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Politik

Abzug deutscher Soldaten aus der Türkei?

19. Mai 2017

Wenn sich keine Lösung mit der Türkei findet, könnte Deutschland alle seine Soldaten aus dem Land abziehen. Das machte Außenminister Gabriel nun klar. Damit wird der deutsch-türkische Streit auch für die NATO brisant.

Türkei Von der Leyen in Incirlik
Bild: picture alliance/dpa/Bundeswehr/J. Ohk

In der Auseinandersetzung mit der türkischen Regierung gehe es nicht nur um die in Incirlik stationierten Soldaten, erklärte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bei seinem Besuch in Washington. Vielmehr ließ der SPD-Politiker vernehmen, dass auch der Einsatz im türkischen Konya auf dem Spiel stünde. "Ich glaube jedenfalls, dass beide Dinge schwer voneinander zu trennen sind", sagte Gabriel nach Gesprächen mit der US-Regierung.

In Konya sind mehrere NATO-Truppen stationiert. Mit "Awacs"-Aufklärungsfliegern beteiligen sie sich am internationalen Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS). Ein Drittel der Soldaten wurde von der Bundeswehr entsendet. Bei ihrem Abzug wäre demnach der Einsatz insgesamt gefährdet.

Die USA als Mittler?

Gabriel betonte, der Konflikt mit der Türkei sei "weit mehr als ein bilaterales Problem". Bei seinem Besuch in Washington warb er daher auch um die Unterstützung der USA. Nachdem der deutsche Außenminister sich mit seinem Amtskollegen Rex Tillerson und dem Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, Herbert Raymond McMaster, getroffen hatte, gab er sich optimistisch: "Natürlich werden auch die Vereinigten Staaten ihre Möglichkeiten nutzen, der Türkei klar zu machen, dass es einen fairen und normalen Zugang deutscher Parlamentarier zur Bundeswehr geben muss." Den US-Amerikanern sei klar, welche schwerwiegenden Konsequenzen es für den Kampf gegen den IS hätte, wenn die deutsche Bundeswehr dort abgezogen werden müsste.

Von seinem Amtskollegen Rex Tillerson (rechts) erhofft sich Außenminister Sigmar Gabriel RückendeckungBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Gabriel betrachtet daher den NATO-Gipfel in der nächsten Woche als "große Möglichkeit", das Problem mit Ankara zu lösen. Gleichzeitig betonte er die Entschlossenheit der Bundesregierung für den Fall, dass die türkische Regierung nicht einlenkt: "Das, was wir derzeit aus der Türkei hören, hat einfach die Grenze dessen erreicht, was wir ertragen können."

"Absolut inakzeptabel"

Linke und Grüne konnten sich derweil im Bundestag nicht mit ihrer Forderung nach einem sofortigen Abzug deutscher Truppen aus Incirlik durchsetzen. Ein entsprechender Antrag der beiden Oppositionsfraktionen bekam im Parlament keine Mehrheit, sondern wurde mit den Stimmen von Union und SPD an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin Claudia Roth beklagte, es sei "absolut inakzeptabel", dass die Türkei erneut einen Besuch deutscher Parlamentarier bei den Bundeswehrsoldaten in Incirlik verhindert habe. Ein Abzug sei überfällig. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch mahnte: "Wir können doch nicht akzeptieren, was hier passiert."

Die türkische Regierung hatte zuletzt Abgeordneten des Bundestages einen Besuch des Luftwaffenstützpunkts Incirlik verweigert. Dort sind 260 deutsche Soldaten stationiert. Ankara begründete die Absage damit, dass Deutschland zuvor türkischen Soldaten politisches Asyl gewährt habe. Die türkische Regierung wirft den Soldaten vor, in den Putschversuch vom Juli 2016 involviert gewesen zu sein.

"Schwächung der NATO"

Widerspruch gegen einen Abzug deutscher Soldaten kam aus der CDU. Deren außenpolitischer Sprecher, Jürgen Hardt, betonte, Gabriels Gedankenspiele seien kurzsichtig und gefährlich. "Es wäre ein fatales Signal, wenn das trotzige Verhalten von Präsident Erdogan gegenüber Deutschland auch noch zu einer Schwächung der NATO führen würde."

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält den Streit generell für ein rein deutsch-türkisches Problem. "Dieser Disput ist eine bilaterale Angelegenheit zwischen der Türkei und Deutschland", sagte er am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens. Eine Vermittlerrolle des Verteidigungsbündnisses sieht er daher nicht.

nin/ww (dpa, afp)

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