der sich Rebellen sammeln konnten, die sich gegen N'Djamena hätten erheben können, ist die Grenzregion zur ZAR im Süden des Tschad."

Diese Grenze ist noch aus einem weiteren Grund interessant für Déby, so Dickow: Im südlichen Tschad und im Norden der Zentralafrikanischen Republik liegen Ölquellen. "Jede Unruhe in dieser Grenzregion würde auch die Ölförderung im Tschad gefährden."

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