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Ein Bilderbuchjahr für Angelique Kerber

Chuck Penfold
26. Dezember 2016

Lange galt sie als Tennisspielerin, der in den großen Matches die Nerven versagten - doch 2016 war Angelique Kerbers Jahr. Erste der Weltrangliste, zwei Grand-Slam-Siege, Sportlerin des Jahres - hier sind die Highlights.

Melbourne Angelique Kerber Empfang im Rathaus
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Favila

Angelique Kerbers Tank war leer, als sie das WTA-Finale Ende Oktober erreichte. Die 28-jährige Bremerin verlor in zwei Sätzen mit 6:3 und 6:4 gegen die Slowakin Dominika Cibulkova. Aber das konnte die Freude über die bei Weitem beste Saison ihrer Karriere auch nicht weiter trüben. Sie startete als Zehnte der Weltrangliste in das Jahr 2016 - und nicht viele hätten darauf gewettet, dass sie bis zum September neun Spielerinnen übersprungen haben würde.

Dabei startete das Jahr schon gut für die Deutsche, die mittlerweile im polnischen Puszczykowo wohnt, wie auch ihre Großeltern. Im ersten Turnier des Jahres, in Brisbane in Australien, schaffte Kerber es bis ins Finale, das sie dann gegen Wiktoryja Asarenka verlor. Zum ersten Grand Slam der Saison war sie also in Form. Doch die Australian Open wären für sie fast so schnell wieder vorbei gewesen, wie sie begonnen hatte.

Matchball in der ersten Runde abgewendet

"Ich war mit mehr als einem Bein schon wieder im Flugzeug nach Hause", sagte Kerber über ihr Auftaktspiel gegen die Japanerin Misaki Doi, damals die Nummer 64 der Weltrangliste. Es kam zum zweiten Tie Break, den ersten hatte Kerber verloren.

"Als ich den Matchball gegen mich hatte, habe ich den Reiz gespürt, jetzt alles zu drehen", sagte sie. Und genau das tat sie dann auch. Sie richtete den Blick nach vorn und erreichte das Finale in Melbourne, wo sie die damalige Weltranglistenerste Serena Williams mit 6:4, 3:6 und 6:4 bezwang. Und so wurde sie die erste deutsche Grand-Slam-Siegerin seit Steffi Graf, die 1999 die French Open gewann.

Kerber nach ihrem Sieg über Serena Williams bei den Australian OpenBild: Reuters/B. Malone

Auf dem Sandplatz bei den French Open in Paris folgte dann jedoch ein Rückschlag. Die Niederländerin Kiki Bertens besiegte die damals Weltranglistendritte Kerber in der ersten Runde mit 2:6, 6:3 und 3:6. "Es wird einige Tage brauchen, bis ich das hier vergessen habe", sagte sie. "Ich bin sehr enttäuscht, das war einfach nicht meine Sandplatzsaison."

"Melbourne war kein Zufall"

Die Enttäuschung war jedoch verflogen, als Kerber wenige Wochen später beim nächsten Grand Slam in Wimbledon im Finale stand - gegen Serena Williams, wie schon bei den Australian Open. Dieses Mal verlor die Deutsche zwar ein hart umkämpftes Match mit 6:4, 3:6 und 6:4. Doch der Finaleinzug allein katapultierte Kerber vor ihre Konkurrentinnen Garbine Muguruza und Agnieszka Radwanska auf Platz zwei der Weltrangliste. "Ich habe dieses Finale nicht verloren, Serena hat es gewonnen", sagte Kerber. "Ich habe gezeigt, dass Melbourne kein Zufall war."

Im August in Rio de Janeiro wollte Kerber sich dann den Traum von einer olympischen Goldmedaille erfüllen und schaffte es tatsächlich ins Finale - doch auch hier wurde sie gestoppt. Nachdem sie sich im ersten Satz an der Schulter verletzte, kam sie im zweiten Satz noch einmal zurück. Aber Monica Puig, die Nummer 34 der Weltrangliste, triumphierte am Ende mit 6:4, 4:6 und 6:1 und gewann so das erste Olympische Gold für ihr Heimatland Puerto Rico.

Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel konnte Kerber ihre Enttäuschung nur schwer verbergen. "Es ist nicht die Medaille, die ich wollte, aber es ist Silber", sagte sie. "Ich bin traurig, aber auch stolz. Ich habe mein Herz auf dem Platz gelassen. Aber Monica hat das Spiel ihres Lebens gemacht."

Nach den Olympischen Spielen ging es zu den Western & Southern Open in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio, wo Kerber schon wieder ein Endspiel verlor. Dieses Mal mit 6:3 und 6:1 gegen die Tschechin Karolina Pliskova.

Williams vom Thron gestoßen

Zu Beginn der US Open drängte sich eine Frage auf: Würde Kerber es im letzten Grand Slam der Saison gelingen, Serena Williams von Platz eins der Weltrangliste zu verdrängen? Die Deutsche weigerte sich jedoch, sich dazu zu äußern. Sie wollte sich ganz auf ihre Performance konzentrieren. Als sie dann das Finale erreichte, stand sie bereits als neue Weltranglistenerste fest, weil Williams schon im Halbfinale aus dem Turnier stolperte. Kerber hingegen traf im Finale wieder auf Pliskova, wie schon einige Wochen zuvor. Anders als in Ohio behielt die Deutsche dieses Mal aber die Oberhand und gewann mit 6:3, 4:6 und 6:4 ihren zweiten Grand-Slam-Titel des Jahres - die Bestätigung, dass sie zu Recht an der Weltspitze steht.

Nach den US-Open war Kerber die neue WeltranglistenersteBild: picture-alliance/AP Photo/A. Kudacki

Wenige Wochen später stand das Gipfeltreffen der acht besten Tennisspielerinnen der Welt in Singapur an. Nur Williams fehlte wegen einer Schulterverletzung. Kerber spielte ein starkes Turnier, überstand die Gruppenphase ohne Probleme und bezwang unter anderem die Vorjahressiegerin Radwanska. Im Finale unterlag sie dann jedoch Cibulkova.

Eine neue Mentalität

Kerbers Entwicklung ist besonders beeindruckend, wenn man bedenkt, wo sie fast genau ein Jahr zuvor stand: 2015 brauchte sie in Singapur gegen Lucie Safarova nur noch einen Satz, um ins Halbfinale einzuziehen. Doch Kerber hielt dem Druck nicht stand und schied aus dem Turnier aus. Dieser Rückschlag veränderte ihre Einstellung maßgeblich.

"Ich glaube ich bin zwölf Monate später eine ganz andere Spielerin, eine ganz andere Person, und der Druck ist nicht mehr so das Hindernis", sagte sie. Im nächsten Jahr wird noch ein für sie ganz neuer Druck hinzukommen: Kerber will 2017 die Spitze der Weltrangliste verteidigen.

Trotz der Finalniederlage im letzten Spiel der Saison endete Kerbers Jahr 2016 positiv. Mitte November gewann sie einen Bambi in der Kategorie Sport, wenige Stunden vorher hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama sie im Zuge seines Abschiedsbesuchs in Berlin zum Mittagessen eingeladen.

Als dann Mitte Dezember die Wahl zur Sportlerin des Jahres in Baden-Baden anstand, war wohl niemand mehr überrascht, wer hier letztlich ganz oben auf dem Podium landete. Natürlich, es war Angelique Kerber.

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