1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Dreimal lebenslange Haft für Drogenbande in den Niederlanden

27. Februar 2024

In einem spektakulären Strafprozess gegen eine berüchtigte niederländische Drogenbande hat das Gericht die drei Hauptangeklagten zu lebenslanger Haft verurteilt.

Niederlande | Marengo Prozess
Ein schwer bewaffneter und maskierter Polizist vor dem abgeriegelten GerichtsgebäudeBild: Peter Dejong/AP Photo/picture alliance

Die Richter verhängten auch gegen den mutmaßlichen Bandenführer Ridouan Taghi die Höchststrafe für mehrere Auftragsmorde. Der aus Marokko stammende Taghi gilt als Chef eines der größten Kokainhändlerringe in den Niederlanden. Bis zu seiner Festnahme 2019 in Dubai galt der 46-Jährige als der meistgesuchte Verbrecher der Niederlande. Er soll sein Kartell auch vom Gefängnis aus weiter geleitet haben.

Die Strafen fallen etwas niedriger aus, als die Anklage gefordert hatte. Sie hatte insgesamt sechs Mal lebenslang verlangt. Die übrigen 14 Angeklagten wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Richter verkündeten die Urteile im Hochsicherheitsgericht von Amsterdam. Mehrere Angeklagte waren nicht erschienen, darunter auch Taghi.

Fast sechs Jahre Prozessdauer

Mit fast sechs Jahren war der sogenannte Marengo-Prozess der bisher umfangreichste und spektakulärste Mordprozess der Landesgeschichte. Er steht auch in direktem Zusammenhang mit der brutalen Ermordung des Kriminalreporters Peter R. de Vries 2021 – dazu soll das Urteil aber erst im Sommer verkündet werden.

In diesem Prozess waren 17 Mitglieder einer der berüchtigtsten Drogenbanden, der sogenannten Mocro-Mafia, angeklagt. Die Bezeichnung der Bande resultiert daraus, dass die Mitglieder weitgehend aus Marokko und von den Antillen stammen. Ihnen waren unter anderem sechs Auftragsmorde und vier Mordversuche von 2015 bis 2017 zur Last gelegt worden. Die Angeklagten hatten während des Prozesses vor allem geschwiegen. Es gilt als sicher, dass sie Berufung gegen die Urteile einlegen werden.

Für das Gerichtsverfahren galten außergewöhnlich scharfe Sicherheitsvorkehrungen. Auch die Identität des Richters, der das Urteil sprach, wurde aus Sicherheitsgründen nicht bekanntgegeben. Weitere Richter und Staatsanwälte baten darum, nicht identifiziert zu werden. Mindestens drei Personen, die in direktem Zusammenhang mit dem sechsjährigen Mega-Prozess stehen, wurden ermordet.

Bewaffnete Polizisten mit Gesichtsschutz

Schwer bewaffnete Polizisten errichteten am Dienstag einen Ring aus Stahl um das Gerichtsgebäude am Stadtrand von Amsterdam, das den Spitznamen "Der Bunker" trägt. Mit automatischen Gewehren bewaffnete Beamte, die zum Schutz ihrer Identität Gesichtsmasken trugen, bewachten das Gericht, während Drohnen und ein Polizeihubschrauber über ihnen kreisten.

Die Angeklagten werden in Polizeiautos zum Strafprozess in Amsterdam gefahren Bild: Peter Dejong/AP Photo/picture alliance

Im Zentrum der Anklage stand die Aussage eines Kronzeugen. Nabil B., früher ein Komplize Taghis, hatte 2017 im Tausch für Strafverminderung ausgepackt. Er wurde nun zu zehn Jahren Haft verurteilt. Seine Aussage aber führte zu einer beispiellosen Gewaltwelle des organisierten Verbrechens. Der Bruder des Kronzeugen, sein Anwalt und auch seine Vertrauensperson, der prominente Kriminal-Reporter Peter R. de Vries, wurden ermordet. Diese Morde waren Gegenstand von separaten Verfahren.

Taghi weist Tatvorwürfe zurück

Taghi hat alle Vorwürfe bestritten. Er habe gesagt, dass das Geld, das für einen "Scheinprozess ausgegeben wurde, eher für die Einstellung von mehr Lehrern und Polizisten sowie für die Gesundheitsversorgung hätte verwendet werden können", berichtete die Zeitung "Het Parool".     

Die Macht der Drogenmafia

28:31

This browser does not support the video element.

Taghis Anwältin Inez Weski wurde im April 2023 festgenommen, da die Staatsanwaltschaft sie beschuldigte, Nachrichten zwischen ihrem Mandanten und der Außenwelt ausgetauscht zu haben. Ihre Inhaftierung sorgte für Aufsehen unter niederländischen Juristen. Seit ihrer Freilassung wurde sie noch nicht angeklagt, obwohl sie weiterhin als Verdächtige gilt.

kle/jj (dpa, afp)