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"Krankenhäuser genau beobachten"

Hanna Pütz6. Juni 2015

In Südkorea steigt die Zahl der MERS-Patienten auf 50, diese Woche wurden mehr als 200 Schulen geschlossen. Im DW-Interview erklärt Virologe Christian Drosten, wo das Virus herkommt und wie er die Gefahren einschätzt.

Vergrößertes MERS Virus (Foto: Reuters).
Das MERS-Virus breitet sich erstmals auch in Südkorea ausBild: Reuters

Deutsche Welle: Herr Drosten, wie gefährlich ist der Ausbruch des MERS-Virus in Südkorea?

Christian Drosten: Ich denke nicht, dass dieses MERS-Virus anders ist als das, was wir in den letzen Jahren auf der arabischen Halbinsel gesehen haben. Man muss dabei auch die Umstände bedenken. Wir haben es hier mit einem Krankenhausausbruch zu tun, und die meisten Fälle in Südkorea sind innerhalb eines kurzen Zeitraums in Krankenhäusern entstanden. Es muss dort also ein Problem mit den Hygienemaßnahmen gegeben haben.

Ist in den Krankenhäusern schon etwas geschehen, um das Virus einzudämmen?

Christian Drosten erforscht das MERS-Virus in BonnBild: W. Gatow

Was in der Pflege schon passiert, ob die Behörden schon reagiert haben und ob in den Infektionskontrollen schon Verbesserungen umgesetzt wurden, kann ich von hier nicht beurteilen. Aber es ist sicherlich angebracht, sich das genauer anzuschauen.

War es denn notwendig, die Schulen zu schließen?

Ich denke, das war etwas übertrieben. Die Infektionen sind wirklich auf Krankenhausinfektionen zurückzuführen - ich rechne nicht damit, dass das Virus unbemerkt in der koreanischen Bevölkerung zirkuliert. Die Aufmerksamkeit sollte sich auf die Krankenhäuser richten. Gerade in der Pflege oder bei der Beatmung von Patienten müsste man genau nachfragen, was schiefgelaufen sein könnte.

Wie verläuft die Ansteckung mit diesem Virus generell?

Die Ansteckung ist höchstwahrscheinlich so wie bei anderen Atemwegsinfektionen. Zwar geht das Virus letztendlich von einem Atemweg zum anderen, aber es kann auch über Schmierinfektionen übertragen werden. Und dann gibt es noch den Weg über Aerosole, also Tröpfcheninfektion.

Das hört sich an, als sei MERS hochansteckend.

Das MERS-Virus ist in seiner jetzigen Form, wie wir es auf der arabischen Halbinsel kennengelernt haben, nicht als hochansteckendes Virus anzusehen. Wir wissen, dass es in einer Haushaltssituation beispielsweise nicht routinemäßig zur Übertragung eines solchen Virus kommt, das ist eher eine Seltenheit. Dieses Virus ist nicht so infektiös wie beispielsweise die normale Grippe, die Influenza. Die Übertragungswege sind unterschiedlich - das geht auch vom Kamel direkt zum Menschen. Seit einiger Zeit wissen wir, dass Krankenhausausbrüche für MERS üblich sind.

Ist dies der erste MERS-Ausbruch in Südkorea?

Ja, das ist der erste Krankenhausausbruch außerhalb der arabischen Halbinsel. Es gab schon früher Fälle in Europa, auch in Deutschland, die aber jeweils nicht zur Weiterschleppung der Infektion geführt haben.

Der Schutz gegen das MERS-Virus muss in den Krankenhäusern beginnenBild: Chung Sung-Jun/Getty Images

Besteht die Gefahr, dass sich das Virus in Südkorea weiter ausbreitet?

Wir müssen abwarten, was die koreanischen Kollegen in den nächsten Tagen an Informationen veröffentlichen. Gerade sind sie dabei, das Genom des Virus zu sequenzieren. Dann können wir relativ schnell sagen, ob es ein typisches MERS-Virus ist und es sich entsprechend um ein eher krankenhausisoliertes Problem handelt. Wenn das Virus sich verändert haben sollte, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, dann werden die Karten neu gemischt.

Kursiert das MERS-Virus derzeit auch noch an anderen Orten?

Ja, wir haben derzeit noch einen weiteren Ausbruch auf der Halbinsel im östlichen Teil der arabischen Halbinsel, in der Stadt Hofuf in Saudi-Arabien. Und wir hatten im letzten Jahr mehrere Ausbrüche in der Hauptstadt Riad und einen sehr großen in Dschidda.

Ist das Virus denn außerhalb der arabischen Halbinsel schon aufgetaucht?

Das Virus wurde schon mehrmals von der arabischen Halbinsel verschleppt. Auch nach Europa und mehrmals nach Deutschland. Aber das waren immer örtlich begrenzte Einzelfälle. Wir haben in Deutschland eine sehr gute Krankenhaushygiene. Wir hatten beispielsweise in diesem Jahr einen Fall von MERS in Deutschland. Der Patient wurde mit allerbester Intensivmedizin behandelt - also nicht mit speziellen Medikamenten gegen das Virus - denn die gibt es noch nicht. Zu einer Weiterverbreitung kam es nach unserer derzeitigen Erkenntnis nicht.

Sind Forschung und Gesundheitswesen aufgrund der Erfahrung mit dem Ausbruch des SARS-Virus, bei dem 2003 rund 800 Menschen starben, besser vorbereitet?

Das Virus, das SARS verursacht hat, ist verwandt mit dem von MERS. Aus der Forschung an SARS haben wir Erkenntnisse gewonnen, die wir auf MERS anwenden können. Die beiden Viren gehören zur gleichen Gattung. Es gibt zum Beispiel erste Ideen, was für Medikamente man verwenden könnte um etwas gegen diese Viren auszurichten. Wie immer in der Medikamentenentwicklung bedeutet das nicht, dass man morgen in die Apotheke gehen und dort eine Tablette kaufen kann. Aber wir wissen schon, mit welcher Gruppe von Substanzen man etwas gegen diese Viren auszurichten kann. Sie wurde auch anhand des SARS-Virus identifiziert.

Christian Drosten leitet das Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Er gehört zu den Mitentdeckern des SARS-Virus und erforscht unter anderem das MERS-CoV (Middle East respiratory syndrome coronavirus).

Das Interview führte Hanna Pütz.

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