Droht eine russische Groß-Offensive auf Sumy?
28. Mai 2025
Russland hat nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj 50.000 Soldaten für eine neue Offensive zusammengezogen. Die Region Sumy im Nordosten der Ukraine sei in Gefahr.
Die Regierung in Kyjiw habe Schritte unternommen, um Russland an einer großangelegten Offensive dort zu hindern, sagte Präsident Selenskyj unmittelbar vor seinem Besuch bei Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz an diesem Mittwoch in Berlin. Sumy liegt gegenüber der russischen Oblast Kursk, wo ukrainische Truppen Anfang August eingerückt waren.
Erst Kursk, dann Sumy?
"Ihre größten und stärksten Kräfte befinden sich derzeit an der Front bei Kursk", schilderte der ukrainische Präsident die russische Bedrohung. "Sie wollen unsere Truppen aus der Region Kursk verdrängen und offensive Aktionen gegen die Region Sumy vorbereiten."
Trotz des Aufmarsches berichtete Selenskyj, dass ukrainische Streitkräfte die russischen Truppen in dem Gebiet innerhalb von zwei Tagen um vier Kilometer zurückgedrängt hätten. Russland hatte in der Region vor kurzem mehrere Grenzdörfer eingenommen und rückt seit Wochen an Teilen der Frontlinie in der Ostukraine nahe der Stadt Kostjantyniwka langsam vor.
Es gibt aber erheblichen Widerstand der Ukraine. Die russische Armee jedenfalls meldet, sie habe "im Laufe der vergangenen Nacht 296 ukrainische Drohnen zerstört und abgefangen".
Viele der Drohnen seien über der Region Moskau rund um die Hauptstadt abgefangen worden. Die Luftfahrtbehörde teilte mit, dass mehrere Moskauer Flughäfen den Flugverkehr für mehrere Stunden einstellen mussten. In den vergangenen Wochen sahen sich die russischen Behörden zunehmend gezwungen, Flüge von Moskauer Flughäfen umzuleiten.
Bei dem großangelegten ukrainischen Drohnenangriff sind laut Angaben aus Russland zwei Drohnenfabriken im Moskauer Umland getroffen worden. Ein Ziel lag demnach in der Stadt Selenograd am nordwestlichen Rand der Hauptstadt, wie der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin bestätigte. Es gebe nach ersten Informationen keine Verletzten und keine großen Schäden. Auf russischen Social-Media-Kanälen ist zudem zu lesen, dass auch eine Drohnenfabrik in der Stadt Dubna etwa 80 Kilometer nördlich von Moskau getroffen wurde.
Moskaus Verteidigungsminister gibt sich kämpferisch
Dessen ungeachtet sieht sich Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine auf dem Vormarsch. In Moskau sagte Verteidigungsminister Andrej Beloussow, die russischen Truppen rückten an fast allen Frontabschnitten vor. Die Regierung in Kyjiw ignoriere Russlands Bereitschaft, den Konflikt beizulegen, fügte er hinzu. Beloussow wirft der NATO vor, den Ukraine-Krieg für die Ausweitung ihrer Präsenz in Osteuropa sowie in den baltischen Staaten zu nutzen. Der Westen versuche weiter, Russland eine strategische Niederlage beizufügen.
Außenminister Sergej Lawrow kündigte aber weitere Verhandlungen mit der Ukraine an. Eine nächste direkte Gesprächsrunde werde in Kürze angesetzt. Eine zentrale Forderung Russlands in Friedensverhandlungen bleibe, dass die Ukraine den Status eines neutralen Landes einnehme, betonte er.
Selenskyj setzt weiter auf den Westen
Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte an, am nächsten G7-Gipfel teilzunehmen, der Gruppe der sieben großen Demokratien. Er habe eine Einladung zu diesem Treffen von Kanadas Premierminister Mark Carney erhalten. Er werde wahrscheinlich auch am nächsten Gipfel der Europäischen Union teilnehmen. Zur heimischen Waffenproduktion erklärte Selenskyj, er benötige 30 Milliarden Dollar, um diesen Sektor finanzieren zu können.
Im vergangenen Dezember hatte Selenskyj die Massenproduktion von jetgetriebenen Drohnen vom Typ Paljanyzja bekanntgegeben. Eine weitere Raketen-Drohne namens Peklo mit 700 Kilometern Reichweite soll ebenfalls bereits im Kampfeinsatz getestet worden sein.
Insgesamt ist die Ukraine bei reichweitenstarken Waffen seinem Nachbarn Russland deutlich unterlegen. Westliche Staaten haben solche Waffen bislang kaum dem ukrainischen Militär geliefert. Bundeskanzler Merz hat am Montag allerdings angekündigt, dass Reichweitenbeschränkungen künftig fallen, die bislang für Waffen gelten, die der Ukraine geliefert werden.
haz/AR (rtr, afp, dpa)