1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Duell im Dunkeln

Priya Esselborn13. September 2003

Der Alltag von Spionen hat nichts mit Luxus, teuren Autos und meist auch nichts mit schönen Frauen zu tun. Die Realität ist brutaler - denn die wahre Welt der Geheimdienste besteht aus Angst, Verrat und Tod.

Geheimagenten im Film - die Realität sieht anders ausBild: Presse

Der britische Krimiautor John le Carré hat es schon immer gewusst. In seinem Bestseller "Der Spion, der aus der Kälte kam", schreibt er: "Was glaubst Du, dass Spione sind. Priester, Heilige, Märtyrer? Sie sind eine schmutzige Prozession von Narren und Verrätern." Besonders in Zeiten des Kalten Krieges hatten Spione Hochkonjunktur. Schließlich rangen zwei Gesellschaftssysteme miteinander: Kapitalismus und Sozialismus. Informationsvorsprung war überlebenswichtig - für die eine wie die andere Ideologie.

Berlin als Spionagezentrum Europas

Schwarz verkleidete Wände und schales Licht, dazu ein Schild mit der Aufschrift "Glienicker Brücke" - wir befinden uns im nächtlichen Berlin der 1960er Jahre. Die "Glienicker Brücke" war nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg von der DDR als "Brücke der Einheit" wiederaufgebaut worden. Nach dem Mauerbau 1961 durften ausschließlich Fahrzeuge und Personal der vier Besatzungsmächte den Übergang passieren.

Der Mythos der Brücke beruht auf den legendären Austauschaktionen von Agenten. Die erste fand am Morgen des 10. Februar 1962 statt: Rudolf Iwanowitsch Abel hatte für den KGB unter dem Decknamen Emil Goldfus in Amerika ein umfangreiches Agentennetz aufgebaut, das sowohl militärischer Sabotage als auch der Aufklärung von Nukleargeheimnissen diente.

1957 wurde er durch einen übergelaufenen Mitarbeiter enttarnt. Die USA übergaben Abel an die damalige Sowjetunion und erhielten im Gegenzug den amerikanischen Piloten Francis Powers zurück. Dieser hatte im Rahmen der geheimen Luftaufklärung über sowjetischem Gebiet militärische Geheimnisse ausgekundschaftet. Die Öffentlichkeit erfuhr von dem Austausch nichts.

Bild: AP

Verführerische Spioninnen

"Kundschafter des Friedens" nannte das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) seine Agenten. Einige von ihnen waren aber auch als "Romeos" bekannt. Vor allem in den 1970er Jahren war es die Aufgabe dieser Männer, Sekretärinnen von Politikern der Bundesrepublik für sich zu gewinnnen. Und sie hatten offensichtlich Erfolg - wenn man bedenkt, dass allein Anfang 1979 innerhalb von wenigen Wochen sechs Sekretärinnen als Spioninnen enttarnt wurden. Aus Einsamkeit, Naivität oder purer Abenteuerlust hatten sie sich den Männern hingegeben - und massenweise Geheiminformationen verraten.

"Mata Hari"Bild: AP

Dabei waren die Sekretärinnen der DDR-"Romeos" nicht die ersten, die den Verführungskünsten informationslüsterner Männer erlagen. Einer der prominentesten Fälle aus der jüngeren Geschichte ist die holländische Tänzerin Mata Hari. "Sie war die geborene Spionin, katzenhaft, falsch und skrupellos, sie lockte die Männer mit ihrem Körper", urteilte der Untersuchungsrichter in Paris über die angebliche deutsche Spionin. Im Oktober 1917 wurde sie hingerichtet.

Die "RAF-Stasi-Connection"

Der Kampf der Ideologien trieb auf deutsch-deutschem Boden besonders merkwürdige und perfide Blüten. Beispiel RAF: Mehr als zwei Jahrzehnte waren die selbst ernannten antiimperialistischen Revolutionäre der Rote-Armee-Fraktion (RAF) die Staatsfeinde Nr. 1 der Bundesrepublik. Im so genannten "heißen Herbst" 1977 sorgten sie für eine nie gekannte Welle terroristischer Gewalt: Die Ermordungen von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, des Bankiers Jürgen Ponto und von Arbeitgeber-Präsident Hanns-Martin Schleyer wurden zum westdeutschen Trauma.

Foto des am 5. September 1977 in Köln entführten Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin SchleyerBild: AP

Obwohl die Fahnder des Bundeskriminalamtes Anfang der 1980er Jahre etliche RAF-Führer verhaften konnten, blieben viele RAF-Mitglieder verschwunden. Im Sommer 1990 wurden zehn von ihnen in der DDR verhaftet. Das MfS hatte sie im Zuge seines "Operrativvorgang Stern" mit neuen Identitäten versehen und ihnen Unterschlupf gewährt, dabei aber weiter bespitzelt. Denn obwohl die RAF-Mitglieder gegen die Bundesrepublik kämpften, galten sie noch immer als linksextreme Gefahr. Und die musste daran gehindert werden, "ihr linksterroristisches Gedankengut weiter zu verbreiten".

Die Ausstellung "Duell im Dunkeln. Spionage im geteilten Deutschland" ist noch bis zum 5. Oktober 2003 im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos.