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Durchsichtig

Peter Philipp27. Februar 2003

Wer wie George W. Bush so lange derart viele Missstände in Nahost toleriert hat, hat kein Recht, deren Abschaffung als Kriegsgrund zu missbrauchen, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

War es bisher oberstes Kriegsziel des amerikanischen Präsidenten im Irak, dort für Abrüstung und die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen zu sorgen, so hat George W. Bush nun eine neue Variante zum Besten gegeben: Ein befreiter und demokratisierter Irak werde zum Vorbild für andere Staaten der Region werden und unter ihnen ganz besonders die Palästinenser, die auf diesem Wege doch noch zu einem eigenen demokratischen Staat gelangen könnten.

Unsicherer Bush

Wenn der US-Präsident wieder neue Motive und Begründungen nachschiebt, dann scheint er seiner selbst ja doch nicht ganz so sicher zu sein, wie er es bisher glauben machen wollte. Gleichzeitig aber stellt er klipp und klar fest, der Krieg müsse geführt werden. Er konterkariert mit der Demokratisierungs-These aber auch bis zu einem gewissen Grad, was er bisher gesagt hatte: Da hieß es doch wiederholt aus Washington, der Krieg könne vermieden werden, wenn Saddam Hussein sich zur Abrüstung bereit erkläre. Und Saddam wurde gelegentlich sogar das Recht zugestanden, in solch einem Fall an der Macht zu bleiben.

Nun aber soll mit Saddams Fall das goldene Zeitalter der Demokratie in Nahost eingeläutet werden? Damit kann Saddam im Grunde tun und lassen was er will: Er muss weg. Denn wer wollte eine nahöstliche Demokratie schon vom politischen Überleben eines Diktators vom Schlage Saddam Husseins abhängig machen?

Freiheit und Menschlichkeit

Saddam soll also das Haupthindernis sein auf dem Weg zu mehr Freiheit und Menschlichkeit in der Region. So als gäbe es nicht in weiten Teilen dieser Region die kleinen Saddams, die eben das verhindern. Und gegen die Washington bisher noch nie den Zeigefinder erhoben hat. So, als gäbe es nicht massive amerikanische Interessen in der Region, zu deren Vorteil Washington eben auch mit repressiven Regimen zusammenarbeitet – wie es das einst ja auch mit Saddam getan hatte. Und so, als gäbe es nicht das Israel Ariel Scharons, das – mit offener Rückendeckung aus Washington – bisher erfolgreich jeden Ansatz in Richtung auf einen palästinensischen Staat hintertrieben hat.

Da dieser US-Präsident mehr als sein Vorgänger all diese Missstände toleriert und zulässt, steht es ihm schlecht zu Gesicht, nun deren Abschaffung als Wunschziel eines Irak-Krieges hinzustellen. Das ist doch etwas zu durchsichtig: Ein Appell an den Patriotismus und auch die Gottesfurcht seiner Landsleute, mit diesem Krieg nicht nur ein Regime zu beseitigen, sondern gleich einer ganzen Region die Freiheit zu bringen. So, als stünde man vor der Landung in der Normandie und als gälte es, Europa von der Naziherrschaft zu befreien.

Saddam ist aber nicht Hitler, der Irak nicht Nazideutschland und der Kriegsbeginn wird kein "D-Day" werden. Wohl eher ein schwarzer Tag in der Geschichte des Völkerrechts. Daran können auch noch so beschönigende Worte George W. Bushs nichts ändern.