Dreifaltig denken und leben
30. Mai 2015 Ein irischer Missionar der Frühzeit, der heilige Patrick, weiß sich nicht mehr zu helfen: wie soll er den keltischen Ungläubigen das Geheimnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit darlegen? Auf den endlosen Weiden der grünen Insel findet er die rettenden Idee: so wie die drei Blätter des Kleeblattes erst vereint ein richtiges Kleeblatt bilden, so ist es auch mit Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist, das ist der christliche Gott. Bis heute ist das Kleeblatt, der Shamrock, irisches Erkennungszeichen geblieben, bis in die Architektur ist es vorgedrungen in den christlichen romanischen Kirchen mit ihren kleeblattartigen Altarräumen.
Heute ist der Sonntag nach Pfingsten: Katholiken und Protestanten begehen ihn als Dreifaltigkeitssonntag. Ein hoher Festtag, für die evangelischen Christen so hoch, dass die kommenden Sonntage des Jahres nach diesem Fest gezählt werden. Und dennoch bleibt da ein großer Vorbehalt: Muss man davon sprechen? Macht das nicht alles nur unnötig kompliziert? Schon von Gott zu reden, ist doch schwierig genug, zumal die Bibel ja nicht ausdrücklich den Begriff Dreifaltigkeit so kennt. Die Theologen haben ihn entwickelt in den ersten christlichen Jahrhunderten und auf diese Weise das, wovon die Bibel spricht, auf den Punkt gebracht. Aber auch wer nicht Theologie betreibt, kommt um das bisweilen mühsame Nachdenken über den Glauben nicht umhin. Jesus spricht von Gott als seinem Vater und unserem Vater. Gegen Ende seines Lebens verheißt er seinen Jüngern den Heiligen Geist als Garanten seiner Gegenwart unter den Menschen.
Eins sein und zugleich offen auf den anderen hin
Daher: christlich von Gott reden und an ihn glauben heißt: Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist bekennen. Das ist in der religiösen Gemengelage unserer Zeit christliches Alleinstellungsmerkmal. Daran kann man uns erkennen, gehört die Nennung des dreifaltigen Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist doch zum Urbestand christlichen Betens und der Verkündigung, nicht zuletzt wenn wir in der katholischen Tradition das Kreuzzeichen machen.
Das, was man eigentlich in einer langen Geschichte erzählen müsste, in diesem Begriff wird es auf den Punkt gebracht: Dreifaltigkeit, ein Gott in drei Personen, wie die Theologie das ausdrückt.
Ein Gott, aber er ist keine einsame Eins: die großen Stars auf den hohen Siegerpodesten, die dort oben stehen, einzigartig, aber doch oftmals sehr allein und einsam. Viele missglückte Beziehungsgeschichten solcher einsamen Einsen geben da doch zu denken, großartig, da oben auf dem Podest, und doch so erschreckend einsam und beziehungsarm.
Ganz mit sich selbst eins zu sein und zugleich offen auf den anderen hin, das ist das Geheimnis des dreieinen Gottes: er ist ein Gott und zugleich ist er die Beziehung zwischen Vater und Sohn. Und der Heilige Geist ist das Band der Liebe zwischen beiden, der Kuss des Vaters auf die Stirn des Sohnes, wie es ein Kirchenlehrer einmal ausgedrückt hat.
Orientierung für das eigene Leben
Orientierung am dreieinen Gott, das könnte eine gute Lebensausrichtung sein: einerseits ganz bei sich selbst sein, mit sich eins sein, aber nicht als einsames Ego, sondern in Beziehung, auf ein Du ausgerichtet. Nur in dieser lebendigen Spannung, von Eins Sein mit sich und in Beziehung leben, kann menschliches Leben wirklich gelingen. Immer wieder eine schwierige Aufgabe. Von Dreifaltigkeit zu reden, spricht immer wieder dieses Grundproblem an und weist auf die Quelle, wo die Kraft sprudelt für ein solches Leben.
Ganz mit uns selbst eins zu sein und zugleich offen für die Menschen um uns, das wäre dreifaltig alltäglich gelebt. Das wäre eine Therapie gegen Selbstentfremdung und Beziehungslosigkeit und Vereinsamung als Nöte unserer heutigen Gesellschaft.
Rede vom dreieinen Gott – macht sie alles nur komplizierter? Vielleicht, aber Leben ist nun mal bisweilen kompliziert, ganz eins sein mit sich und zugleich offen auf den anderen hin, das ist nicht einfach, das will gelernt sein. An den dreieinen Gott glauben gibt hier die Richtung vor. In diese Richtung gehen wir, wenn wir als Christen Gott als den dreieinen Gott bekennen, als Vater, Sohn und Heiligem Geist, gesprochen im Zeichen des Kreuzes, das, woran man uns erkennt, damals und heute.
Zum Autor: Pater Hans Peters SVD gehört seit 1967 dem Orden der Steyler Missionare an, in dem er in vielen verschiedenen Funktionen gewirkt hat und bis heute wirkt, unter anderem in der Jugendarbeit, als Novizenmeister und im Rektorat des Missionshauses St. Michael in Steyl (Niederlande). Seit 2008 arbeitet der gefragte Seelsorger und Lebensberater als Wallfahrtsseelsorger in Goch am Niederrhein. Seit 1994 schreibt er regelmäßig für die christliche Familienzeitschrift „Stadt Gottes“.
Redaktionelle Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte, und Alfred Herrmann