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Gesellschaft

Ein Drittel weniger Mittelmeer-Flüchtlinge

30. August 2019

Seit Anfang 2019 sind rund ein Drittel weniger Menschen über das Mittelmeer in die EU gekommen als im Vorjahreszeitraum. In Italien fiel die Zahl besonders drastisch. Die meisten kommen in einem anderen Land an.

Seenotrettung im Mittelmeer - "Alan Kurdi"
Anfang Juli hatte das Rettungsschiff "Alan Kurdi" diese Menschen von ihrem überfüllten Schlauchboot aufgenommenBild: picture-alliance/dpa/Sea-Eye/F. Heinz

Rund 46.500 Migranten und Flüchtlinge sind laut den Vereinten Nationen seit Beginn des Jahres mit Booten über das Mittelmeer nach Europa gekommen (Stand 28. August). Im Vergleichszeitraum im Jahr davor seien noch 68.000 Migranten und Flüchtlinge in Europa an Land gegangen, teilte die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM) mit.

Auch die Zahl der Todesfälle sank, allerdings stärker, nämlich um rund 41 Prozent. Der IOM zufolge starben mehr als 900 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren. Im Vorjahreszeitraum seien es 1562 Todesfälle gewesen. Die Dunkelziffer könnte jeweils weitaus höher liegen, hieß es.

An erster Stelle: Griechenland

Fast die Hälfte der überlebenden Bootsflüchtlinge erreichte über die östliche Mittelmeerroute Griechenland. An zweiter Stelle steht Spanien, wo knapp 15.000 Menschen über die westliche Route ankamen. Dementsprechend erreichten 82 Prozent der Mittelmeer-Migranten die europäische Küste in einem der beiden Länder.

Tagelang mussten Flüchtlinge auf der "Open Arms" im August in Sichtweite zu Lampedusa ausharren, bis sie an Land durftenBild: picture-alliance/dpa/F. Bungert

In Italien kamen dagegen nur 4900 Personen an - 75 Prozent weniger als im Vorjahr. Die UN-Organisation erklärte die gesunkene Gesamtzahl der Bootsflüchtlinge mit der restriktiven Flüchtlingspolitik europäischer Staaten. So verbietet Italien privaten Seenotrettungsschiffen mit Migranten an Bord die Einfahrt in seine Häfen.

In Malta allerdings - das Flüchtlingsrettungsschiffen auch wiederholt das Anlanden verweigert hatte - kamen seit Jahresanfang dreimal mehr Flüchtlinge an als im Vorjahreszeitraum. Die größte Steigerung verzeichnet jedoch Zypern. Von Januar bis August (rund 1240) kamen sieben Mal mehr Flüchtlinge über das Meer als im selben Zeitraum im Vorjahr (rund 180).

"Ansturm" auf Lesbos

Noch nicht in die Statistik eingerechnet sind mehrere Hundert Migranten, die am Donnerstag von der Türkei zur griechischen Insel Lesbos übersetzten. Unterschiedlichen Angaben zufolge kamen 540 bis 650 Menschen in mehreren Booten an. Man habe "eine Art Ansturm" gehabt, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. "Woran das liegt, kann ich nicht sagen."

Mittelmeer: Seenotrettung aus der Luft

03:52

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Alle Migranten wurden den Angaben zufolge bereits ins völlig überfüllte Registrierlager von Moria gebracht. Laut der Organisation Ärzte ohne Grenze hielten sich dort bereits 11.000 Menschen auf, obwohl das Camp nur Platz für bis zu 3000 habe. Unterdessen kündigte die Regierung an, 1000 Personen von Lesbos auf das Festland verlegen zu wollen.

Es handelt sich damit um die meisten Migranten, die seit dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Flüchtlingspaktes im Jahr 2016 an einem einzelnen Tag in Griechenland angekommen sind. Der Flüchtlingspakt sieht vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug nehmen EU-Staaten der Türkei schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien ab und finanzieren Hilfen für in der Türkei lebende Flüchtlinge.

Das Flüchtlingslager "Moria" auf der griechischen Insel Lesbos ist völlig überbelegt (Archiv)Bild: AFP/A. Messinis

Der griechische Außenminister Nikos Dendias rief die Türkei auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen, Migranten von der Einreise nach Griechenland abzuhalten. Dazu bestellte er den türkischen Botschafter ins Außenministerium in Athen ein, wie mehrere Quellen berichteten. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hatte es Tage gegeben, an denen rund 7000 Migranten über die Türkei griechische Inseln erreichten.

Bald eine Einigung?

Um einer Lösung in der Seenotrettung und der Verteilfrage der Flüchtlinge innerhalb der EU näherzukommen, hat Maltas Regierung Deutschland und andere Staaten zu einem EU-Sondertreffen eingeladen. Angestrebt wird eine Übergangsregelung, die verhindert, dass Italien und Malta Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in ihre Häfen untersagen. Beide Staaten hatten dies mehrfach getan, bis nach mühsamen Gesprächen andere EU-Staaten zusagten, ihnen die Migranten abzunehmen. Teilweise mussten die Menschen bis dahin wochenlang an Bord der Schiffe ausharren.

Derzeit suchen zwei Flüchtlingsschiffe einen sicheren Hafen. Auf dem Schiff "Eleonore" befinden sich nach Angaben der Crew mehr als 110 Gerettete. Auf der "Mare Jonio" warten noch mehr als 30 Migranten, nachdem Frauen, Kinder und Kranke von der italienischen Küstenwache abgeholt wurden, wie die Hilfsorganisation Mediterranea mitteilte.

ust/hf (epd, iom, dpa, afp, rtr)

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