Drogenepidemie in Punjab
22. März 2013Manish Khular sitzt gemeinsam mit Freunden in einer ärmlichen Wohnung und raucht "Smack", eine gepantschte Form von Heroin. Manish ist 18 Jahre alt, die Schule hat er abgebrochen. Vorsichtig wickelt er die Droge in ein Stück Alufolie, erhitzt sie und raucht genüsslich. Dann lehnt er sich zurück und starrt mit weit aufgerissenen Augen an die Zimmerdecke. "Das hier ist für mich pures Glück. Seit zwei Jahren nehme ich jetzt schon Smack. Ich komme davon nicht mehr los", erzählt Khular, bevor er nach und nach abdriftet.
Ein hoffnungsloser Kampf?
Die hohe Zahl an Drogensüchtigen im Bundesstaat Punjab ist kein neues Phänomen, sondern ein seit langem bekanntes Problem. In den vergangenen Monaten allerdings hat sich die Situation zugespitzt: Besonders die Zahl der Jugendlichen, die der Droge verfallen und dadurch ihre Gesundheit ruinieren, nimmt stetig zu. Ein Grund dafür ist, dass Drogen –von Heroin und Opium über Schlafmittel oder Hustensaft bis hin zu Alkohol – leicht erhältlich sind.
Ende 2012 kam eine offizielle Studie der örtlichen Regierung zu dem Schluss, dass in bis zu 67 Prozent aller ländlichen Haushalte im Punjab mindestens ein Drogensüchtiger lebt. Und das ist noch nicht alles: Jede Woche stirbt in der Region mindestens ein Süchtiger infolge einer Überdosis. Der Studie zufolge sind außerdem die meisten Drogenabhängigen zwischen 16 und 35 Jahre alt.
Dringender Handlungsbedarf - jetzt
"Wenn wir jetzt nichts unternehmen, um das Problem zu bekämpfen, wird eine ganze Generation junger Menschen quasi ausgelöscht", klagt Dr. P.D. Garg, Psychiater an einem staatlichen Krankenhaus, gegenüber der Deutschen Welle. "Aber der politische Wille fehlt, und wir müssen dringend die öffentliche Wahrnehmung erhöhen." Garg behandelt jeden Tag mindestens 30 Patienten und beobachtet mit Sorge, dass immer von ihnen ein Drogenproblem haben. "Die Drogen zerstören ganze Familien. Es ist fast so, als sei Punjab im Klammergriff der Sucht gefangen."
Dr. Hardeep Sing, Berater an einer Privatklinik, weist noch auf ein weiteres Risiko hin: Er warnt vor einem Anstieg der HIV / Aids-Infektionen, sollte es nicht gelingen, das grassierende Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Auch Singh beobachtet steigende Patientenzahlen. "Das Ausmaß vor allem in den Dörfern an der pakistanischen Grenze ist bedenklich. Und viele Jugendliche, die eigentlich einmal die Betriebe ihrer Eltern weiterführen sollten, stecken nun stattdessen in diesem Teufelskreis."
Düstere Zukunftsaussichten
Am meisten Probleme in der Region bereitet das Heroin. Begünstigt durch die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan und dem Comeback von Opium hat sich ein weit verzweigtes grenzübergreifendes Schmuggelnetzwerk entwickelt. Darüber hinaus beobachten die örtlichen Behörden gezielte Versuche, Jugendliche zum Drogenkonsum zu verführen. Im vergangenen Jahr war den indischen Sicherheitsbehörden ein großer Fang gelungen: An der Grenze konnten 275 Kilogramm Drogen sichergestellt werden, die aus Pakistan eingeschmuggelt werden sollten.
"Die Drogenkartelle auf der anderen Seite der Grenze sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, um unauffällig Drogen einzuschleusen. Ihre Methoden werden immer besser, und wir müssen alles daran setzen, um ihnen einen Schritt voraus zu sein", sagt J.S. Prasad von der Grenzpolizei gegenüber der Deutschen Welle. Und fügt hinzu, dass die Dunkelziffer trotz allem sehr hoch sei. Die hohe Zahl der jugendlichen Drogenabhängigen im Punjab ist mittlerweile weit über den Bundesstaat hinaus als drängendes Problem erkannt. Sollte es den Behörden allerdings nicht gelingen, es einzudämmen, besteht die Gefahr, dass die Situation komplett außer Kontrolle gerät.