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PolitikNahost

Drei Geiseln aus dem Gazastreifen an Rotes Kreuz übergeben

Veröffentlicht 19. Januar 2025Zuletzt aktualisiert 19. Januar 2025

Der Austausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Gefangene in Israel hat begonnen. Seit dem Morgen ist im Gazastreifen eine Waffenruhe in Kraft - mit etwas Verzögerung.

Blick auf eine Menschenmenge um ein Rotes Kreuz Fahrzeug
Hamas übergibt Geiseln an Rotes Kreuz bei GefangenenaustauschBild: Dawoud Abu Alkas/REUTERS

Die ersten 3 von 33 Geiseln der Hamas im Gazastreifen sind an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz übergeben worden und inzwischen in der Obhut des israelischen Militärs. Es handelt sich bei ihnen um die Zivilistinnen Romi Gonen (24), Emily Damari (28) und Doron Steinbrecher (31). Die Frauen würden nun von einer Spezialeinheit auf israelisches Gebiet begleitet, teilte das Militär mit. Dort sollten sie von ihren Müttern in Empfang genommen und ärztlich untersucht werden. Geplant ist nun, dass in Israel die ersten rund 90 palästinensischen Häftlinge freigelassen und von Sicherheitskräften entweder ins besetzte Westjordanland oder in den Gazastreifen gebracht werden.

Der Beginn der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Krieg hatte sich um knapp drei Stunden verzögert. Hintergrund waren nach israelischen Angaben fehlende Namen für den für diesen Sonntag geplanten Gefangenenaustausch. Als die Liste dann eingetroffen war, trat der Waffenstillstand in Kraft.

Erleichterung im Gazastreifen

Die Menschen im Gazastreifen bejubelten die Waffenruhe. Der 43-jährige Ali Nassar aus Rafah sagte der DW: "Als der Waffenstillstand verkündet wurde, empfand ich große Freude - es bedeutete ein Ende des Blutvergießens und die Rettung des Lebens von Kindern. Als ich jedoch nach Rafah zurückkehrte und die Gegend sah, in der ich früher gelebt hatte, überkam mich große Traurigkeit. Es sah aus, als hätte es ein Erdbeben gegeben. Der Anblick war wirklich entsetzlich."

Die Binnengeflüchtete Malak Hussein hofft auf eine Rückkehr nach HauseBild: Mohammed al Madhoun/DW

Die Sorge, ob die Waffenruhe Bestand hat, bleibt bei den Menschen. Malak Hussain, eine 21-Jährige aus dem Flüchtlingslager Nuseirat sagte der DW: "So Gott will, wird der Waffenstillstand halten, und wir werden nicht in den Krieg zurückkehren. Wir hoffen, dass dieses Gefühl von Dauer ist, und ich bete, dass es anhält. Möge der Krieg niemals zurückkehren."

Geplanter Austausch der Geiseln mit palästinensischen Gefangenen 

Gemäß der Vereinbarung, die in dieser Woche in Katar ausgehandelt wurde, gilt im Gazastreifen nach mehr als 15 Monaten Krieg zunächst eine sechswöchige Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Israels Ministerpräsident Netanjahu betonte am Vorabend den zeitlich begrenzten Charakter der Feuerpause. Während der Waffenruhe sollen 33 der 98 im Gazastreifen verbliebenen Geiseln gegen 1904 inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden. Unter den Geiseln sind auch Israelis, die zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. In Israel wird davon ausgegangen, dass 34 der Entführten vermutlich bereits tot sind.

Israels Polizeiminister tritt zurück

Aus Protest gegen die Waffenruhe-Vereinbarung mit der islamistischen Hamas hat Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir seinen Rücktritt erklärt. Damit verlässt auch seine Partei Otzma Jehudit, die über sechs von 120 Sitzen in der Knesset verfügt, die Regierungskoalition, wie mehrere israelische Medien berichten. Die rechtsreligiöse Regierung von Benjamin Netanjahu verliert damit aber nicht ihre Mehrheit im Parlament. Sie verfügt weiterhin über eine knappe Mehrheit von 62 der 120 Sitze in der Knesset.

