1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EADS-Sparprogramm kostet Tausende Jobs

Jens Hack (Reuters) 10. Dezember 2013

In vielen Ländern der Welt sparen die Regierungen bei den Ausgaben für Rüstung. Das bekommen Unternehmen wie EADS deutlich zu spüren. Der Konzern reagiert nun darauf - und streicht Tausende Stellen.

Logo EADS Friedrichshafen Airbus
Bild: picture alliance/dpa

Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS streicht wegen immer schlechterer Geschäfte mit Kriegsgerät 5800 Stellen. Etwa die Hälfte davon fällt Insidern zufolge in Deutschland weg. Europaweit werden mehrere Standorte dichtgemacht, hierzulande wird die Zentrale der Wehrtechniktochter Cassidian von Unterschleißheim an den Konzernsitz nach Ottobrunn bei München verlegt, wie EADS am Montagabend (09.12.2013) erklärte. Die meisten Arbeitsplätze fallen im Zuge der Zusammenlegung der bisherigen Raumfahrt- und Rüstungssegmente weg. Hinzu kämen Positionen in der Zentrale. Bis zu rund 1500 Menschen könnte gekündigt werden.

EADS-Chef Tom Enders verteidigte nach wochenlangen Spekulationen über den Stellenabbau seinen Kurs. "Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit im Verteidigungs- und Raumfahrtgeschäft steigern - und wir müssen jetzt damit beginnen", sagte der Manager, der die Rendite seines Hauses bis 2015 auf zehn Prozent steigern will. "Unsere traditionellen Märkte in diesen Bereichen schrumpfen, daher müssen wir dringend den Zugang zu internationalen Kunden verbessern und Wachstumsmärkte erschließen." Gewerkschaften in Deutschland und Frankreich kündigten Widerstand gegen den Stellenabbau an, den EADS bis Ende 2016 abgeschlossen haben will.

EADS-Chef Tom EndersBild: Reuters

Kündigungen erzürnen Arbeitnehmer

Der paneuropäische Konzern mit derzeit rund 140.000 Mitarbeitern versucht, den Abbau für die Mitarbeiter teilweise abzufedern. Den Betroffenen sollen insgesamt 1500 Stellen bei Airbus und bei der Hubschrauber-Tochter Eurocopter angeboten werden. "Nach der Nicht-Verlängerung von rund 1300 befristeten Verträgen und der Umsetzung zusätzlicher freiwilliger Maßnahmen wird sich der endgültige Personalabbau zwischen 1000 und 1450 Stellen bewegen, unter der Voraussetzung, dass die freiwilligen Maßnahmen angenommen werden."

Konzernumbau: EADS will sparen

01:20

This browser does not support the video element.

Der drohende Rauswurf von mehr als 1000 Menschen bringt den Betriebsrat in Rage. "Insbesondere die Ankündigung, dass man betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließt, verärgert uns", erklärte Betriebsratschef Rüdiger Lütjen. "Betriebsbedingte Kündigungen sind für Betriebsrat und die IG Metall bei EADS keine Option. Es wäre bei den Gewinnen, die der Konzern erreicht, niemandem vermittelbar, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen."

Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler drohte erneut mit Ungemach für die Manager. "Wer mit betriebsbedingten Kündigungen droht, um die Rendite zu verbessern, macht die Beschäftigten zornig: Wir brauchen eine langfristige Perspektive für die Arbeitsplätze und Standorte." Bayerns neue Wirtschaftsministerin Ilse Aigner solle sich einschalten. Die CSU-Politikerin hatte im Vorfeld erklärt, sie werde für die Arbeitsplätze im Freistaat kämpfen.

EADS kümmert sich indes um die anstehenden Kosten des Abbaus. Es werde geprüft, wie sich der Schnitt in der EADS-Bilanz niederschlage. Organisatorisch soll die neue Einheit mit der Umbenennung von EADS in Airbus zum Jahreswechsel starten, bis zum Sommer will Enders die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern abgeschlossen haben. Die Gewerkschaft hat bereits ein zähes Ringen angekündigt. Allein in Deutschland hatte sie vorvergangene Woche nach eigenen Angaben an 30 EADS-Standorten 20.000 Beschäftigte zu Demonstrationen gegen die Einschnitte auf die Straße gebracht.

Proteste am EADS-Standort in HamburgBild: picture-alliance/dpa

Europäer sparen an Kriegsgerät

EADS verdient gut an seinen Airbus-Verkehrsflugzeugen. Das Geschäft mit Kriegsgerät und Satelliten steht indes vor einer ungewissen Zukunft. Neue Aufträge aus den Stammländern Deutschland, Frankreich und Spanien werden immer spärlicher, bestehende Orders werden mitunter gekürzt. Und außerhalb Europas hatte EADS mit seinen Rüstungsgütern kaum Glück. Die Exporte des Kampfjets Eurofighter sind dürftig. Zudem verstrickte sich der Hersteller in Korruptionsvorwürfe. Die Drohne Eurohawk geriet nach ausufernden Kosten zum Politikskandal, an den Militärhubschraubern Tiger und NH90 hagelte es immer wieder Kritik.

Zudem mischten sich die staatlichen Kunden in der Vergangenheit oft in die Unternehmenspolitik ein, da sie auch Miteigentümer waren. So vereitelte etwa federführend die Bundesregierung die geplante Fusion mit der britischen BAE Systems. Der vergrämte Enders wagte in der Folge den Befreiungsschlag: Es gelang ihm, den staatlichen Einfluss im Rahmen eines neuen Aktionärspakts einzudämmen. Zu einem normalen, vor allem aber zu einem gewinnorientierten Unternehmen will der Manager sein Haus nun machen. Dazu gehört, wie bei börsennotierten Konzernen üblich, ein Renditeziel. Für EADS hat Enders die Marge von zehn Prozent bis 2015 ausgerufen.

Betriebsrat sieht Unternehmen nicht als Sanierungsfall

Für die Rüstungssparte Cassidian ist das keine Herausforderung, sie liegt in der Regel weit darüber und ist derzeit verglichen mit anderen Konzernteilen die rentabelste. Dass Enders ausgerechnet dort den Rotstift ansetzt, bringt die Belegschaft in Rage. "Wir sind doch kein Sanierungsfall", schimpfte jüngst Thomas Pretzl, Betriebsratschef von EADS Deutschland. "Uns rauszuschmeißen, die wir die höchsten Gewinne machen, ist blanker Unsinn." Er kritisierte Enders Renditeziel als überzogen. "Wegen dieser Maßlosigkeit müssen wir und unsere Familien zu Weihnachten um unsere Existenz bangen", rief er seinen Kollegen zu. Beistand bekam er aus der Politik. "Für mich ist auch nicht einsichtig, dass wegen übersteigerter Renditeerwartungen wertvolle Arbeitsplätze in Deutschland und Bremen abgebaut werden sollen" erklärte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen