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Deutsches und Türkisches Wirtschaftsrecht büffeln

16. August 2011

Seit dem letzten Wintersemester wird in Köln und Istanbul Deutsches und Türkisches Wirtschaftsrecht gelehrt. Erst in deutscher, dann in türkischer Sprache. Für die Teilnehmer ist das eine Herausforderung.

Werbeplakat für den Masterstudiengang Deutsch-Türkisches Wirtschaftsrecht, Foto von Anja Fähnle DW
Studieren in Köln und IstanbulBild: DW

Es mussten sehr viele bürokratische Hürden genommen werden, um den Masterstudiengang Deutsches und Türkisches Wirtschaftsrecht in Deutschland und in der Türkei zu akkreditieren, erinnert sich Prof. Dr. Heinz-Peter Mansel. Er ist der deutsche Programmbeauftragte des Masterstudiengangs. Interessanterweise sei die Genehmigung in der Türkei durch den türkischen Hochschulrat (YÖK) einfacher und schneller gewesen als das Genehmigungsverfahren in Deutschland, erzählt Mansel schmunzelnd.

Im Wintersemester 2010/2011 startete in Köln der neue Studiengang. Die Idee dazu hatten Professor Mansel und seine türkische Kollegin Frau Professor Yesim Atamer von der Bilgi Universität in Istanbul schon 2003. Doch ehe sie Strukturen schaffen und die Zulassung an den entsprechenden Universitäten in Angriff nehmen konnten, vergingen einige Jahre.

Alle Macher sind mit vollem Herzen dabei

Die Koordinatoren des MasterstudiengangsBild: DW

Ohne seine Mitarbeiter vom Zentrum für Internationale Beziehungen (ZIB) der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Köln, Jan Kruse, Elvan Er und Filiz Avkin betont der Rechtswissenschaftler nachdrücklich, wäre aus seiner Idee gar nichts geworden. "Sie haben sich durch den Dschungel an Formularen gekämpft und unermüdlich immer wieder neu auftretende Probleme aus dem Weg geräumt", so Mansel.

Die Teilnehmer des ersten Jahrgangs sind jetzt fast fertig mit dem Masterstudium. Die Klausuren sind geschrieben, die mündlichen Prüfungen vorbei. Die elf Studierenden schreiben an ihrer Masterarbeit und absolvieren anschließend noch ihre Praktika in Kanzleien oder Unternehmen.

Durch den Abschluss "Master of Laws" erhoffen sich die Studenten bessere Chancen auf dem Berufsmarkt. Prof. Mansel nickt. "Die Absolventen mit der Qualifikation des Studiengangs sind die interessanteren Bewerber auf dem immer weiter wachsenden internationalen Stellenmarkt", sagt Prof. Mansel. Das Interesse aus der Anwaltschaft und den Unternehmen sei auf jeden Fall groß, so Mansel.

Wir kennen uns alle persönlich

Zwei verschiedene RechtskulturenBild: Anja Fähnle

Elvan Er ist die Koordinatorin des Masterstudiengangs. Am liebsten, so verrät sie mit einem Augenzwinkern, hätte sie diesen Master selber gemacht, aber sie hat schon den Vorläufer zu diesem Studiengang absolviert.

Aus ihrer Perspektive war es natürlich spannend zu beobachten, ob in der Praxis die Dinge so funktionierten wie sie sich das in der Theorie, bei der Planung des Studiengangs, vorgestellt hatte. Und wenn es mal nicht so war, wie man es besser machen könnte. "Also dadurch, dass es ein kleiner Kreis ist und man alle ja schon persönlich kennenlernt, ist einem natürlich daran gelegen, dass man den Studierenden helfen bzw. sie unterstützen kann", sagt Er. Bei den Absolventen kam das gut an.

Wir wurden nicht ins kalte Wasser geworfen

Alle kennen sich seit den Anfragen zur Bewerbung

Baran Kizil ist einer der Teilnehmer. Er lobt die gute Organisation. "Es ist sehr gut aufgebaut, es ist, was das Zeitliche angeht, was das Konzept angeht, was den Inhalt angeht und die Lehrkräfte angeht wunderbar organisiert", sagt Kizil. Immer seien sie unterstützt worden, wenn es Fragen gegeben habe. Das gelte sowohl für die Kölner Universität als auch für die Bilgi Universität in Istanbul.

Der 29-Jährige hat sich für den Masterstudiengang entschieden, um einen Einblick in das türkische Rechtssystem zu bekommen und um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Gerade die türkische juristische Terminologie sei doch ganz anders als die Alltagssprache, die er zuhause mit seinen Eltern und Schwestern spreche. Vom Zeitpunkt her kam das Studienjahr in Köln und Istanbul für ihn wie gerufen: Nach seinem ersten Staatsexamen und vor seinem Referendariat.

Es hat alles einfach sehr viel Spaß gemacht

Baran Kizil muss nicht lange überlegen, wenn er an die Vorzüge der türkischen Metropole am Bosporus denkt. "Es war die Mischung aus dem schönen Leben in Istanbul und der Professionalisierung an einer modernen, liberalen, professionellen Uni", schwärmt er.

