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Ein Bombengeschäft

Frank Sieren (Peking)12. Februar 2014

China rüstet sein Militär rasant auf. Allerdings heißt das noch lange nicht, dass Peking tatsächlich in einen Krieg verwickelt werden will - meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

Chinas Flugzeugträger Liaoning (Foto: AP/Xinhua)
Bild: picture-alliance/AP

China ist mächtig stolz auf seinen ersten eigenen Flugzeugträger. Die Liaoning wurde zwar schon vor über einem halben Jahr zu Wasser gelassen. Trotzdem wird Chinas Staatsfernsehen nicht müde, noch immer mehrmals pro Woche zu zeigen, wie Piloten Starts und Landungen auf dem Schiff mit seinem charakteristischen, nach oben gezogenen Bug, üben.

Schon bald soll die Liaoning Verstärkung kriegen. Anders als dieser erste Flugzeugträger, den die Chinesen noch der Ukraine abkauften und aufwändig modernisierten, sollen die beiden neuen Schiffe dieser Art komplett selbst gebaut werden. Die Rümpfe sind schon fertig. Der Bau eines Flugzeugträgers ist inzwischen für Chinas Ingenieure ein lösbares Problem. Auch neue Stealth-Kampfflugzeuge, Kampfbomber, Kampfhubschrauber, Großraumtransporter, Aufklärungs- und Kampfdrohnen bauen sie inzwischen selbst. Stolz lässt das Militär sie im chinesischen Fernsehen vorführen. Sogar an einem Hyperschallgeschoss soll die Armee bereits forschen. Mit so einer Waffe, an der gerade auch die USA arbeitet, könnten künftig weltweit sämtliche Ziele binnen weniger Minuten erreicht und zerstört werden. China modernisiert sein Militär in einem Tempo, dass einem Angst und Bange werden kann.

Verdreifachung der Militärausgaben im letzten Jahrzehnt

Allein in den zehn Jahren von 2001 bis 2011 stiegen die Militärausgaben im chinesischen Staatshaushalt um fast 190 Prozent an. Und das zu einer Zeit, in der sich das Land im Ostchinesischen Meer erbittert mit Japan um eine Inselgruppe streitet, langsam die Geduld verliert und mit Taiwan zwar Gespräche führt, die Spannungen aber noch längst nicht überwunden sind. Sind das die Gründe, warum China aufrüstet? Stellt China sich auf eine militärische Auseinandersetzung ein?

Das ist eher unwahrscheinlich. Die Chinesen haben kein Interesse, dass ein Konflikt, dessen Ausgang nicht kalkulierbar ist, ihr Wirtschaftswachstum einbrechen lässt. Allein im vergangen Jahr verkauften die Chinesen Waren im Wert von 148 Milliarden Dollar nach Japan, umgekehrt waren es sogar knapp 200 Milliarden Dollar. Es ist einstweilen für China viel geschickter, sich auf Waren zu verlassen um seine Macht auszubauen. Deshalb ist auch nichts passiert, als es Ende vergangenen Jahres einen kritischen Zwischenfall gab: Eine Fregatte der Chinesen und ein US-Zerstörer waren beinahe kollidiert, weil keines der Schiffe von seinem Kurs abweichen wollte. Allerdings öffnete niemand gleich die Torpedorohre. Stattdessen telefonierten sich die Länder schnell auf hoher Ebene zusammen und klärten die Situation. Und auch für die Japaner, die in Asien an Einfluss verlieren, ist die Lage längst nicht so aussichtslos, dass nur noch ein Befreiungsschlag helfen kann. Premier Abe musste sogar seiner Schutzmacht Amerika jüngst versprechen, dass er nicht mit dem Feuer spielt.

Frank Sieren, DW-Korrespondent in PekingBild: Frank Sieren

Interessen als kommende Weltmacht

Die chinesische Aufrüstung lässt sich viel einfacher erklären: China muss nicht nur sein Sozialsystem, seine Infrastruktur, sein Finanzsystem, seine Staatsbetriebe, sondern eben auch seine Armee modernisieren. Dass die Volksbefreiungsarmee noch am Anfang dieses Modernisierungsprozesses steht, zeigen die absoluten Zahlen: Während China nach westlichen Schätzungen nur 112 Milliarden US-Dollar im Jahr für Rüstung ausgibt, sind es in den USA mehr als 600 Milliarden. Aber warum dann überhaupt Rüstung? Weil China seine Interessen als Weltmacht wahren will. Die neuen Flugzeugträger sollen zum Beispiel sicherstellen, dass niemand die Ressourcennachschubwege der Chinesen abschneiden kann.

Anders als die USA, die durch eigene Produktion immer unabhängiger von Ölimporten sind, bleibt China auf Rohstoffe aus der Region angewiesen. Allerdings: Peking hat aus den Fehlern der Amerikaner gelernt und benimmt sich nicht wie der Elefant im Porzellanladen. Pekinger Politiker sind zwar keine Pazifisten, aber sie sind es gewohnt, Kosten gegen Nutzen nüchtern abzuwägen. Sie haben gesehen, dass die großen Invasionen, wie sie Washington gleich zwei Mal im Irak und einmal in Afghanistan führte, leichter begonnen als sauber wieder beendet werden können. Und vor allem: Ihr Nutzen ist gering. Hätten die USA im vergangenen Jahrzehnt weniger Ressourcen in kriegerische Auseinandersetzungen gesteckt und sich auf den Umbau ihrer Wirtschaft konzentriert, wären sie jetzt wahrscheinlich nicht so hoch verschuldet und die Chinesen nicht ihre größten Gläubiger.

Waffen als Ware

China wird seine finanzielle Unabhängigkeit nicht wegen eines Krieges aufs Spiel setzen, vor allem nicht gegen die Verbündeten einer Weltmacht, deren größter Gläubiger sie sind. Die kann man einfacher abstrafen, sollte dies nötig sein.

Ein wichtiges Argument des Militärs für eine Aufrüstung jenseits des Krieges ist ein wirtschaftliches. Waffen sind ein sehr lukrativer Wirtschaftszweig, den die Chinesen nicht den Deutschen und vor allem nicht den Amerikanern überlassen wollen. Dies zeigte sich jüngst in der Türkei. Das Nato-Mitglied wollte neue Luftabwehrraketen einkaufen und gab erstmals einer Firma aus Fernost den Zuschlag. Das Angebot war 25 Prozent günstiger als das von Lockheed Martin.

Noch ist die US-Firma der größte Rüstungskonzern der Welt. Doch auch hier werden sich die Verhältnisse bald ändern. China hat gerade erst angefangen, das Milliardengeschäft aufzumischen. Deshalb lautet einstweilen Pekings Devise: Waren statt Waffen, um ihre internationale politische Macht auszubauen. Und in der Wirtschaft läuft es nach dem Motto: Waffen als Ware.