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Wohin steuert Mexiko?

Nicolas Martin6. März 2015

Mit der Festnahme von Omar Treviño ist den mexikanischen Behörden erneut ein ranghoher Drogenboss ins Netz gegangen. Neue Rivalitäten zwischen den Kartellen könnten die Folge sein.

Symbolbild Mexiko Drogenkrieg Grenze USA Reynosa
Bild: Julio Cesar Aguilar/AFP/GettyImages

"Capos" werden die Anführer der Kartelle in Mexiko genannt. Ohne einen Schuss haben das mexikanische Militär, die Marine und die Polizei in dieser Woche einen weiteren großen "Capo" geschnappt. Omar Treviño alias "Z-42" war der letzte gefestigte Anführer der "Zetas". Die Gruppe ist vor allem wegen ihrer brutalen Morde bekannt. Trevino selbst brüstete sich vor kurzem noch damit, für 1000 Morde verantwortlich zu sein. Umgerechnet 1,8 Millionen Euro waren auf Hinweise ausgesetzt, die zu seiner Verhaftung führen sollten.

Treviño ist bereits der zweite große Fang der mexikanischen Behörden innerhalb weniger Tage. Als ersten verhafteten die Sicherheitskräfte den Anführer der sogenannten Tempelritter, Servando Gómez Martínez, genannt "La Tuta". Für den Korruptionsforscher Edgardo Buscaglia von der Colombia-Universität in New York sind die Festnahmen kein Grund zum Aufatmen: "Die Kartelle funktionieren wie Unternehmen. Wenn da jemand aus dem Direktorium aussteigt, wird er ersetzt." Der Ökonom und Jurist Buscaglia untersucht die Kartell-Strukturen seit Jahren. Nach der Festnahme der Bosse geht er davon aus, dass die Kartelle zuerst in Splittergruppen auseinanderbrechen. "Diese werden aber dann nach und nach von den überlebenden Großkartellen absorbiert."

Günther Maihold erforscht im Rahmen eines Alexander von Humboldt-Lehrstuhls in Mexiko-Stadt die organisierte Kriminalität. Für ihn geht der Trend klar in Richtung einer weiteren Fragmentierung der organisierten Kriminalität: "Vor zehn Jahren gab es sieben Großkartelle, heute können wir davon ausgehen, dass es ungefähr 14 kleine und mittlere Organisationen gibt."

Omar Treviño bei seiner Verhaftung im Norden des LandesBild: Reuters/E. Garrido

Ungewollter Frieden?

"Das Land ist in einer Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise", sagte der mexikanische Präsident diese Woche bei einem Besuch in England. Korruptionsforscher Buscaglia glaubt, dass das politische Interesse sehr gering ist, diese Vertrauenskrise an ihren Wurzeln zu bekämpfen. "Politik, lokale Eliten und die Kartelle sind alle miteinander verwoben."

Der Politikwissenschaftler Maihold stimmt dieser Behauptung nicht zu. "Der Schaden, der durch die organisierte Kriminalität entsteht, ist für die Gesellschaft und das Ansehen im Ausland sehr hoch." Zudem sei der Druck auf die mexikanische Regierung im Ausland - vor allem den USA - immens. Die Gefangennahme der beiden Bosse sei deshalb schon ein Erfolg. "Der Anführer der Tempelritter hat zuletzt mehr und mehr die Kontrolle im Bundesstaat Michoacán übernommen und den Staat sozusagen ersetzt und so herausgefordert, deshalb hat die Festnahme für die Bevölkerung einen starken Symbolwert", so Maihold.

Lösungsoptionen

Das Drogengeschäft ist mittlerweile nur noch einer von mehreren lukrativen Geschäftszweigen der Kartelle. Menschen- und Waffenschmuggel, Entführungen, Produktpiraterie - Buscaglia kommt auf insgesamt 21 illegale Aktivitäten. Das schmutzige Geld wird dann in legalen Unternehmen gewaschen. So entstehen die Kartell-Imperien. Vor einem Jahr haben mexikanische Behörden den Anführer des Sinaloa-Kartells, Joaquín Guzmán alias "El Chapo" geschnappt. Guzmáns Vermögen wurde auf eine Milliarde Dollar geschätzt. Mehrere mexikanische Medien stellten vor kurzem die Frage: "Wo ist das Geld?"

Bisher haben die mexikanischen Behörden lediglich etliche Luxusautos und fast fünfzig Häuser Guzmáns in Beschlag genommen. Der Großteil seiner über 280 Unternehmen in insgesamt elf Ländern sei aber bis heute intakt, sagt Buscaglia. "Die Familienangehörigen von Guzman zahlen sogar Steuern auf die Gewinne einiger dieser Firmen. Wenn der Staat konsequent sein will, muss er sich auf diese Strukturen konzentrieren und nicht bei den Festnahmen aufhören." Hierfür fehle aber einfach der politische Wille.

Günther Maihold glaubt, dass die Mexikaner noch lange unter der organisierten Kriminalität leiden werden. "Die Kartelle können gar nicht verschwinden, so lange eine Nachfrage nach ihren kriminellen Dienstleistungen besteht." Wichtig sei es ein Modell zu entwickeln, indem die Kartelle auf Gewalt und politische Einflussnahme verzichteten. "Kolumbien ist ein gutes Beispiel." Hier hat der Staat die großen Kartelle zerschlagen. Heute koordinieren etliche kleinere Organisationen das Geschäft. "Diese Babykartelle haben sich im Gegensatz zu den großen klar davon distanziert, Einfluss auf die Politik zu nehmen und Gewalt anzuwenden." Seit Beginn des Drogenkrieges sind in Mexiko mehr als 60.000 Menschen gestorben. "Wir sehen, dass die Gewalt seit dem Höhepunkt 2011 etwas rückläufig ist", so Maihold. Von einem kolumbianischen Szenario sei man aber noch weit entfernt.

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