Hilfslieferungen stehen bereit - hier am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem GazastreifenBild: Amr Nabil/AP Photo/picture alliance

Erste humanitäre Hilfe kommt an

Die erste Phase des Abkommens sieht auch eine schnelle Verbesserung der Versorgung mit Lebensmitteln für die mehr als zwei Millionen Bewohner des weitgehend zerstörten Gazastreifens vor, von denen nach UN-Angaben 90 Prozent unter Hunger leiden. Zudem muss sich die israelische Armee aus Bevölkerungszentren des Gazastreifens zurückziehen.

Nach Angaben örtlicher Sicherheitskräfte sind nach Inkrafttreten der Waffenruhe im Gazastreifen erste Hilfslieferungen eingetroffen. Außerdem teilte das UN-Welternährungsprogramm WFP mit, Hilfe sei sowohl über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden als auch über Zikim im Norden in den Gazastreifen gebracht worden. 

Das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA hat nach eigenen Angaben 4000 Lastwagenlieferungen an Hilfsgütern für den Gazastreifen vorbereitet. Das teilte die Organisation mit. Die Hälfte davon seien mit Lebensmitteln und Mehl beladen.

Die Unterstützung der Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen mit lebenswichtigen Gütern gestaltete sich zuletzt schwierig. Neben Sicherheitsbedenken Israels und aufwendigen Überprüfungen der Ladung waren vor allem Plünderungen durch Bewaffnete im Gazastreifen ein großes Problem.

Israels Premier warnt vor einem Scheitern

Netanjahu bekräftigte, Israel werde bei einem Scheitern des Abkommens die Kämpfe wiederaufnehmen und alle Kriegsziele durchsetzen, darunter die Zerschlagung der Hamas. Zudem werde Israels Truppenkontingent am sogenannten Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zu Ägypten nicht verkleinert, sondern vergrößert. Einzelheiten der zweiten und dritten Phase des Abkommens über ein dauerhaftes Ende des Krieges und einen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen sollen in Verhandlungen geklärt werden, die am 16. Tag der Waffenruhe beginnen sollen. 

Von den zwei Millionen Menschen im Gazastreifen leiden die allermeisten HungerBild: Hatem Khaled/REUTERS

Sollten die Verhandlungen der zweiten Phase ergebnislos bleiben, würden US-Präsident Joe Biden wie auch dessen designierter Nachfolger Donald Trump Israels Recht unterstützen, die Kämpfe im Gazastreifen wieder aufzunehmen, sagte Netanjahu. "Wenn wir zum Kampf zurückkehren müssen, werden wir dies auf neue Arten und mit großer Macht tun", sagte er, ohne Details zu nennen.

Warnung aus Israel

Vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe warnte Israels Armee die Bewohner des Gazastreifens, sich Gebieten zu nähern, in denen das Militär zunächst weiter stationiert sein wird. Dazu gehören das Gebiet am Netzarim-Korridor, der den Gazastreifen in zwei Hälften teilt, der Grenzübergang zu Ägypten in Rafah sowie der Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zu Ägypten im Süden Gazas.

Viele der aus dem Norden des abgeriegelten Küstenstreifens in den Süden vertriebenen Palästinenser planen eine Rückkehr. Dies soll laut dem Abkommen ab dem siebten Tag nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe möglich sein. Der seit Mai geschlossene Grenzübergang Rafah soll für die Einfuhr humanitärer Hilfe wieder geöffnet werden. Der Zeitpunkt hierfür ist allerdings offen.

Das Massaker vom 7. Oktober 2023

Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war das beispiellose Massaker der Hamas und zusammen mit anderen islamistischen Kämpfern, bei dem am 7. Oktober 2023 rund 1200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt wurden. Die Europäische Union, ebenso wie die USA, Deutschland und weitere Länder stufen die Hamas als Terrororganisation ein. Israel reagierte mit Angriffen auf die Hamas, bei denen nach palästinensischer Darstellung mehr als 46.700 Menschen getötet und mehr als 110.200 weitere verletzt wurden. Die unabhängig nicht überprüfbaren, von den Vereinten Nationen aber als glaubhaft eingestuften Zahlen, unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

fab/haz/wa/AL/us/JW (dpa, afp, rtr)

Waffenruhe für Gaza stimmt Menschen hoffnungsvoll

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