E-Müll für Dich
14. Januar 2004Spam-Mails sind das Unkraut des Internets: Keiner hat danach verlangt, trotzdem sind sie da - und in Massen. Sie versprechen Diplome umsonst, Viagra umsonst, Geld umsonst. Warum unerwünschte Werbe-Mails heißen wie amerikanisches Dosenfleisch - Spam -, weiß man nicht genau. Jedenfalls werden immer mehr davon verschickt. Der Mail-Anbieter GMX schätzt, dass von allen weltweit verschickten Mails 25 bis 30 Prozent Datenmüll sind. Allein der Download solcher Nachrichten hat 2003 Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe verursacht.
Billiges Adressen-Fischen
Die Absender kostet diese Werbemethode dagegen sehr wenig. "Wenn von 100.000 einer drauf reinfällt, sind die Kosten fürs Versenden schon wieder drin", sagt Nordlohne. An Mail-Adressen zu kommen, ist nicht weiter schwierig. "Crawler-Programme grasen die Webseiten ab nach allem, was ein @-Zeichen enthält", erklärt Harald Summa, Geschäftsführer des Internet-Branchenverbandes eco. Außerdem gibt es Firmen, die Kundendaten verkaufen. "Eine Million Mailadressen kosten um die 500 Dollar", weiß AOL-Sprecher Nordlohne. "Und es gibt Programme, die Buchstaben zu Namen zusammenwürfeln. Beim 1001. Versuch kommt vielleicht eine existierende E-Mail-Adresse raus".
Müll-Mails nerven – und sie sind in Deutschland verboten. "Die Regelung gibt es auch für Faxe", erklärt Summa: "Der Empfänger muss vorher zustimmen." Im Änderungsvorschlag zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird Spam als "belästigende Werbung" untersagt – gemäß einer EU-Richtlinie, die wahrscheinlich auch in Deutschland demnächst umgesetzt werden wird. "Das Problem ist, dass der Müll meistens nicht aus Deutschland kommt, sondern von irgendwo", sagt Summa.
Spam-Kampf schweißt Feinde zusammen
Trotzdem geben die Internet-Unternehmen nicht klein bei. Die Mail-Anbieter wie Yahoo, GMX und Web.de versuchen, Spam auszusieben, bevor er beim Postfachbesitzer ankommt – Mails mit verdächtigen Textmustern, dubiosem Header (quasi der Briefkopf) oder von zweifelhaften Servern werden ausgefiltert. AOL hat ein "Lotsenteam", dem man Spam melden kann. Der Kampf gegen die Spam-Schwemme führt selbst Rivalen zusammen: Microsoft, Yahoo und AOL wollen gemeinsam einen technischen Standard zur Müll-Bekämpfung aufstellen.
Ehrliche Anbieter leiden
Auch die seriösen Anbieter von E-Mail-Marketing kämpfen mit, "weil es uns nicht hilft, wenn gespammt wird", erklärt Heike Lübeck, Referentin für neue Medien beim Deutschen Direktmarketing-Verband. "Die Aufmerksamkeit für erwünschte Werbung lässt nach. Und es gibt technische Probleme, denn die Newsletter kommen bei den Providern oft nicht mehr durch."
Selbst wenn man die Spammer selten zu fassen bekommt: "Wir setzen auch auf den juristischen Weg", betont AOL-Sprecher Nordlohne. Man habe schon eine einstweilige Verfügung gegen einen deutschen Spam-Versender erstritten. Auch im englischsprachigen Raum greift man durch. Im US-Staat Virginia wird das Versenden von Spam mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet; in New York, berichtet Summa, musste ein Spammer 16 Millionen Dollar Strafe zahlen. In Australien wird das Verschicken unter falscher Adresse untersagt.
Die Spammer erfinden immer neue Tricks, die Provider immer neue Filter. Nordlohne hat Hoffnung, aber: "Es ist ein Hase-und-Igel-Spiel."