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Politik

Ein Duell der Inhalte in Frankreich

Nina Niebergall
21. März 2017

Zum ersten Mal sind die fünf aussichtsreichsten Kandidaten auf die französische Präsidentschaft bei einer Fernsehdebatte aufeinander getroffen. Wer sind die Sieger, wer die Verlierer? Ein Blick auf die Reaktionen.

Frankreich TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten
Bild: Getty Images/AFP/P. Kovarik

Die Kandidaten ein wenig angespannt, ihre Reden gestelzt - so beschreibt die konservative Tageszeitung "Le Figaro" den Beginn der Debatte im französischen Fernsehen. "Alle scheinen zu befürchten, mit einem irreparablen Fehler zu starten."

Brennstoff, an dem sich die Diskussion hätte entzünden können, war reichlich vorhanden: Seit Wochen stehen Korruptionsvorwürfe gegen den konservativen Kandidaten François Fillon im Raum. "Front National"-Chefin Marine Le Pen provoziert ihre politischen Gegner immer wieder mit rechtspopulistischen Äußerungen zur Europäischen Union, Zuwanderung und dem Islam. Viele Augen werden sich auch auf Emmanuel Macron gerichtet haben, der sich zum ersten Mal im politischen Schlagabtausch zu behaupten hatte. Der sozialliberale Kandidat der Bewegung "En marche" führt derzeit die Umfragen an.

Drei Stunden, knapp zehn Millionen Zuschauer

Dann ging sie los, die dreistündige Diskussion über Migration, Bildung, Säkularismus und die französische Wirtschaft. Durchschnittlich 9,8 Millionen Fernsehzuschauer sahen zu, wie die fünf Präsidentschaftskandidaten ihre Argumente austauschten. Diese Zahl ermittelte der Sender TF1, der die Debatte ausstrahlte. Zwischenzeitlich hätten sogar bis zu 11,5 Millionen Zuschauer
eingeschaltet, hieß es.

Le Pen konzentrierte sich auf ihre Standardthemen: "Schutz der Grenzen", "Sicherheit für alle Franzosen", "Protektionismus". Das französische Volk müsse "seine Souveränität zurückerlangen", forderte sie. Le Pen steht im Wahlkampf für eine Rückkehr zur eigenen Währung und ein Referendum über den Ausstieg aus der EU. So machte sie Brüssel auch in der Fernsehdebatte für "Arbeitslosigkeit und Armut" verantwortlich.

In der Wirtschaftspolitik knallten konträre Positionen aufeinander. Fillon kritisierte Le Pens Forderung nach einem Ausstieg aus dem Euro. Damit sei sie der "Serienkiller der Kaufkraft". Eine weitere Konfrontation entzündete sich am Thema Arbeitszeit. Hier standen Fillon und Macron gegen die beiden linken Kanidaten Jean-Luc Melenchon und Benoit Hamon, die für weniger Arbeitsstunden pro Woche eintraten

Wieder der Burkini

Für viele der Star am französischen Polit-Himmel: Emmanuel MacronBild: Reuters/P. Kovarik

Auch eine Kontroverse aus dem vorigen Jahr wärmten die Diskutanten noch einmal auf: den Burkini. So fragte Le Pen herausfordernd: "Emmanuel Macron, Sie waren für den Burkini, oder?" Macron konterte: "Sie tappen in die Falle, die Franzosen zu spalten. Das hat nichts mit der Laizität zu tun." Im Netz wurde Macron für seine sachliche Antwort über die in Frankreich geltende strikte Trennung von Kirche und Staat gefeiert.

Die Begriffe "Burkini" und "Konkordat" - ein Vertrag zwischen Staat und dem Vatikan - waren dann auch die bis 23 Uhr am meisten über Google gesuchten Worte.

 

Als es um Außenpolitik ging, eckte vor allem Kandidat Melenchon an. So forderte er den Austritt Frankreichs aus der Nato und die Schaffung eines "Friedensblocks" mit Russland, wobei auch die Grenzen zur Ukraine "neu besprochen" werden müssten.

Macron positionierte sich klar pro-europäisch und trat für eine engere Partnerschaft mit Deutschland ein, lobte gar die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Ich habe Fehler"

Für Fillon hätte es schlimmer kommen können. Denn die Moderatoren mieden das Thema "politische Moral" weitestgehend. So ließ sich der Kandidat der Partei "Les Républicains" nicht auf das Minenfeld der Affäre um den Verdacht einer Scheinbeschäftigung seiner Frau führen. Nur am Rande, aber in gesetztem, staatsmännischem Ton erklärte er: "Ich habe Fehler, wer hat das nicht." 

Am Ende wirft Le Pen ihrem Kontrahenten Macron vor, minutenlang zu reden und doch nichts zu sagen. Twitter-Nutzer werten das als Punkt für die Rechtspopulistin im Fernsehduell.

In einer Blitzumfrage nach dem TV-Marathon gab es dennoch einen klaren Sieger: Macron. 29 Prozent der Befragten fanden ihn am überzeugendsten, gefolgt von Mélenchon mit 20 und Fillon mit 19 Prozent. Gar 30 Prozent attestieren Macron das beste Programm und 31 Prozent, er habe die richtigen Eigenschaften, um Präsident zu werden. Bei dieser Frage folgen Fillon mit 24 und Le Pen mit 17 Prozent.

Konträre Inhalte, ideologische Spaltung

Wurde ihrer Rolle als Provokateurin gerecht: Marine Le PenBild: Reuters/P. Kovarik

Die linksgerichtete Pariser Tageszeitung "Liberation" fasst die Positionen der einzelnen Kandidaten zusammen: "Rechtspopulistin Marine Le Pen schlägt eine nationalistische, fremdenfeindliche und anti-europäische Zäsur vor. François Fillon steht für ein liberales und konservatives Projekt, das an Margaret Thatcher erinnert. Emmanuel Macron verkündet einen modernen Zentrismus, der auf sozial-liberalen Ideen fußt. Und der Sozialist Benoit Hamon wie auch der Linkspartei-Gründer Jean-Luc Melenchon streben eine sozial-ökologische Zäsur an und wollen den Konsum und das Wachstum wieder ankurbeln." Daraus schließt das Blatt: "Die Wähler stehen vor einer Grundsatzentscheidung, die den Ausschlag über die Zukunft des Landes gibt."

Im Laufe der Debatte sei die Spaltung zwischen rechts, Mitte und links offenkundig geworden, meint auch "Le Figaro". Zusätzlich seien anti- und pro-europäische Positionen aufeinander geprallt. Die Zeitung resümiert: "Schließlich war es eine Debatte zurück zu Inhalten und weg von Affären".

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