ECHO 2012
23. März 2012Seit dem Jahr 1992 wird der Echo in Deutschland verliehen. Er gehört neben den Grammys und den Brit Awards zu den bedeutensten Musikpreisen weltweit. Immerhin ist Deutschland auch nach den großen Einbrüchen des letzten Jahrzehnts noch der drittgrößte Musikmarkt der Welt. Ob die Amerikaner allerdings auf den Echo schauen, so wie es die Deutschen mit dem Grammy tun, darf bezweifelt werden. Immerhin zeigte die Echo-Gala, dass die deutsche Popszene keinen Mangel an Talenten hat und dass deutsche Künstler zumindest im deutschsprachigen Raum ziemlich erfolgreich sein können.
Prämierte Ohrwürmer
Als erstes wurde der Radiohit des Jahres 2011 gekürt. Gestartet als Punk Band hatten Jupiter Jones nach langer Durststrecke einen der größten Ohrwürmer des Jahres geschrieben. Die vier Halunken aus der Eifel und dem hessischen Hinterland, wie sie sich selbst nennen, zeigten sich sichtlich bewegt, als sie den Echo für ihren Song "Still" entgegennahmen.
"Hinter dem Lebenswerk geht’s weiter", sagte Udo Lindenberg dereinst auf einer Echo-Verleihung. In diesem Jahr erhielt er gleich zwei Trophäen: einmal für die DVD zu seinem Album "MTV Unplugged - live aus dem Hotel Atlantic", auf der er die großen Hits seiner Karriere in neuen Versionen präsentierte, und zusätzlich den Echo für den besten Künstler Rock/Pop national. Doch Udo wäre nicht Udo, wenn er nicht schon wieder auf Achse wäre: Kaum hatte er mit Jan Delay seinen Hit "Reeperbahn" intoniert, verschwand er in die Berliner O2-Arena, wo 17.000 Fans auf seinen Auftritt warteten.
Doch nicht so wichtig?
Nicht jeder der geehrten Künstler war anwesend. Einige Preisträger, wie die Red Hot Chili Peppers, Adele oder Coldplay, wurden in der Show nicht einmal erwähnt. Und nicht jeder Künstler, der beim Echo-Event auftrat, erhielt auch einen Echo.
Verliehen wird der Preis von der Phono-Akademie, dem Kulturinstitut der deutschen Musikwirtschaft. Wichtigstes Kriterium sind CD-Verkäufe und Download-Zahlen. Wie allerdings die Nominierungen zustandekommen und wer am Ende die Preise erhält, bleibt ein wenig im Dunkeln.
Den Echo für das Video National konnten die Zuschauer selbst wählen. Auf der Internetplattform MyVideo stimmten sie für den Titel "So mach ich es", die erste gemeinsame Produktion der ehemals verfeindeten Rapper Sido und Bushido.
Nicht mehr ausgegrenzt
Als vertrauten die Macher der Show nicht allein auf die Strahlkraft der geehrten Künstler mussten immer wieder internationale Stars wie Katy Perry ran, ohne dass sie einen Preis erhielten. Auch deutsche Musiker wie Silbermond oder die Toten Hosen nutzten die Gelegenheit, ihre aktuellen Singles vorzustellen.
27 Echos werden jedes Jahr verliehen. Nicht alle Geehrten traten und treten in der Verleihungsgala auf. In dieser Hinsicht hatten es vor allem die Vertreter des deutschen Schlagers und volkstümlicher Musik oft sehr schwer. Doch gerade der Schlager, der oft jenseits der Medien stattfindet, ist so erfolgreich und hat derart treue Fans, dass er einfach nicht mehr ignoriert werden kann.
Die 27-jährige Helene Fischer konnte in diesem Jahr in der Kategorie Schlager bereits den vierten Echo entgegennehmen. Und im Bereich "volkstümliche Musik" wurde mit Andreas Gabalier ein Sänger ausgezeichnet, der ausdrücklich angetreten ist, die Volksmusik zu verjüngen.
Frauenpower und Frauenschwarm
Moderiert wurde die Echo-Gala in diesem Jahr von zwei Frauen. Mal im Doppel, mal solo, mal singend, mal blödelnd führten Barbara Schöneberger und Ina Müller, die übrigens selbst einen Echo für ihre Fernsehsendung "Inas Nacht" erhielt, durch das Programm. Als sie dann noch den Echo in der Kategorie "Sängerin Rock Pop/ National" erhielt, schien sie allerdings wirklich überrascht zu sein.
Lena, die ESC-Gewinnerin 2010 und Echo Preisträgerin 2011, vergab den Echo in der Kategorie Newcomer National an Tim Bendzko. Für den ging es übrigens fast so schnell bergauf wie seinerzeit für Lena. Und er durfte - im Gegensatz zu vielen seiner preisgekrönten Kollegen - seinen Superhit "Nur noch kurz die Welt retten" bei der Echo-Gala auch noch singen. Shaggy aus Jamaika lieferte die passende Ragamuffin-Einlage dazu.
Roman Lob, unser Star für Baku, durfte im Show-Programm natürlich auch nicht fehlen, obwohl es für den gerade gekürten Vertreter Deutschlands beim ESC wirklich noch zu früh ist für einen Echo.
David Guetta, Frauenschwarm und derzeit weltweit erfolgreichster DJ, erhielt den Echo in der neu eingeführten Kategorie Club/ Dance und betonte in seiner kurzen Dankesrede, wie wichtig die Impulse aus Deutschland für die internationale Clubmusik waren.
Junge und alte Rocker
Einen wirklich großen Auftritt hatte die Band Kraftclub zusammen mit dem Bielefelder HipHopper Casper. Der hatte gerade den Echo in der Kategorie "Hiphop National" entgegengenommen, anschließend zeigte er mit den Jungs aus Chemnitz, was richtiger Rock'n Roll ist. Kraftklub gehören zu den Aufsteigern des noch jungen Jahres 2012. Sie werden ihren Echo dann wohl im nächsten Jahr erhalten.
Einen Echo für sein Lebenswerk bekam der 60-jährige Wolfgang Niedecken. Der Kölner Sänger der Band Bap verhalf der kölschen Sprache deutschlandweit zum Erfolg. Er engagiert sich gegen Fremdenhass und unterstützt in Afrika Projekte, die ehemalige Kindersoldaten wieder in die Gesellschaft integrieren. Niedeckens alter Freund Campino, Frontman der Toten Hosen, hielt eine wirklich rührende Rede. Und Regisseur Wim Wenders war angereist, um die Trophäe zu überreichen.
Bei all dem Auf- und Abtreten von Stars und Laudatoren und den oft sehr routiniert wirkenden Dankesreden, war das einer der emotionalen Höhepunkte einer sonst eher beliebigen Veranstaltung. Und natürlich sang Wolfgang Niedecken am Ende der Show seinen größten Hit "Verdamp lang her", unterstützt von Clueso, Thomas D und Campino.
Autor: Matthias Klaus
Redaktion: Suzanne Cords