Investorenprojekte bedrohten in den letzten Jahren den Erhalt der legendären Open-Air-Galerie. Nun gehört die East Side Gallery der Stiftung Berliner Mauer, die den Tourismus rund um das Denkmal professionalisieren will.
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East Side Gallery
Im Februar 1990 begannen 118 Künstler aus 21 Ländern damit, die Berliner Mauer zu bemalen. Bis September entstanden mehr als 100 großflächige Bilder. Die Berliner East Side Gallery war geboren. Ein Rückblick.
Bild: DW
Touristenattraktion East Side Gallery
Sie ist einer der meistfotografierten Orte Berlins: die East Side Gallery. Auf einem 1,3 Kilometer langen Mauerstück haben viele Künstler ihre Gedanken zur Wiedervereinigung in Bildern verewigt. Dimitri Vrubel war einer von ihnen, damals ein völlig unbekannter Kunststudent aus Moskau. Er malte den Bruderkuss von Leonid Breschnew und Erich Honecker. Das Bild wurde zur Ikone, Vrubel weltberühmt.
Bild: Reuters/F. Bensch
Erinnerung an Mauertote
Die East Side Gallery erstreckt sich auf der Hinterlandmauer, die zu DDR-Zeiten im Osten der Stadt und noch vor der eigentlichen Berliner Mauer stand. Zwischen der Hinterlandmauer und der Grenzmauer befand sich der Todesstreifen mit Wachtürmen und patrouillierenden Soldaten, die den Befehl hatten, auf "Republikflüchtlinge" zu schießen.
Bild: Fotolia/creedline
Open-Air-Museum unter Denkmalschutz
Am 28. September 1990 wurde die East Side Gallery eröffnet. Viele Kunstwerke haben Eingang in das kollektive Gedächtnis Deutschlands gefunden und - auf Postkarten gedruckt - in jedem Berliner Souvenirshop zu finden. So auch Thierry Noirs "Hommage an die junge Generation". Seit November 1991 steht die East Side Gallery unter Denkmalschutz.
Bild: DW/Frederike Müller
Umstrittene Sanierung
Da die Mauer Wind und Wetter, Touristen und Mauerspechten ausgesetzt ist, muss sie immer wieder saniert werden. Im Oktober 2008 sollten die Kunstwerke komplett entfernt und von den Künstlern noch einmal neu aufgetragen werden. Manche weigerten sich, aber die meisten machten doch mit, so dass ein Großteil der Bilder wiederhergestellt werden konnte.
Bild: Getty Images/ Sean Gallup
Kunst-Flashmob an der East Side Gallery
Auch der deutsche Pop-Art-Künstler Jim Avignon hat sich 1990 mit seinem Bild "Doin It Cool For The East Side" an der East Side Gallery verewigt. 2013 kam er in die Schlagzeilen, weil er zusammen mit Kunstschülern ohne offizielle Genehmigung sein Bild übermalt hatte. Viele Künstler kritisierten seine Nacht-und-Nebel-Aktion.
Bild: Reuters
Investor drückt Teilabriss durch
Für den Bau eines Hochhauses versetzten Bauarbeiter 2013 Teilstücke der East Side Gallery. Die entstandene rund sechs Meter breite Lücke wurde zur Baustelleneinfahrt. Das führte zu Protesten: Berliner Bürger und Prominente setzen sich für einen Baustopp ein - erfolglos. Inzwischen steht der Wohnturm, 80 Prozent der Wohnungen sind verkauft. Mitte 2015 sollen alle Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Bild: picture-alliance/dpa
Mauer verfällt zusehends
Obwohl manche Künstler ihre Werke schon mehrmals ausgebessert oder gleich ganz übermalt haben, verblassen viele Bilder mehr und mehr und werden mit Kritzeleien verunstaltet. Die Mauer sei im Moment in einem "bemitleidenswerten Zustand", findet Künstler Thomas Klingenstein, ehemals ein DDR-Oppositioneller, der auch einen Teil der East Side Gallery gestaltet hat.
Bild: picture-alliance/dpa/Hans Wiedl
East Side Gallery auf der Leinwand
Im Januar 2015 kam der Dokumentarfilm "Berlin East Side Gallery" ins Kino. Die Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies dokumentieren darin, welchen Umbrüchen die Open-Air-Galerie seit der Sanierung 2009 ausgesetzt war. Der Künstler Thomas Klingenstein hofft sehr, "dass dieser Film dazu beiträgt, das Stück Mauer endlich zu schützen".
Bild: picture-alliance/dpa/Karin Kaper Film
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Künftig soll es keine weiteren Bauprojekte an der mit 1,3 Kilometern weltweit längsten Open-Air-Galerie geben. Die Ansiedlung von Medienunternehmen des Großprojekts Mediaspree, der Bau einer großen Mehrzweckhalle auf der anderen Straßenseite sowie Bürogebäude und ein Wohnturm hatten am Spreeufer seit Beginn der Nullerjahre weitreichende Umstrukturierungen erfordert - und den Erhalt der East Side Gallery bedroht.
Das Mauer-Teilstück sowie die anliegenden Grundstücke wurden nun der Stiftung Berliner Mauer übertragen. Es gebe keinen Bebauungsplan, sagte Stiftungsdirektor Axel Klausmeier am Mittwoch (21. November) in Berlin. Berliner Kultursenator Klaus Lederer sprach von einem "Tag der Freude". Für den Erhalt des Denkmals und die Pflege des Areals stellt Berlin jährlich 250.000 Euro zur Verfügung.
Nach der Maueröffnung hatten im Jahr 1990 118 Künstler aus aller Welt das Mauer-Teilstück bemalt. In den Folgejahren wurden die Kunstwerke saniert, einige verschwanden, neue entstanden. Für internationalen Protest sorgte 2013 die geplante und schließlich durchgeführte Versetzung mehrerer Segmente, um im Zuge eines Bauvorhabens für Luxuswohnungen einen Durchgang zu schaffen.
Zwiespältige Historie
Das Areal soll nun zu einer Gedenk-, Bildungs- und Kunststätte ausgebaut werden. Zwar kommen jedes Jahr rund drei Millionen Besucher an die East Side Gallery, allerdings fehlte es bislang an einer professionellen Infrastruktur. Geplant sei unter anderem eine Ausstellung über die Historie des Ortes, sagte Klausmeier.
Die zwiespältige Geschichte müsse künftig besser aufbereitet werden: "Einerseits als künstlerisches Zeugnis und Symbol der Freude über die friedliche Überwindung der deutschen Teilung und andererseits als Zeugnis des unmenschlichen Grenzregimes." Allein an diesem Teilstück der Berliner Mauer kamen zwischen 1961 und 1989 mindestens zehn Menschen ums Leben.
Jetzt sollen die Akten gewälzt werden, um besser über die Geschichte des Berliner Mauerdenkmals zu informieren.