Die in der Landwirtschaft häufig eingesetzten Insektizide gefährden das Überleben von Wild- und Honigbienen, sagt die Europäische Lebensmittelbehörde in einem Bericht. Bayer sieht aber keinen Grund für Verbote.
Anzeige
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in einem am Mittwoch (28.2.2018) veröffentlichten Bericht klargestellt, dass die Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid Wildbienen, Hummeln und Honigbienen gefährden. Für die Schädlingsbekämpfungsmittel hatte die Europäische Kommission bereits ein Freiland-Verbot vorgeschlagen, die Mitgliedsstaaten der EU wollten aber vor einer entsprechenden Entscheidung den EFSA-Bericht abwarten. Sie werden voraussichtlich am 22. März über ein mögliches Verbot entscheiden.
Unsere armen Bienen
01:01
Die Experten der Behörde mit Sitz im italienischen Parma hatten diverse wissenschaftliche Studien zu dem Thema ausgewertet. "Insgesamt wurde das Risiko für die drei bewerteten Bienentypen bestätigt", sagte der Leiter des EFSA-Bereichs Pestizide Jose Tarazona. Er erklärte auch, dass verschiedene Faktoren die Risiko-Bewertung beeinflussen, etwa, auf welchem Weg die Bienen die Schadstoffe aufnehmen.
Schon geringste Mengen tödlich
Bereits im Dezember 2013 wurde der Einsatz von Neonicotinoiden EU-weit stark beschränkt. Dieser Beschluss ging auf eine frühere Risikobewertung der EFSA zurück. Experten hatten gesagt, dass bereits vier Milliardstel Gramm pro Biene tödlich für die Insekten sein könnten.
Neurobiologie-Professor Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin betonte, dass die Studie insbesondere die Anfälligkeit von Wildbienen und Hummeln aufzeige.
"Es zeigt sich auch, dass Honigbienen robuster gegenüber solchen Belastungen sind als Hummeln und Wildbienen", sagte der Forscher. "Dies liegt aber, wie wir bereits wissen, an der hohen Regelungsfähigkeit der Honigbienen-Kolonie." Menzel war nicht an der Studie beteiligt.
"Es ist eindeutig, dass auf der Grundlage dieser Beurteilung nicht mit einer Aufhebung der Anwendungssperre für diese drei Neonicotinoide zu rechnen ist", ergänzte der Bioneurologe.
Industrie lehnt weitere Verbote ab
Pharmaproduzent Bayer, ein Hersteller von Neonicotinoiden, erklärte indes nach der Veröffentlichung, dass die EFSA-Bewertung keine weiteren Einschränkungen des Einsatzes der Mittel rechtfertige. Der Hersteller sei mit der Risikobewertung "grundsätzlich nicht einverstanden."
Bayer machte methodologische Schwächen der Studie geltend. Die EFSA habe ihrer Beurteilung "einen nicht praktikablen Leitlinienentwurf zugrunde gelegt", der es unmöglich mache, "Freilandstudien durchzuführen ohne dabei Risiken zu finden". Zudem stünde die Bewertung im Widerspruch zu der Einschätzung der US-Umweltbehörde EPA und der kanadischen Aufsichtsbehörde PMRA.
Grünen-Sprecher Harald Ebner zog ein gegenteiliges Fazit. "Die Bienengifte müssen jetzt schleunigst vom Acker - der Frühling darf nicht noch stummer werden", sagte der Sprecher für Gentechnik-und Bioökonomiepolitik.
fs/cb (dpa, AFP)
Das Verschwinden der Schmetterlinge
Wir mögen Schmetterlinge. Sie sind hübsch anzusehen und stechen nicht. Umso erschütternder die Meldung, dass es immer weniger von ihnen gibt. Doch die Geschichte dahinter ist noch viel dramatischer.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Schmitt
Zartes Elfchen
Den Schmetterlingen in Deutschland - aber wahrscheinlich nicht nur da - geht es schlecht. Laut Deutscher Wildtier Stiftung gab es vor dreißig Jahren noch doppelt so viele Arten. Die Zahl der Nachtfalter ging seitdem um die Hälfte zurück, die der Tagfalter sogar um mehr als 70 Prozent! Auf dem Foto sehen Sie die "Goldene Acht", die zum Schmetterling 2017 gekürt wurde.
Bild: picture alliance /Nothegger, A./WILDLIFE
Süßer Saft
Schmetterlinge lieben Pflanzensäfte. Aus Blumen, Blüten, Büschen, möglichst viel und unterschiedliches. Doch die Vielfalt in Deutschland geht verloren. Vor allem in landwirtschaftlich geprägten Regionen dominieren Monokulturen, die Schmetterlingen keine Chance lassen.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch
Übeltäter Mais
Schuld soll der Mais sein, beziehungsweise sein enorm intensiver Anbau. 2016 wurde in Deutschland dreimal so viel Mais angebaut wie in den 1980er Jahren. Vor allem als Futterpflanze und immer öfter für Biogasanlagen. Dabei werden die meisten Äcker und Felder gnadenlos überdüngt. Da wächst nichts mehr, was Schmetterlingen schmecken könnte.
Bild: picture alliance/dpa
Schmetterlinge mögen keine Chemie
Auch Pflanzenschutzmittel vernichten Vielfalt. Wildkräuter, Büsche oder Blumen haben in Monokulturen keine Überlebenschance. Auch der Segelfalter auf diesem Bild ist in vielen Regionen Deutschlands verschwunden. Früher kam er recht häufig vor.
Bild: picture alliance/blickwinkel/S. Ott
Insektensterben
Pestizide machen aber nicht nur Schmetterlingen zu schaffen. Und genau das ist das Dilemma. Studien haben ergeben, dass es heute in manchen Gegenden bis zu 80 Prozent weniger Insekten gibt als vor 30 Jahren. Bienen, Hummeln, Libellen, Wespen, Fliegen, Käfer, Schmetterlinge - alle kämpfen wegen intensiver Landwirtschaft, Pflanzenschutzmitteln und Überdüngung ums Überleben.
Bild: picture-alliance/K. Nowottnick
Insekten und Vögel
Dieses Bild zeigt, dass das Schmetterlings- und Insektensterben nur ein Teil des Dramas ist. Denn viele Tiere - zum Beispiel Vögel oder Fledermäuse - leben von Insekten, für einige sind sie die wichtigste Futterquelle überhaupt. Der Bienenfresser auf dem Foto frisst vor allem Hummeln, Wespen, Bienen, Zikaden oder Käfer.
Erst kürzlich kam eine Studie heraus, die zeigt, dass es auch immer weniger Vögel gibt. Der Bestand der Kiebitze zum Beispiel soll in Deutschland zwischen 1990 und 2013 um 80 Prozent abgenommen haben. Das Braunkehlchen, das Sie auf dem Bild sehen, um 63 Prozent und die Zahl der Uferschnepfen um 61 Prozent. Ein Grund: Sie finden zu wenige Insekten zu fressen.
Bild: Imago/blickwinkel
Hoffnung Stadt?
Interessant ist, dass der Schmetterlingsschwund vor allem auf dem Land so deutlich ist. In Städten leben oft mehr Arten und mehr Schmetterlinge als in Dörfern. Vor allem in Parks, auf Friedhöfen, auf städtischen Brachen aber sogar in der Innenstadt finden Schmetterlinge offensichtlich die Vielfalt an verschiedenen Pflanzen, die sie brauchen. Und gespritzt wird hier auch nicht so viel.