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KonflikteSudan

Neue Hoffnung für den Sudan: Friedensgespräche in Genf

7. August 2024

Seit mehr als einem Jahr leidet der Sudan unter einem blutigen Machtkampf. Saudi-Arabien und die Schweiz starten nun den nächsten Versuch, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Zumindest gibt es positive Signale.

Rauch über der sudanesischen Hauptstadt Khartum, April 2023
Rauch über der sudanesischen Hauptstadt Khartum, April 2023Bild: Marwan Ali/AP/dpa/picture alliance

Neue Hoffnung für den Sudan. Am 14. August sollen in Genf Gespräche zur Etablierung eines Waffenstillstands im Sudan beginnen. Gastgeber sind die Schweiz und Saudi-Arabien, im Vorfeld vermittelt haben die USA. Vertreter der Afrikanischen Union, Ägyptens, der UN und der Vereinten Arabischen Emirate (VAE) sind eingeladen, die Gespräche zu beobachten.

Die Konferenz ist nicht die erste ihrer Art. Im vergangenen Jahr hatten bereits im saudischen Dschidda Vermittlungsbemühungen der USA stattgefunden. Sie endeten aber ohne Ergebnisse.

Auch von den UN moderierte Gespräche in Genf endeten zuvor ohne Erfolg. Allerdings bezeichnete der persönliche Gesandte des UN-Generalsekretärs für den Sudan, Ramtane Lamamra, die Verhandlungen als "ermutigenden ersten Schritt" in einem komplexen Prozess.

Auch die USA hoffen auf einen Durchbruch. Einiges habe sich geändert, sagte ein hochrangiger, namentlich nicht genannter US-Beamter dem Sender ABC News: Erstens habe der Schrecken des Krieges ein unerträgliches Ausmaß angenommen.

Anhaltende Destabilisierung

Zweitens herrsche in der gesamten Region sowie unter den Partnern der USA in Afrika und in der Golfregion Einigkeit, dass die Situation nicht mehr hinnehmbar sei, und niemand durch die anhaltende Destabilisierung gewinne, so der US-Beamte.

Immerhin verhalten positive Signale kommen von Seiten der Konfliktparteien. So hatte der Chef der Milizengruppe Rapid Support Forces (RSF), Mohamed Daglo - bekannt als Hemeti - auf dem Kurznachrichtendienst X in einer auf Arabisch verfassten Mitteilung erklärt, seine Gruppe sei bereit, die Gespräche konstruktiv zu führen. Er begrüße zudem die Einladung von US-Außenminister Antony Blinken.

Blinken drang aber zuletzt noch auf die Teilnahme der gegnerischen Konfliktpartei, der regulären sudanesischen Streitkräfte, und telefonierte dafür mit Armeechef Abdel Fattah al-Burhan. Dieser ist seit dem 12. April 2019 Vorsitzender des Souveränen Rates und damit de-Facto Staatsoberhaupt des Sudan. Eine offizielle Teilnahmebestätigung ließ zuletzt weiter auf sich warten.

Laut Medienberichten hatte sich al-Burhan zuvor grundsätzlich offen gezeigt, aber weiteren Gesprächsbedarf angemeldet, offenbar auch was die Teilnahme der VAE betrifft, die als Unterstützer der gegnerischen RSF gelten.
 

Kriegsopfer: Durch einen Angriff der Rapid Support Forces verlor dieser neunjährige Junge im Sudan ein BeinBild: DW

"Einbindung ist ein gutes Zeichen"

Grundsätzlich sei die Einbindung externer Gesprächspartner jedoch sinnvoll und ein gutes Zeichen, meint Ahmed Esam von der NGO Sudan Uprising Germany, die für die ursprünglichen Belange der Protestbewegung - den Übergang von einer militärischen zu einer zivilen Regierung im Sudan - eintritt.

"Ich denke, die USA und Saudi-Arabien haben verstanden, dass man den Kreis erweitern und Akteure miteinander ins Gespräch bringen muss, die bislang getrennt agiert haben. Das stellt einen gewissen Fortschritt dar", so Esam im Gespräch mit der DW.

Klar sei aber auch, dass ein Erfolg nicht garantiert sei, so Esam. Der Sudan zerfalle derzeit in zwei von den beiden Gegnern kontrollierte Gebiete. "Das könnte langfristig zu einer Teilung wie in Libyen führen."

Kriegsparteien verlieren Kontrolle

Ähnlich sieht es auch die Politikwissenschaftlerin Hager Ali vom Hamburger GIGA-Institut, die kürzlich eine Analyse zum Krieg im Sudan veröffentlicht hat. Die Konzeption der Konferenz hinke dem Kampfgeschehen vor Ort um Monate hinterher, so Ali im DW-Interview. 

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"Auch für den Sudan gilt: Die Revolution frisst ihre Kinder. Daglo und Burhan wollten beide ihre Vorstellung eines politischen Systems durchdrücken. Sie mussten aufgrund der mit den Kämpfen verbundenen enormen logistischen Herausforderungen dann aber sehr viele Aufgaben an lokale Milizen delegieren und überall Kämpfer und Milizen nach-rekrutieren. So entgleist den beiden immer mehr die Kontrolle über die Kriegsdynamiken."

Das sieht auch Sudan-Experte Gerrit Kurtz von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) so. Die Milizen nutzten den Krieg für ihre Zwecke, schreibt er in einer Studie.

"Diese nichtstaatlichen Gewalt­akteure verfolgen ihre jeweils eigenen Ziele, die nur vorübergehend mit denen der SAF oder (weniger) der RSF zusammenfallen." Eben das mache die nun anstehenden Gespräche in Genf so schwierig, sagt Hager Ali.

"Alle nationalen Akteure haben eigene Interessen, die sich durch den nationalen Kampf zwischen Burhan und Daglo auf sub-nationaler Ebene vervielfachen. Die Lage vor Ort ist vielschichtiger geworden und muss in Friedensgesprächen anders angegangen werden."

Brutaler Stellvertreterkrieg

Hinzu komme, dass der brutal geführte Krieg im Sudan längst zu einem komplexen Stellvertreterkampf geworden sei, an dem viele Akteure beteiligt seien, sagt Ahmed Esam. "Nun aber sehen, sie, dass der Sudan tatsächlich zerbrechen könnte. Eben darum ist es gut, dass auch die Drittstaaten jetzt mit am Tisch sitzen."

Dennoch dürfte es schwierig werden, den seit Jahren fortschreitenden Staatszerfall aufzuhalten, sagt Hager Ali. Doch eben darauf komme es an: "Denn je länger eine derartige Krise anhält, umso länger dauert es natürlich auch, sie zu befrieden."

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Ein Ende der Gewalt wäre auch angesichts der humanitären Krise dringend nötig. Anfang August hatte das World Food Programm im Kurznachrichtendienst X geschrieben, in dem Lager Zamzam im Norden Darfurs herrsche Hungersnot.

Ein Regierungsvertreter wies die Darstellung zwar zurück. Doch auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) schlug Alarm: Die Vorräte an Spezialnahrung zur Behandlung unterernährter Kinder in dem Lager reiche nur noch für zwei Wochen.

In Zamzam leben unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen gut 200.000 und einer halben Million Vertriebene. Die IOM spricht derzeit von fast zehn Millionen Binnenvertriebenen in sämtlichen Bundesstaaten des Sudan. Zudem seien rund 25 Millionen Menschen - etwa die Hälfte der Bevölkerung - dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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