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Ehrgeizige Ziele

Sabine Kinkartz24. Juni 2014

Das Jahr ist zur Hälfte bereits vorbei, doch wegen des Regierungswechsels kann der Bundestag den laufenden Haushalt erst jetzt auf den Weg bringen. Trotzdem ist das mehr als reine Formsache.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble 24.06.2014
Bild: picture-alliance/dpa

Seit einem halben Jahr darf der Bund Geld nur unter Vorbehalt ausgeben. Vorläufige Haushaltsführung nennt man das. Das liegt daran, dass der Bundestag dem Etat für 2014 noch nicht zugestimmt hat. Das wird erst in dieser Woche der Fall sein. Vier Tage lang debattieren die Parlamentarier in zweiter und dritter Lesung über die Etats der einzelnen Ministerien und Verfassungsorgane, bevor der erste Haushalt der schwarz-roten Regierung am Freitag beschlossen werden soll.

Mehr als ein halbes Jahr "ohne Investitionen und mit vielen Dingen, die nicht gemacht werden konnten, das ist für das Land mit Sicherheit nicht zum Vorteil", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch zum Auftakt der Haushaltsdebatte. Monatelang habe die Regierungskoalition über den Etatentwurf diskutiert, am Ende sei dabei nicht mehr "als Trickserei" herausgekommen. Steuereinnahmen seien schöngerechnet worden, der Ansatz für die Zinsbelastungen einfach gesenkt worden. Das sei "nicht verantwortbar", so Bartsch. "Nicht jede Operation ist erlaubt."

Ehrgeiziger Ansatz

Tatsächlich hatten die Haushaltspolitiker von Union und SPD bis zuletzt an dem Etatentwurf von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gefeilt. Ursprünglich war ein Ausgabenvolumen von 298,5 Milliarden Euro bei einer Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro geplant. Die Steuerschätzung im Mai ergab allerdings, dass unter anderem bereits eingerechnete Einnahmen aus der Brennelementesteuer in Höhe von rund drei Milliarden Euro wegbrechen werden. In seiner Bereinigungssitzung am 6. Juni einigte sich der Haushaltsausschuss daher darauf, die Ausgaben auf 296,5 Milliarden zu senken.

Die von der großen Koalition beschlossenen Projekte sind davon nicht betroffen. Die Rente mit 63 wird genauso kommen wie die Mütterrente, zudem ist mehr Geld für Straßen, Bildung, Entwicklungshilfe sowie zur Entlastung der Länder und Kommunen veranschlagt. Die Forschungsausgaben sollen auf drei Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung festgeschrieben werden. Allerdings ist der Abbau der über Jahrzehnte aufgelaufenen Schulden von mehr als 1300 Milliarden Euro erneut vertagt.

Die mit 6,5 Milliarden Euro veranschlagte Neuverschuldung soll auf keinen Fall erhöht werden. Darauf legt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble allerhöchsten Wert. Der Haushalt 2014 leiste einen wichtigen Beitrag, um die zu hohe Staatsverschuldung schrittweise zurückzuführen. 2013 hat der Bund 22 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, im kommenden Jahr soll die Neuverschuldung bei Null liegen. Innerhalb von zehn Jahren soll die Gesamtverschuldung von derzeit noch rund 78 Prozent auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Damit würde Deutschland auch die Vorgaben des europäischen Stabilitätspakts wieder erfüllen.

Vorbild für Europa

Der Opposition reicht das nicht aus. "Sie machen nichts, sie sind Zocker, sie wetten auf die gute Konjunktur", kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, der die neuen Ansätze für Zinsen und Steuereinnahmen "unverschämt und dreist" nannte. "Wenn man die Neuverschuldung nicht erhöhen will, dann muss man schon alle Reserven ausschöpfen", kontert Schäuble als Rechtfertigung für den knappen Etat-Ansatz. Die Spielräume seien eng, räumt er ein. "Ich hoffe, dass wir es schaffen, bei 6,5 Milliarden Euro Neuverschuldung zu bleiben." Allerdings dürfe nichts Unvorhersehbares dazwischen kommen.

2015 soll der Bund keine neuen Schulden mehr machenBild: picture-alliance/dpa

Für Schäuble hat der Weg einer sinkenden Neuverschuldung des Staates bei gleichzeitiger Verbesserung der Investitionsbedingungen Vorbildfunktion. "Das muss auch der Weg für Europa sein." Am Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU müsse unbedingt festgehalten werden. Mit Blick auf die laufende Debatte über mehr Flexibilität bei der Auslegung der europäischen Stabilitätsregeln warnte er davor, eine Diskussion zu führen, bei der der Verdacht entstehe, man wolle alte Fehler wiederholen. "Wir haben schwere Fehler gemacht, dass wir uns nicht an die Regeln gehalten haben."

Im kommenden Jahr will Wolfgang Schäuble keine neuen Schulden mehr machen, das sagte er den Parlamentariern im Bundestag noch einmal zu. Sollte ihm das tatsächlich gelingen, dann wäre Schäuble der erste Finanzminister seit fast einem halben Jahrhundert, der mit dem auskommen würde, was der Bund einnimmt. Zuletzt hatte das 1969 der damalige Finanzminister Franz-Josef Strauß geschafft.

Den Haushaltsentwurf für 2015 wird der Bundesfinanzminister schon am kommenden Mittwoch dem Kabinett vorlegen. Der neue Etat soll das parlamentarische Verfahren wieder im üblichen Zeitplan durchlaufen. Der Bundestag wird sich also in erster Lesung im September und abschließend Ende November erneut mit den Ausgaben und Einnahmen des Bundes beschäftigen müssen.

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