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Politik

"Wir sind nirgendwo sicher"

S. Khan Islamabad / jdw
3. November 2018

Vom Vorwurf der Gotteslästerung freigesprochen, bleibt die pakistanische Christin Asia Bibi vorerst in Haft. Nach Protesten von Islamisten geht ihr Verfahren in die Berufung. Ihr Ehemann sprach exklusiv mit der DW.

Pakistan Fall Asia Bibi | Ehemann Ashiq Masih
Fürchtet um das Leben seiner Frau und seiner Familie: Ashiq Masih, Ehemann von Asia BibiBild: Getty Images/AFP/A. Ali

DW: Herr Masih, Islamisten haben für die Todesstrafe gegen ihre Frau demonstriert. Daraufhin hat die Regierung sich mit den Anführern der Proteste auf ein Berufungsverfahren geeinigt. Wie bewerten Sie die Übereinkunft zwischen der Islamisten-Partei Tehreek-e-Labaik und der Regierung?

Ashiq Masih: Mir ist ein Schauer über den Rücken gelaufen. Meine Familie, meine Verwandten, sogar meine Freunde haben Angst. Diese Übereinkunft hätte es niemals geben dürfen. Die drei Richter haben ihr Urteil gesprochen, nachdem sie alle Aspekte des Falls betrachtet, alle Fakten analysiert und alle Widersprüche studiert hatten. Deshalb hätte die Regierung sich nie auf solch ein Abkommen einlassen sollen. Ich denke, der Oberste Gerichtshof, sollte das [in einem Berufungsverfahren] berücksichtigen.

Teil des Abkommens war, dass die Regierung sich einem Berufungsverfahren nicht entgegenstellt. Was wird nun geschehen?

Meine Frau, Asia Bibi, hat bereits viel gelitten. Sie hat zehn Jahre im Gefängnis verbracht. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs war für uns ein Hoffnungsschimmer; wir waren so froh, dass wir sie bald treffen könnten. Meine Töchter haben sich so danach gesehnt, sie frei zu sehen, aber die Berufung wird das Leid meiner Frau noch einmal verlängern. Sie wird bis zur Entscheidung im Gefängnis bleiben.

Islamisten fordern in Islamabad die Todesstrafe wegen Gotteslästerung für Asia BibiBild: Reuters/F. Mahmood

Wird es Druck auf die Justiz geben?

Die Richter sind sehr mutig, sie haben in dem Urteil wirklich sachlich entschieden. Aber nun dürften die Kleriker sich vor dem Obersten Gerichtshof versammeln und versuchen, das Urteil zu beeinflussen. Und es ist einfach falsch, ein Urteil herbeizuführen, indem Druck auf die Justiz ausgeübt wird. Ich konnte vor Gericht selbst sehen, unter welch enormem Duck die Richter standen, Asia zu verurteilen. Die untere Instanz hatte gegen uns entschieden, aber wir haben keinem Richter gedroht oder irgendetwas gegen sie gesagt. Wir sind vor das Hohe Gericht in Lahore gezogen und die Entscheidung wurde bestätigt. Aber wir haben nichts gegen die Richter gesagt, sondern jahrelang gewartet. Aber jetzt, da das Urteil zu unseren Gunsten gefallen ist, wollen diese Menschen es umkehren. Kleriker wollen beweisen, dass der Oberste Gerichtshof falsch liegt. Das ist ein Rückschlag, aber wir hoffen trotz allem, dass auch in der Berufung auf Sachebene entschieden wird.

Werden Sie sich sicher fühlen, wenn Sie zum Berufungsverfahren gehen?

Die Situation derzeit ist sehr gefährlich für uns. Wir sind nirgendwo sicher, verstecken uns hier und da, ändern ständig unseren Aufenthaltsort. Ich nehme an, die Kleriker werden am Tag der Anhörung das Oberste Gericht belagern. Und ich werde auf dem Weg dorthin große Angst haben. Aber ich glaube, Gott hat uns bisher beschützt und wird das auch weiterhin tun. Ich vertraue auf Gott.

Wie geht es Asia Bibi?

Ich habe sie nach dem letzten Urteil noch nicht gesehen. Aber bei der vorhergehenden Anhörung habe ich sie getroffen. Damals sagte sie, sie würde das Urteil akzeptieren - egal wie es ausgeht. Sie ist in großer Gefahr, ich fühle, dass ihr Leben nicht sicher ist. Wir müssen uns daran erinnern, dass vor einigen Jahren zwei Christen in Faisalabad niedergeschossen wurden, nachdem ein Gericht sie freigesprochen hatte. Auch sie waren wegen Blasphemie angeklagt. Deshalb appelliere ich an die Regierung, für Asias Sicherheit im Gefängnis zu sorgen.

Ashiq Masih ist der Ehemann der pakistanischen Christin Aasiya Noreen, besser bekannt als Asia Bibi, die zunächst wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt, dann aber freigesprochen wurde.

Das Interview führte S. Khan, Asien-Korrespondent der DW in Islamabad.

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