1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ein E-Werk wird Gedenkstätte

Nina Werkhäuser5. Juli 2004

Sechs Jahrzehnte gab es keins. Doch jetzt baut Polen ein Museum zum Warschauer Aufstand von 1944 - den die Deutschen oft mit dem Ghetto-Aufstand verwechseln. Das Museum zeigt Erinnerungen in der Atmosphäre von damals.

Virtuell schon fertig: Das Museum zum Aufruhr in Polens Hauptstadt

Als die Rote Armee im Sommer 1944 auf Warschau vorrückt, schlagen die Untergrund-Kämpfer der polnischen "Heimatarmee" gegen die deutschen Besatzer los. Doch sie haben keine Chance. 150.000 Warschauer kommen um. Deutsche Sprengkommandos legen die noch unversehrten Teile der Stadt in Schutt und Asche. 200.000 Warschauer werden in Konzentrationslager oder zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht.

Nun gibt es endlich eine Stätte zum Gedenken an diesen Warschauer Aufstand: Sechs Jahrzehnte danach wird im Zentrum der polnischen Hauptstadt das "Muzeum Powstanie Warszawskiego" gebaut.

Altes Gemäuer wird moderne Gedenkstätte

Durchgesetzt hat diesen Plan der jetzige Bürgermeister Warschaus, dessen Vater selbst im Aufstand kämpfte. Jetzt muss alles schnell gehen, die Bauarbeiter haben kaum Zeit für eine Kaffeepause: Bis zum 1. August 2004, dem 60. Jahrestag, soll aus dem alten Warschauer Elektrizitätswerk für Straßenbahnen ein Museum werden. In drei Schichten wird rund um die Uhr gearbeitet. Zur Eröffnung soll auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder kommen.

Bald soll das 100 Jahre alte Gemäuer eines der modernsten Museen Polens beherbergen. Dass es dieses Museum überhaupt geben wird, ist nicht selbstverständlich. Der Umgang mit dem Warschauer Aufstand war bisher ein Wechselbad der Gefühle: In kommunistischer Zeit wurde er abwechselnd totgeschwiegen, als Fehler bewertet oder zu Propagandazwecken ausgeschlachtet. Das lag nicht zuletzt an der umstrittenen Rolle der Roten Armee, die den Kämpfen vom anderen Weichselufer aus tatenlos zusah.

Wissenschaft und persönliche Erinnerungen

Anders als für den Aufstand der jüdischen Ghettobewohner 1943 wurde für den Warschauer Aufstand kein Denkmal gebaut. Noch heute ist die Erforschung des vielschichtigen Geschehens in vollem Gange, allein die grundsätzliche Bedeutung des Aufstands ist unter Historikern geklärt.

Das Museum soll aber keineswegs einseitig mit der schwierigen Geschichte umgehen. 20 Historiker begleiten die Arbeit an der Ausstellung wissenschaftlich. Hinzu kommen die Erinnerungen und Dokumente unzähliger Zeitzeugen. Als das Museum die ehemaligen Kämpfer um persönliche Erinnerungsstücke bat, war der Ansturm unerwartet groß, berichtet die Pressesprecherin des Museums, Lena Dabkowska-Cichocka: "So haben wir zum Beispiel eine Kiste mit medizinischen Instrumenten bekommen, die ein Arzt während des Aufstands benutzt hat. Sie sehen ziemlich primitiv aus, haben aber viele Leben gerettet."

Ein Gefühl wie vor 60 Jahren

Das Museum zum Warschauer Aufstand setzt auf Effekte von Licht und Dunkelheit

Ganz wichtig ist den Ausstellungsmachern, dass die Atmosphäre wieder spürbar wird, die in Warschau zur Zeit des Aufstands herrschte. Deshalb wird mit Tönen gearbeitet, mit Licht und Dunkelheit, mit riesigen Fotos. Die Besucher werden über altes Kopfsteinpflaster laufen. Auf einer Mauer hinter dem Museum werden die Namen Tausender Gefallener eingraviert.

Verstaubte Vitrinen wird es hier nicht geben, stattdessen werden Zeitzeugen ihre Geschichte erzählen. Auch Besucher aus dem Ausland werden in diesem Museum nicht mit Inschriften nur auf Polnisch alleine gelassen, betont Lena Dabkoswka-Cichocka. Sie freut sich auch auf Gäste aus Deutschland: "Natürlich wird es für die deutschen Besucher nicht ganz leicht sein, das alles anzusehen, denn es waren die Deutschen, die den Aufstand niedergeschlagen und Warschau zerstört haben." Für die Polen sei es auch nicht leicht. Aber: "Es ist vorbei, es ist Geschichte, und diese Geschichte können wir nicht ändern."

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen