Drusen erobern Stadt Suwaida in Südsyrien vollständig zurück
20. Juli 2025
Nach tagelangen blutigen Auseinandersetzungen in der südsyrischen Stadt Suwaida zwischen Drusen und Beduinen scheint sich die Lage vorerst beruhigt zu haben. Wie Aktivisten berichten, haben Kämpfer der religiösen Minderheit der Drusen die Stadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht.
Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien zogen sich die sunnitischen Beduinenkämpfer am Samstagabend nach einem großangelegten Angriff der Drusen aus Suwaida zurück. Auch die staatliche Nachrichtenagentur Sana bestätigte unter Berufung auf das Innenministerium, dass die Stadt von allen Stammeskämpfern der Beduinen geräumt sei. Die Gefechte in den Stadtvierteln seien beendet.
Kämpfe trotz Waffenruhe
Der Sprecher einer bewaffneten drusischen Gruppe, Bassem Fakhr, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Beduinen seien aus der Stadt vertrieben worden. "Wir wollen die Waffenruhe einhalten, aber die Beduinen greifen uns von mehreren Gebieten außerhalb der Stadt aus an", erklärte Fakhr.
Auch die Beobachtungsstelle für Menschenrechte - deren Informationen oft nicht unabhängig überprüft werden können - meldete fortgesetzte Angriffe auf die Stadt. Zudem werde in anderen Teilen der gleichnamigen Provinz Suwaida trotz der verkündeten Waffenruhe weiter gekämpft. Der syrische Informationsminister Hamsa al-Mustafa bestätigte, die Lage sei instabil und die Waffenruhe brüchig.
USA warnen vor Truppenabzug
US-Außenminister Marco Rubio äußerte sich unterdessen besorgt über einen möglichen Rückzug syrischer Sicherheitskräfte aus der Region Suwaida. Diese müssten in Südsyrien verbleiben, "um den (sogenannten) Islamischen Staat und andere gewalttätige Dschihadisten davon abzuhalten, in das Gebiet einzudringen und Massaker zu verüben", schrieb Rubio auf der Plattform X. Zudem forderte er die syrische Regierung auf, Sicherheitskräfte, die Gräueltaten begangen hätten, zur Rechenschaft zu ziehen.
Der syrische Notfallminister Raed al-Saleh sprach im Staatsfernsehen von einer "schlechten" humanitären Lage in Suwaida. Konvois mit Hilfsgütern stünden bereit, könnten aber erst einfahren, wenn die Sicherheitslage dies zulasse.
Die Kämpfe in Suwaida begannen am vergangenen Sonntag. Die Spannungen zwischen Drusen und Beduinen bestehen seit langem. Die Drusen, eine aus dem schiitischen Islam hervorgegangene religiöse Minderheit, leben in Israel, Jordanien, dem Libanon und Syrien und stehen der syrischen Übergangsregierung kritisch gegenüber. Die sunnitischen Beduinen hingegen gelten als Unterstützer der Regierung in Damaskus.
Zur Unterstützung der Beduinen rückten weitere syrische Stammeskämpfer in die Region vor. Zeitweise gelang es ihnen, Teile der Provinzhauptstadt Suwaida zu besetzen.
Israel greift auf Seite der Drusen ein
Israel hatte im Verlauf der Kämpfe aus der Luft in den Konflikt eingegriffen und Ziele in Damaskus bombardiert. Am Freitag stimmte die israelische Regierung einer von den USA unterstützen Waffenruhe mit der syrischen Übergangsregierung zu. Als Schutzmacht der Drusen sieht Israel sich in einer besonderen Verantwortung.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden in den fast eine Woche andauernden Kämpfen mindestens 940 Menschen getötet. Darunter befinden sich 326 drusische Kämpfer, 262 drusische Zivilisten, 312 regierungstreue Sicherheitskräfte und 21 Beduinen. Zusätzlich seien bei israelischen Angriffen 15 weitere Regierungskämpfer ums Leben gekommen.
pgr/se (afp, dpa, rtr)