Draxler auf dem Weg zum Star
10. Juni 2016Als Julian Draxler vor zwölf Jahren bei der Europameisterschaft in Portugal an der Hand von Michael Ballack ins Stadion einlief, hätte er wohl nicht gedacht, selbst eines Tages als Nationalspieler bei einem großen Turnier teilzunehmen. Damals spielte Draxler in der Jugend des FC Schalke 04. Von dort schaffte er den Sprung ins Profiteam und wurde Nationalspieler. Eine steile Karriere, die vor zwei Jahren mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Im vergangenen Jahr geriet Draxler auf seinem Weg ein wenig ins Stolpern. Nach dem Wechsel zum VfL Wolfsburg suchte er lange Zeit seine Form, fand aber nie richtig zu seiner Stärke. Doch er kämpfte sich aber mit harter Arbeit zurück.
Der Nationalspieler spielte eine starke Bundesliga-Rückrunde und zeigte auch in der Champions League gute Leistungen. Kurz vor der Europameisterschaft musste er aber einen weiteren Rückschlag verkraften - Muskelbündelriss, sechs bis acht Wochen Pause. "Ich war geschockt, als ich die Diagnose bekam. Natürlich habe ich mich da erst einmal schütteln müssen", erinnert sich Draxler. Doch er kämpfte. Tag und Nacht habe er an seinem Comeback und seinem Traum von der EM-Teilnahme gearbeitet. "Ich wollte mich in der Vorbereitung in guter Verfassung präsentieren und ich glaube, das ist mir auch gelungen. Deswegen bin ich jetzt zu Recht hier."
"Ich bin Fan von Mesuts Spiel"
In Mannschaftsquartier der DFB-Elf gibt sich der 22-Jährige extrem selbstbewusst. Wer ihn beim Training mit der Nationalmannschaft beobachtet, wird schnell merken, wie viel Spaß er hat und welches Potential in ihm steckt. Zusammen mit Mesut Özil trickst und lacht er, wann immer es geht. "Ich bin ein Riesenfan von Mesuts Spiel. Ich bin begeistert von seinen technischen Fähigkeiten, von seiner Übersicht auf dem Platz, und bin sehr stolz, dass ich an seiner Seite die Möglichkeit habe zu spielen", lobt Draxler den Star vom FC Arsenal.
Im Training und den Vorbereitungsspielen scheint der Ex-Schalker Bundestrainer Joachim Löw überzeugt zu haben. Gegen die Slowakei und auch gegen Ungarn stand Draxler jeweils in der Startelf. Mit Spielwitz, Übersicht und guten Torabschlüssen begeistert er auch Welttorhüter Manuel Neuer. "Julian sehe ich sehr stark. Er hat in den letzten Spielen gute Leistungen gezeigt und er präsentiert sich im Training auch sehr gut." Neuer kennt Draxler gut, beide sind beim FC Schalke groß geworden.
Defensiv noch nicht optimal
Ob der Offensiv-Allrounder auch beim ersten Spiel der Löw-Elf am Sonntag gegen die Ukraine (ab 20:45 MESZ im DW-Liveticker) in der Startformationen stehen wird, wollte Co-Trainer Thomas Schneider auf der Pressekonferenz am Freitag nicht verraten. Generell würde Draxler überall spielen, sagt er. Seine stärkste Position ist aber der linke Flügel. Dort hat er in beiden Tests vor der EM zusammen mit Jonas Hector gut harmoniert.
"Jonas und ich haben das sehr gut gemacht. Wir haben aber noch nicht auf Top-Niveau gespielt. Das wird zum Start am Sonntag aber hoffentlich anders sein", sagt Draxler und gibt zu: "Die ganze Mannschaft hatte in der Defensive noch nicht ihr Optimum abgerufen, aber ich mache mir keine Sorgen, dass wir das zum Turnierstart hinbekommen." Draxler ist auf dem Weg, sein Image des "ewigen Talents" endlich abzulegen. Bestätigt er seine gute Form der vergangenen Wochen auch in den EM-Spielen, könnte er einer der Stars des Turnieres in Frankreich werden.