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Ein fantastisches Jahr

Andreas Sten-Ziemons27. Dezember 2013

Fußballerisch lief es 2013 für Deutschland rund: Zwei deutsche Clubs im Finale der Champions League, eine souveräne WM-Qualifikation und der EM-Titel für die Frauen. Aber war wirklich alles so toll?

UEFA Champions League Finale (FC Bayern München gegen Borussia Dortmund)
Bild: Reuters

Spätestens als am 1. Mai feststand, dass mit dem FC Bayern München und Borussia Dortmund zwei deutsche Vereine das Champions-League-Finale bestreiten würden, war klar, dass 2013 ein großartiges Jahr für den deutschen Fußball wird. Da die beiden Bundesligisten zudem mit Real Madrid und dem FC Barcelona im Halbfinale zwei spanische Clubs ausgeschaltet hatten, war sogar schon von einer Wachablösung die Rede. Das Finale im Londoner Wembley-Stadion gewannen die Bayern mit 2:1 und setzten sich zwölf Jahre nach dem Champions-League-Sieg von 2001 wieder die europäische Fußballkrone auf. "Wenn man eine goldene Generation werden will, dann muss man einen internationalen Titel gewinnen", ordnete Bayern-Kapitän Philipp Lahm die Bedeutung des Sieges ein. "Der internationale Titel, das ist das, was sich die Leute merken und was man auch als Fußballer mal erreichen will, wenn man bei so einem Top-Verein spielt. Und das ist uns heute endlich gelungen." Mit der überlegenen Deutschen Meisterschaft und dem Pokalsieg gelang sogar das Triple. Hinzu kam der europäische Supercup, den man im Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea errang. Bayern München war ganz oben und blieb dort auch bis zum Ende des Jahres.

Da störte es auch nicht, dass mit Pep Guardiola ein neuer Trainer kam. Der smarte Erfolgscoach des FC Barcelona übernahm das Zepter von Jupp Heynckes und schaffte es binnen kürzester Zeit, der Mannschaft seinen Stempel aufzudrücken. Mit Mario Götze, der unter viel Getöse für 37 Millionen Euro von Konkurrent Borussia Dortmund losgeeist wurde, und Thiago Alcantara, den Guardiola noch aus Barcelona kennt, wurde die Qualität des Kaders weiter erhöht. Außerdem kitzelte der Spanier aus seinen Spielern noch mehr heraus: Außenverteidiger Philipp Lahm machte überragende Spiele im defensiven Mittelfeld, Europas Fußballer des Jahres, Franck Ribéry, zeigt sich in der Form seines Lebens und schafft es sogar in die Endauswahl zum Weltfußballer. Am Ende der Hinrunde führen die Bayern die Bundesliga so überlegen an, dass bereits Langeweile aufkommt. 41 Partien in Folge haben sie mittlerweile in der Liga nicht mehr verloren. Und zum Jahresabschluss holten sich die Bayern auch noch zur Krönung des erfolgreichsten Jahrs der Vereinsgeschichte den Titel bei der Klub-WM in Marokko.

Pep Guardiola übernahm die BayernBild: picture-alliance/dpa

Gute Leistungen und einige Baustellen

Beeindruckend lief auch die WM-Qualifikation der deutschen Nationalmannschaft. In zehn Qualifikationsspielen gab es neun Siege und ein Unentschieden. Das Torverhältnis betrug 36:10 und der Vorsprung auf die zweitplatzierten Schweden acht Punkte. Eine souveräne WM-Qualifikation. Allerdings offenbarte die Elf von Bundestrainer Joachim Löw in diesem Länderspieljahr auch ungewohnte Schwächen: Im Testspiel gegen Paraguay (3:3) und zum Abschluss der WM-Qualifikation in Schweden (5:3), zeigte sich die Innenverteidigung nicht auf der Höhe und ermöglichte dem Gegner einfache Tore. Aus dem zur Verfügung stehenden Trio Per Mertesacker, Jérôme Boateng und Mats Hummels das beste Pärchen für die zentrale Defensive herauszupicken, wird eine der Aufgaben Löws im kommenden halben Jahr vor der WM sein.

Die Nationalelf um Kapitän Lahm meisterte die WM-Qualifikation souverän - nun soll der Titel herBild: picture-alliance/dpa

Eine weitere Baustelle ist die Position des Linksverteidigers. Nachdem Kapitän Philipp Lahm wieder dauerhaft auf der rechten Seite eingesetzt wird, durften sich Marcel Schmelzer von Borussia Dortmund (sechs Einsätze im Jahr 2013) und Hamburgs Marcell Jansen (8) versuchen. Jansen hinterließ einen etwas besseren Eindruck als Schmelzer, auf dem Niveau von Lahm agierten aber beide nicht. Außerdem plagt den Bundestrainer die Verletzungsmisere im defensiven Mittelfeld. Der eigentlich gesetzte Ilkay Gündoğan machte im August gegen Paraguay sein bislang letztes Pflichtspiel und pausiert seitdem mit Rückenproblemen. Bastian Schweinsteiger musste sich Anfang November erneut einer Operation am Sprunggelenk unterziehen und Sami Khedira erlitt im Testspiel in Italien einen Kreuzbandriss. Seine rechtzeitige Rückkehr in die Nationalelf zur WM-Vorbereitung im Mai ist mehr als fraglich.

