Scheichs in der Krise
2. Dezember 2009Bis zur vergangenen Woche, als Dubai mit einer Bitte um Zahlungsaufschub für seine hoch verschuldeten Bauentwickler weltweit die Finanzmärkte schockiert hatte. Betroffen sind die Kreditgeber des Staatsfonds Dubai World und von dessen Immobilientochter Nakheel, die derzeit die berühmten Palmeninseln vor der Küste des Emirats bauen und lange Zeit als Symbol des aufstrebenden Emirats galten.
Rückgang um 17 Prozent
Auch deutsche Investoren sind jetzt von dieser Krise betroffen, sagt Felix Neugart, Nahost-Experte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), er rechnet mit erheblichen Umsatzeinbußen. Für sie sei die Krise jedoch nicht so überraschend gekommen, viele hätten schon seit Monaten die Rückgänge im schwächelnden Bausektor verzeichnet, erklärt er. Und das schlägt sich auch in den Geschäftsaktivitäten nieder: allein in den ersten acht Monaten 2009 verzeichnete die DIHK einen Rückgang von 17 Prozent bei den deutschen Exporten in die Vereinigten Arabischen Emirate, von denen Dubai ein Teil ist.
Auch der psychologische Effekt der Schuldenkrise am Golf sei beträchtlich, fügt der Außenwirtschaftsexperte hinzu: "die Kreditwürdigkeit Dubais ist sicherlich beschädigt." Auf der anderen Seite dürfe man aber nicht vergessen, dass Dubai Teil der VAE sei: Abu Dhabi hat bereits angekündigt, seinem Nachbarn unter die Arme zu greifen. Einen Blankoscheck für das Nachbarland werde es aber nicht geben, sagte ein Regierungsvertreter des weltweit drittgrößten Ölexporteurs. Die Hilfe werde von Fall zu Fall gewährt. Neugart ist jedoch überzeugt: "Wenn es zum Äußersten kommt, wird Abu Dhabi auch bereit sein, zu helfen!"
Daimler-Aktie unter Druck
Durch die Finanzprobleme Dubais war nach Angaben der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) auch die Daimler-Aktie unter Druck geraten, weil an ihr das Emirat Abu Dhabi beteiligt ist und Investoren nun auch dort Probleme befürchten. Dubai und andere Emirate hätten "als letzter sicherer Hort in der Finanzkrise gegolten und deswegen Symbolcharakter für alle deutschen Anleger", sagte ein DSW-Sprecher. Dieses Bild sei nun angeknackst. Unter Druck stünden insbesondere Banken-Titel, weil sich Dubai weltweit Geld geliehen hat. Daimler setzt ungeachtet der Schuldenkrise am Golf weiter fest auf seine beiden arabischen Großaktionäre. Die Lage in Dubai stehe nicht in Verbindung mit ihren Ankeraktionären in der Region, sagte Finanzchef Bodo Uebber der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende. In der Hand Kuwaits und des staatlich kontrollierten Fonds Aabar aus Abu Dhabi liegen insgesamt 16 Prozent der Daimler-Anteile.
Auch Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise rechnet wegen der Geldprobleme Dubais nicht wie beim Zusammenbruch der US-Traditionsbank Lehman Brothers mit einem Flächenbrand in der Finanzbranche. "Die Ausmaße sind bei weitem nicht so dramatisch wie nach der Lehman-Pleite", sagte Heise in einem Interview. Internationale Banken dürften zwar deshalb neue Abschreibungen erleiden, die Weltwirtschaft aber nicht aus der Bahn geworfen werden.
Wichtiger Partner
Generell, so betont Neugart von der DIHK, blieben die VAE Deutschlands wichtigster Handelspartner in der Region. "Aber es wird möglicherweise zu Verlagerungen kommen", sagt er. "Zu geografischen Verlagerungen auf Märkte wie Katar, Saudi Arabien und Abu Dhabi, die über sehr große finanzielle Reserven verfügen und zunehmend attraktiver für deutsche Firmen werden. Und zu einer Bewegung vom hochpreisigen Luxusbereich für reiche Kunden aus aller Welt hin zu Bauleistungen, die stärker an den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort angepasst sind."
Autorin: Ina Rottscheidt
Redaktion: Thomas Latschan