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PolitikIran

DW-Preisträger Zibakalam wieder vor Gericht

3. August 2022

"DW Freedom of Speech Award"-Preisträger Sadegh Zibakalam kritisiert unter anderem Irans Israel-Feindschaft und das Atomprogramm. Damit gefährdet er angeblich die "nationale Sicherheit".

Sadegh Zibakalam
Sadegh Zibakalam bei einem Interview 2017 in der Teheraner Universität Bild: Imago/Xinhua

Am 26. Juli dieses Jahres begann in Teheran ein weiterer Prozess gegen den prominenten regierungskritischen iranischen Politologen Sadegh Zibakalam. Wegen sogenannter "staatsfeindlicher Propaganda " und ähnlicher "Vergehen" wurde er bereits 2014 und 2018 vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt. Tatsächlich ins Gefängnis musste er bislang nicht. Sadegh Zibakalams Stimme klingt auch jetzt gelassen - noch. Im Gespräch mit der DW berichtet der Preisträger des "DW Freedom of Speech Award": "Ich wurde bereits Ende April vorgeladen. Dabei wurde mir mitgeteilt, dass ein neues Verfahren gegen mich eingeleitet wurde, zu meiner Überraschung wegen angeblicher Gefährdung der nationalen Sicherheit."

Der 71-jährige Politologe Zibakalam gehört zu den wenigen Kritikern der Islamischen Republik, die es weiterhin wagen, öffentlich Missstände anzusprechen und das politische System zu kritisieren. Für seine Haltung verlieht ihm die Deuschle Welle im April 2018 in Bonn den "DW Freedom of Speech Award". Zibakalam widmete den Preis allen politischen Gefangenen in seiner Heimat. "Es kann sein, dass sie mich diesmal hinter Gitter bringen", befürchtet er im Gespräch mit der DW und erzählt von einer dicken Akte, die ihm vorgelegt worden sei. Darin seien seine öffentlichen Äußerungen in den letzten Jahren dokumentiert, von Beiträgen und Posts in sozialen Netzwerken bis hin zu den Diskussionsrunden in der der interaktiven Social-Audio-App Clubhaus. "Konkret wurde das neue Verfahren wegen meiner Äußerungen während einer Podiumsdiskussion vor vier Jahren an der Universität Isfahan eingeleitet. Dort habe ich, wie schon oft, über Israel und das iranische Atomprogram gesprochen."

Kritik an Israel-Politik Teherans

Zibakalam fragt sich, warum gerade jetzt diese Vorwürfe hervorgeholt wurden. Der Politologe wird oft zu Podiumsdiskussionen eingeladen. Der Professor an der Universität Teheran ist bekannt für seine mutige Kritik bei heiklen Themen wie der Israel-Politik Teherans. Seit der Revolution von 1979 erkennt die iranische Führung Israel nicht als legitimen Staat an. Sie bezeichnet die israelische Regierung als "zionistisches Regime" und erklärt, es vernichten zu wollen. Die iranische Führung träumt von einer Führungsrolle in der islamischen Welt und sieht sich als Schutzmacht der Unterdrückten und als einzig wahre Kraft des Widerstands gegen die Großmächte und ihre Verbündeten. 

Diese Haltung habe das Land in den letzten 42 Jahren auf der internationalen Bühne isoliert, kritisierte der Politologe Zibakalam wiederholt. Er vermeidet demonstrativ, auf Darstellungen der israelischen Flagge zu treten, die vor den Eingängen mancher Gebäude im Iran auf den Boden gemalt wurde. 

"Ich verstehe auch unser Beharren auf dem  Atomprogramm nicht. Was für einen Nutzen hat dieses Atomprogram bis jetzt für uns gebracht?", fragt Zibakalam im Gespräch mit der DW. Er weiß, dass Kritik am Atomprogramm im Iran kaum geduldet wird. Aber jemand müsse das ansprechen, meint er. Mit dem Atomprogramm verfolge Iran ausschließlich friedliche Zwecke, behaupten die Verantwortlichen in Teheran und vermeiden jede öffentliche Diskussion darüber. Die Weltgemeinschaft aber verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Unlängst bestätigte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Mohammad Eslami, dass der Iran technisch dazu in der Lage sei, eine Atombombe zu produzieren. "Das Land beabsichtigt aber nicht, dies zu tun", zitierte ihn die halbamtliche Nachrichtenagentur FARS Eslami am 1. August.

Gegen Atomrüstung

"Was wollen wir mit einer Atombombe erreichen. Wie Nordkorea werden?" fragte Zibakalam vor vier Jahren in einem offenen Brief an die konservativen Hardliner im Parlament und in der Regierung. Diese Gruppe, die an der Spitze von Religionsführer Ali Chamenei repräsentiert wird und unter dem neuen Präsidenten Raisi die iranische Politik dominiert, war und ist gegen das Wiener Atomabkommen von 2015. Letzteres gewährte dem Iran eine Lockerung der vom Westen verhängten Sanktionen im Gegenzug für die Reduzierung und schärfere Kontrolle seines Atomprogramms. Damit sollte sichergestellt werden, dass der Iran keine Atomwaffen entwickeln kann, was das Land stets bestritt.

Der Politologe Zibakalam wird oft zu Podiumsdiskussionen eingeladenBild: Tasnim

Zibakalam ist der Überzeugung, dass der Iran wieder zu diesem Abkommen zurückkehren muss. Er schreibt weiterhin Beiträge und postet sie in sozialen Netzwerken. Er will sich nicht einschüchtern lassen. Wann ein Urteil verkündet wird, weiß er noch nicht.

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