"Es gibt für mich zwei Schwerpunkte", so formuliert es Bundestrainer Löw selbst. "Insgesamt die Defensive mehr zu stabilisieren. Das beginnt vorne. Wenn alle bei uns am Limit verteidigen können und müssen, dann ist es natürlich für unsere Mannschaft von Vorteil. Und: Beim Spiel im letzten Drittel, beim letzten Pass, bei finalen Aktionen können wir uns auch noch verbessern." Genug zu tun also für Löw und sein Trainerteam, deren Verträge im Oktober bis nach der Fußball-Europameisterschaft 2016 verlängert wurden. Das sorgt für Ruhe im Vorfeld der WM im kommenden Jahr. Wie stimmungsvoll die Weltmeisterschaft werden kann, zeigte der Confed-Cup im Juli, den Gastgeber Brasilien überlegen gewann. Allerdings offenbarten sich rund um das Vorbereitungsturnier auch die Schattenseiten der WM. Immer wieder kam es zu Demonstrationen und Protesten der Bevölkerung, die Investitionen in die Sozialsysteme statt teurer Stadien forderten. In Brasilien soll für die DFB-Elf dann endlich der ersehnte vierte WM-Titel her. Die Gruppenauslosung im Dezember bescherte der deutschen Mannschaft mit Portugal, Ghana und den USA zwar durchweg anspruchsvolle, aber machbare Aufgaben.

Nadine Angerer Superstar

Wie es mit dem Titelgewinn gehen könnte, haben in diesem Jahr erneut die Frauen vorgemacht. Im Juli sicherte sich die deutsche Mannschaft ihren achten EM-Titel. Gegen Norwegen gelang ein 1:0-Sieg, bei dem Anja Mittag den entscheidenden Treffer erzielte, aber dennoch nicht die Matchwinnerin war. Diesen "Titel" klaute ihr die deutsche Torfrau Nadine Angerer, der es gelang, zwei Elfmeter der Norwegerinnen zu halten. Folgerichtig wurde Angerer, die ehemalige Frankfurterin, die mittlerweile in Australien bei Brisbane Roar ihr Geld verdient, zu Europas Fußballerin des Jahres gewählt und für die Wahl zur Weltfußballerin nominiert. Dass der deutsche Frauenfußball nicht nur bei den National-, sondern auch bei den Vereinsmannschaften das Maß aller Dinge ist, zeigte der Triple-Gewinn des VfL Wolfsburg, der neben Meisterschaft und Pokal auch die Champions League gewann.

Nadine Angerer hielt im EM-Finale zwei ElfmeterBild: picture-alliance/dpa

Steueraffäre und Phantom-Tor

War also 2013 alles eitel Sonnenschein im deutschen Fußball? Nicht ganz! Zwar lief es sportlich für Bayern München bestens, überschattet wurde das Bayern-Jahr aber durch die Steueraffäre um Präsident Uli Hoeneß. Der langjährige Bayern-Macher machte im Januar eine Selbstanzeige: Er hatte jahrelang Kapital in der Schweiz angespart aber dafür keine Steuern gezahlt. Durch die Selbstanzeige hoffte Hoeneß einen Prozess vermeiden zu können. Doch im November entschied das Landgericht München, die Klage der Staatsanwaltschaft zuzulassen. Ab März 2014 muss sich Hoeneß vor Gericht verantworten, es droht im schlimmsten Falle sogar eine Gefängnisstrafe.

Erneut aufgeflammt ist die Diskussion um die Einführung der Torlinientechnik. Am 9. Spieltag erzielte Leverkusens Stefan Kießling in Hoffenheim ein Phantom-Tor. Der Ball ging ans Außennetz, flutschte aber durch ein kleines Loch im Netz ins Torinnere. Der Schiedsrichter gab den Treffer und das DFB-Sportgericht lehnte den Protest der Hoffenheimer mit Hinweis auf die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters ab. Im Frühjahr 2014 will die Deutsche Fußball-Liga (DFL) nun entscheiden, wann die Torlinientechnik nun endgültig eingeführt wird – möglich wäre es schon zum Start der kommenden Saison.

Seit dem Phantom-Tor von Hoffenheim wird wieder über Torlinientechnik diskutiertBild: Getty Images

Weltverband in der Kritik

Kein gutes Jahr war 2013 für den Fußball-Weltverband FIFA. Nachdem die Vergabe der WM 2022 an Katar ohnehin schon in der Kritik stand und eine mögliche Verlegung des Turniers in die Wintermonate diskutiert wurde, kam auch noch eine Diskussion über die Missachtung der Menschenrechte im Emirat am Persischen Golf hinzu: Die englische Zeitung "Guardian" deckte auf, dass die asiatischen Gastarbeiter, die auf den Baustellen in Katar arbeiten, unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen und dass es infolge mangelnden Arbeitsschutzes immer wieder zu Todesfällen auf den Baustellen kam. Die FIFA übt nun Druck auf die WM-Veranstalter aus, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Von einer Neuvergabe der WM, wie sie viele Politiker und Menschenrechtsorganisationen forderten, ist aber nicht die Rede.

Keine Rede konnte auch von einer FIFA-Reform sein. Eigentlich wollte der Weltverband sich im Kampf gegen Korruption neu aufstellen und seine Entscheidungsabläufe transparenter machen. Doch fast alle Vorschläge des von der FIFA selbst beauftragen externen Beratungsgremiums wurden schon im Vorfeld der Abstimmung beim FIFA-Kongress auf Mauritius im Juni abgelehnt oder verschoben. Noch hält FIFA-Präsident Joseph Blatter die Fäden in der Hand. Bis 2015 ist er gewählt. Im kommenden Jahr könnte es zwischen ihm und Herausforderer Michel Platini zum offenen Machtkampf kommen.

FIFA-Präsident Blatter muss sich Kritik gefallen lassenBild: Reuters