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Politik

Ehe für alle im Eiltempo

27. Juni 2017

Erst entschied sich Kanzlerin Angela Merkel überraschend für die "Ehe für alle" - aber erst nach der Bundestagswahl. Jetzt geht alles wohl doch viel schneller. Der Bundestag könnte schon diese Woche darüber abstimmen.

Deutschland Angela Merkel mit deutscher Flagge
Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Das ist wieder so ein Tag, an dem sich die Ereignisse im politischen Berlin überschlagen: Am Dienstagnachmittag erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Unions-Angeordneten seien bei einer Abstimmung über die "Ehe für alle", also die volle Anerkennung der Eheschließung auch von Homosexuellen vor dem Standesamt, nicht mehr an den Fraktionszwang gebunden. Damit kommt es wahrscheinlich am Freitag im Bundestag überraschend  zur Abstimmung.

Merkel plötzlich für die Homo-Ehe

Am Montagabend hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel überraschend während einer Talk-Show verkündet, sie sei dafür, dass alle Abgeordneten nur nach ihrem Gewissen darüber abstimmen könnten - allerdings erst nach der Bundestagswahl. "Ich kenne bei mir in der CDU viele, und das schließe ich mich mit ein, die sich sehr viele Gedanken über dieses Thema machen, die längst sagen, da werden die gleichen Werte gelebt. Und deshalb möchte ich gerne die Diskussion mehr in die Richtung führen, dass es eher in der Richtung einer Gewissensentscheidung geht", so Merkel etwas umständlich auf eine Frage eines Zuschauers.

Abstimmung über die Ehe für alle: Kanzlerkandidat Martin Schulz und Vizekanzler Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

SPD wollte nicht länger warten

Das brachte dann am Dienstag die SPD auf den Plan. Die fordert die "Ehe für alle" schon lange. Sigmar Gabriel, Außenminister und Vizekanzler, zählte auf einer Pressekonferenz vor rund einhundert Journalisten auf, wie oft CDU und CSU in den letzten Jahren nichts hatten wissen wollen von solch einer Reform. Immer wieder, sagt Gabriel, habe er für das Thema geworben, immer wieder hätten die Konservativen das kalt abgelehnt, zuletzt im März, vor gut 100 Tagen. Und SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte, nicht bis nach der Wahl damit zu warten: "Wir glauben, dass man eine Gewissensentscheidung jetzt nicht auf die lange Bank schieben muss, die kann man auch in dieser Woche treffen. Das Gewissen ist ja nicht an Fristen gebunden", so Schulz. Gabriel, immer um gute Schlagzeilen bemüht, zitierte frei aus Schillers Don Carlos: "Madame - geben Sie Gewissensfreiheit. Und zwar jetzt." Was Merkel dann wenig später tat.

Für eine rasche Abstimmung: Martin Schulz setzte Merkel unter DruckBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Grummeln am Stammtisch

Hintergrund des Geschehens: Längst nicht alle Abgeordneten von CDU und CSU sind von der Idee der Ehe auch für Schwule und Lesben überzeugt. Merkel trieb bei ihrer überraschenden Ankündigung wohl der Wunsch, das Thema aus dem Wahlkampf heraus zu halten. Dann brachte die Ankündigung der SPD, das Thema schon jetzt auf die Tagesordnung zu setzen, Merkel unter Druck. Denn auch die Oppositionsparteien Linke und Grünen sind für die "Ehe für alle".

Eine Niederlage im Parlament gegen die SPD und die Opposition wollte Merkel aber nicht riskieren. Also stellt sie jetzt die Abstimmung frei. Klar ist auch: Zahlreiche konservative Abgeordnete werden zustimmen. Freuen werden sich die Schwulen-und Lesbenverbände, die mit so einer raschen Entscheidung nicht gerechnet hatten. Nach Umfragen hat eine Mehrheit der Deutschen nichts gegen die Homo-Ehe. Bei vielen traditionell konservativen Wählern wird Merkels Schwenk allerdings Kopfschütteln hervorrufen.

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