Kizil: "Die türkische Rechtssprache ist schwierig"Bild: DW

"Nur mit der Wohnung hatte der Student Pech. Sie lag mitten im sozialen Brennpunkt. Schließlich wurde sogar eingebrochen und einiges ist ihm dabei abhanden gekommen. Baran Kizil zuckt mit den Schultern. Er hat die Sache abgehakt. Für die kommenden Masterabsolventen hat er allerdings einen Tipp. "Ich würde jedem, der nach Istanbul möchte im Rahmen des Programms, raten, Kontakt zu mir aufzunehmen, damit ich ihm oder ihr detaillierter aufzeigen kann, wo man hingehen sollte und wo nicht bzw. welche Firma man nehmen sollte", sagt er mit Nachdruck.

Deutschland ist meine Heimat

Der Student schreibt gerade seine Masterarbeit, auf Türkisch. Eine Herausforderung sei das für ihn, meint er lächelnd, vor allen Dingen wenn man es auf einem gewissen Niveau machen und nicht nur dahin schreiben wolle. Eine berufliche Zukunft in der Türkei kann er sich nicht vorstellen. Und mit einem Schmunzeln im Gesicht sagt Kizil: "Deutschland ist meine Heimat, man könnte vielleicht sagen ich bin Kölner".

Das sieht die Absolventin Aysegül Altinbas anders. Für sie ist zwar Deutschland ebenfalls ihre Heimat, in der sie auch beruflich Fuß fassen möchte, aber leben möchte sie in Zukunft weiterhin sowohl in Deutschland als auch in der Türkei. Nach ihrem deutschen juristischen Staatsexamen absolvierte sie in Istanbul das türkische Pendant. Als Anwältin ist sie im deutsch-türkischen Wirtschaftsverkehr tätig. Trotzdem hat sie vor einem Jahr das Kanzleibüro mit dem Hörsaal getauscht.

Das Sahnehäubchen auf meine Ausbildung

Das war genau auf mich zugeschnitten. Das ist ein Masterstudiengang im Deutsch-Türkischen Wirtschaftsrecht und das war sozusagen das Sahnehäubchen auf meine gesamte Ausbildung", sagt sie strahlend. Voller Begeisterung erzählt die 37jährige von der individuellen Gestaltung des Studiums.

Ihr großes Glück insbesondere an der Kölner Universität sei es gewesen, dass sie dort eine Bandbreite an Vorlesungen gehabt hätten, auch exotische Fächer wie Konzernsteuerrecht oder Unternehmensbewertung. "Das sind natürlich schon Fächer, die sehr speziell sind und ich denke, die schon Praxiserfahrung hatten, haben sich darauf gestürzt", so Altinbas. Wie sie selber.

Alles eine Frage der Organisation

Aysegül Altinbas hat sich auf das deutsche und türkische Unternehmensrecht spezialisiert. Für die dreifache Mutter war es eine Herausforderung, Familie und Studium unter einen Hut zu bekommen. Wenn man das schaffen wolle, müsse man gut organisiert sein, verrät sie. "Ich habe drei Kinder. Die beiden Kleinen, mit denen war es überhaupt kein Problem, weil sie in der Zeit, in der ich an der Kölner Uni studiert habe, im deutschen Kindergarten waren". Das sei eine Bereicherung für ihre Kinder gewesen meint sie verschmitzt, da sie in der Zeit deutsch lernen konnten. Ihr ältester Sohn dagegen sei bei ihrem Mann in Istanbul geblieben und habe dort die Schule besucht.

Mit einem Lächeln im Gesicht erzählt Aysegül Altinbas, wie froh sie sei, dass insbesondere ihr Mann sie so stark unterstützt habe. Die beiden Praktika absolviert sie selbstverständlich in Istanbul, wieder nah bei ihrer Familie. Erst bei einer türkischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und dann bei einem deutschen Unternehmen. Anschließend will sie mit der Doktorarbeit beginnen – eine rechtsvergleichende Studie soll es werden.

Wir wollen das 20jährige Jubiläum erreichen

Der erste Masterstudiengang Deutsches und Türkisches Wirtschaftsrecht neigt sich dem Ende. Doch das soll erst der Anfang einer langen Tradition werden. Der deutsche Programmbeauftragte Prof. Dr. Mansel lacht. Er will den Studiengang aufrecht erhalten, solange Interesse daran bestehe. "Man muss nicht Dinge, die in sich sinnvoll sind abschaffen, weil eine Zeit abgelaufen sei, man muss sie nur besser machen", so Mansel.

Jan Kruse, der Geschäftsführer des Studiengangs, hat sogar noch ehrgeizigere Pläne. Er betreut auch noch einen anderen bilingualen juristischen Studiengang, den deutsch-französischen. Da habe es vor einem Jahr die 20-Jahr-Feier gegeben. "Die wollen wir mindestens erreichen", meint er voller Enthusiasmus. "Und wenn dann unsere Absolventen in der juristischen Kommission der EU sitzen oder vielleicht im türkischen Ministerium", schwärmt der Geschäftsführer weiter.

Erst einmal beginnt im kommenden Wintersemester, zunächst in Köln, der zweite Masterstudiengang Deutsches und Türkisches Wirtschaftsrecht.

Autorin: Anja Fähnle
Redaktion: Arne Lichtenberg

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