Colonia Dignidad-Sektenarzt bleibt frei
25. September 2018Ein chilenisches Gerichtsurteil gegen den in Deutschland lebenden ehemaligen Arzt der Siedlung Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, darf hierzulande nicht vollstreckt werden. Das Hopp zur Last gelegte Verhalten reiche nicht aus, um auch nach deutschem Recht eine Strafbarkeit zu begründen, entschied das Oberlandesgericht im nordrhein-westfälischen Düsseldorf (OLG) laut einer Mitteilung. Es sei nicht zulässig, die Strafe hier zu verbüßen. Die Entscheidung sei abschließend, weitere Rechtsmittel gebe es nicht.
Hopp war 2011 in Chile wegen Beihilfe zu sexuellem Kindesmissbrauch in 16 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Bevor seine Strafe rechtskräftig wurde, floh er nach Deutschland. Weil er nicht nach Chile ausgeliefert werden darf, hatte die dortige Justiz beantragt, dass er die Strafe in Deutschland verbüßt.
Nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen würden Hopp allerdings keine "konkreten dienlichen Handlungen" vorgeworfen, betonte nun das deutsche Gericht. Dass Hopp der Leitung der Siedlung angehörte und an der Gründung eines Internats mitwirkte, reiche nach deutschen Recht nicht, um eine Beihilfetat zu begründen. Dazu hätte der Beschuldigte konkrete Handlungen "mit unmittelbarem Bezug zu dem organisierten Tatgeschehen" begehen müssen. Die Feststellungen des chilenischen Gerichts belegten nicht, dass Hopp Schäfer in irgendeiner Weise Missbrauch ermöglicht oder erleichtert habe.
Hopp soll die rechte Hand des deutschen Colonia Dignidad-Gründers Paul Schäfer gewesen sein. In der 1961 gegründeten sektenartigen Siedlung Colonia Dignidad wurden zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet.
Die Siedlung war von dem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten und Laienprediger Schäfer nahe der Stadt Parral, rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago, gegründet worden. Schäfers Schläger folterten Oppositionelle und bildeten Folterknechte für den chilenischen Geheimdienst. Schäfer wurde 2006 wegen Kindesmissbrauchs in Chile zu 20 Jahren Haft verurteilt und starb dort 2010 im Gefängnis.
Nach dem Ende der Militärdiktatur häuften sich die Vorwürfe und Anzeigen gegen die Colonia. Außer um Kindesmissbrauch ging es auch um Steuerhinterziehung, Waffenschmuggel, Freiheitsberaubung und Drogenmissbrauch. 1991 wurde die Siedlung offiziell aufgelöst.
stu/hk (afp, dpa)