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Limbourg: "Faires Verfahren für Gao Yu"

Esther Felden9. Mai 2014

Die Festnahme der bekannten chinesischen Journalistin und DW-Autorin Gao Yu wird international scharf kritisiert. Auch DW-Intendant Peter Limbourg zeigt sich besorgt und fordert ein rechtsstaatliches Verfahren für Gao.

Peter Limbourg, seit 1. Oktober 2013 Intendant der Deutschen Welle (Foto:DW)
Bild: DW/M. Magunia

Der Verdacht hat sich bestätigt: Die seit Ende April verschwundene Gao Yu ist in Haft. Ihr wird die "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" vorgeworfen. Nach offiziellen Medienangaben soll sie im vergangenen Sommer ein "hoch vertrauliches Dokument" an eine "Quelle außerhalb des Landes" weitergeleitet haben. Am Donnerstag (08.05.) zeigte das chinesische Staatsfernsehen Bilder der Journalistin. Darauf ist zu sehen, wie die 70-Jährige ein "Fehlverhalten" einräumt. Sie bedauere, dass sie "den nationalen Interessen geschadet" und Gesetze verletzt habe. Sie habe "ihre Lektion gelernt“, so Gao Yu bei einer Befragung durch zwei Polizisten.

Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, hat die chinesischen Behörden wegen ihres Umgangs mit der Journalistin Gao Yu kritisiert. Es sei "menschenunwürdig, sie im chinesischen Fernsehen einem Millionenpublikum als geständige Kriminelle vorzuführen". Gao Yu habe "einen Anspruch auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren", so Limbourg. Er sei in großer Sorge um das Schicksal der 70-Jährigen, die seit vielen Jahren für die chinesische Redaktion der DW arbeitet. Dies habe er auch der chinesischen Botschaft in Berlin mitgeteilt und nach dem plötzlichen Verschwinden Gao Yus um Aufklärung gebeten. "Die Deutsche Welle baut Brücken der Verständigung und steht für Dialog mit China", sagt Limbourg, betont aber auch: "Das schließt ein, dass wir auch kritischen Autoren eine Stimme geben, die in China selbst nicht publizieren können." Es müsse möglich sein, trotz Meinungsunterschieden in manchen Bereichen den Dialog offen und respektvoll zu führen, so der Intendant der DW.

Deutliche Worte auch von Menschenrechtsorganisationen

Auch internationale Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Vorgehen der chinesischen Behörden scharf. Amnesty International (ai) spricht von einer "erfundenen Anklage" und einem "unter Zwang" entstandenen Geständnis, so ai-China-Experte Anu Kultalahti. "Gao ist das jüngste Opfer von Chinas vage formulierten und willkürlichen Staatssicherheits-Gesetzen, die die Behörden immer wieder als Vorwand benutzen, um Aktivisten ins Visier zu nehmen." Auch die Tatsache, dass die Journalistin nur wenige Wochen vor dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem Pekinger Tiananmen-Platz festgenommen wurde, sei besorgniserregend. "Dies wirft ernsthafte Fragen auf nach den wirklichen Motiven der Behörden", so Kultalahti.

Die 70-jährige Gao Yu arbeitet seit Jahren auch für die Deutsche WelleBild: picture alliance/AP Photo

Ähnlich sieht es auch die Organisation Human Rights Watch. Die chinesische Regierung solle umgehend die Vorwürfe gegen den in dieser Woche festgenommenen prominenten Anwalt Pu Zhiqiang fallen lassen, die Situation der verhafteten Journalistin Gao Yu aufklären und andere Aktivisten freilassen, die im Umfeld des Tiananmen-Gedenktages festgenommen wurden - so die Forderung von HRW. Darüber hinaus solle die chinesische Regierung im Vorfeld des 25. Jubiläums der Niederschlagung der Demokratiebewegung keine weiteren Menschenrechtler ruhigstellen, festnehmen oder verschwinden lassen. "Diese Anklagen und Verhaftungen legen offen, wie wenig sich die Haltung der chinesischen Regierung seit 1989 geändert hat", sagte Sophie Richardson, Vorsitzende von HRW. "Eine stabile Gesellschaft ermöglicht die friedliche Diskussion der Geschichte und die Übernahme von Verantwortung - solch eine Diskussion sollte nicht gebrochen oder kriminalisiert werden.“

Offene Fragen über die Hintergründe der Festnahme

Welches Dokument Gao Yu weitergegeben haben soll, ist weiterhin unklar. Vermutungen zufolge könnte es sich um das so genannte "Dokument Nr. 9" gehandelt haben. Darin werden Bedrohungen für die Kommunistische Partei aufgelistet und ein harter ideologischer Kurs gefordert. "Die Informationen in Dokument Nr. 9 verdienen in keinster Weise, als Staatsgeheimnis bezeichnet zu werden", sagt Anu Kultalahti von Amnesty International. "Wenn Gao tatsächlich verhaftet worden ist, weil sie dieses Dokument weitergegeben hat, muss sie unverzüglich freigelassen werden."

Gao Yu arbeitete früher als Vize-Chefredakteurin des Magazins "Economics Weekly". Im Jahr 2000 wurde sie vom International Press Institute als eine von 50 "Helden der Pressefreiheit" ausgezeichnet - für ihr seit Jahrzehnten andauerndes Engagement. Schon nach der gewaltsamen Niederschlagung des Volksaufstands 1989 hatte sie sechs Jahre im Gefängnis gesessen.

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