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Ein Jahr nach dem Gaza-Krieg

Tania Krämer8. Juli 2015

Ein Jahr nach dem Krieg im Sommer 2014 ist der Alltag für die Menschen in Gaza schwierig. Der Wiederaufbau geht nur langsam voran. Tania Krämer besuchte Familien in Gaza vor einem Jahr und heute, 12 Monate später.

Palästina Wiederaufbau mit Hilfe der UNO in Gaza (Quelle: AP Photo/Khalil Hamra)
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Hamra

Mousa Heles, Shejai'a. Heles hat den zerstörten Teil seines mehrstöckigen Hauses wieder repariert. Vor seinem Haus, wo vor einem Jahr die Erde aufgewühlt und mit Trümmern und Schutt bedeckt war, hat er einen neuen Garten angelegt.

Mousa Heles: "Mir war es sehr wichtig, meinen Garten neu anzulegen. Hier verbringe ich die meiste Zeit. Ich liebe die Natur, ich liebe Pflanzen und ich brauche etwas Schönes um mich, inmitten all dem Grau und der Zerstörung. Der Garten ist meine kleine Welt. Ich habe auch das Haus, so gut es eben geht, repariert. Durch den so genannten 'Wiederaufbau-Mechanismus' habe ich Zement erhalten, eine Hälfte habe ich zum Bauen genutzt, die andere habe ich verkauft. Bei Gott, die Küche war weg, der Kühlschrank, die Waschmaschine, die vier Wände der Küche waren komplett zerstört. Den Schutt der zertrümmerten Wände haben wir wiederverwertet. Dazu haben wir mit eigenem Geld einen Traktor organisiert um die Trümmer wegzuräumen und haben dann nach und nach angefangen, das Haus zu reparieren. Die ganze Familie hat mitgeholfen.

"Alles was wir wollen, ist ein normales Leben zu führen", sagt Mousa HelesBild: DW/T. Krämer

Alles was wir wollen ist, ein normales Leben zu führen. Aber die Politik hier macht alles kompliziert. Gaza will die Versöhnung (zwischen Hamas und Fatah, Anmerkung der Redaktion) und eine funktionierende Regierung. Die ganze Welt wartet genau darauf, damit dann endlich die Blockade aufgehoben wird. Dann würden Baumaterialien aus Ägypten nach Gaza kommen und den anderen Ländern, die um uns herum sind. Und Gaza könnte wieder atmen. Aber wenn alle Seiten dickköpfig bleiben, dort wie hier, wird es unmöglich sein, dass sich hier jemals etwas verändert."

Ahmad und Riham Tanira, Gaza-Stadt. Die Familie wurde obdachlos, nachdem das Hochhaus, in dem sie gewohnt hatte, komplett bei einem israelischen Luftangriff zerstört worden war. Sie hat dabei auch den größten Teil ihres Besitzes verloren. Inzwischen sind Ahmad und Riham Tanira zweimal umgezogen und mieten jetzt eine Wohnung in Gaza-Stadt. Ihr altes Hochhaus wurde noch nicht wieder aufgebaut.

"Es gibt kaum noch Jobs", klagen Riham und Ahmad Tanira aus Gaza-StadtBild: DW/T. Krämer

Riham: "Ich sehe nichts Neues am Horizont, nur dass die Dinge noch schwieriger geworden sind als früher. (Lange Pause). Es gibt kaum Hoffnung beim Wiederaufbau. Jedes Mal sagen sie: nächsten Monat, nächste Woche fangen wir an. Ich sehe nichts, was mir wirklich Grund zur Hoffnung gibt, dass wir sicher sind. Ja, wir werden irgendwann wieder in unser Zuhause zurückkehren können. Das ganze Gerede um nichts - und dass nichts umgesetzt wird - ist fast schlimmer als die Tatsache, dass wir unser Zuhause verloren haben. Es ist das Gefühl, dass man völlig umsonst auf etwas wartet, was nie stattfinden wird. Und wenn man sich die Nachrichten anhört, dann schaut alles auch nicht sehr vielversprechend aus. Vielleicht findet der nächste Krieg nicht gleich morgen statt, aber vielleicht wieder nächstes Jahr. Man hat hier nie das Gefühl, sich sicher fühlen zu können."

Ahmad: "Seit dem letzten Mal, wo wir uns gesehen haben, sind wir aus der ersten Wohnung ausgezogen. Dahin waren wir schnell direkt nach dem Angriff geflohen. Danach habe ich begonnen, nach einer besseren Wohnung zu suchen. Jetzt versuche ich, diese Wohnung neu einzurichten. Aber wir haben das Gefühl, dass sich jeder aus der Verantwortung zieht, wenn es um Leute wie uns geht, die alles verloren haben. Ich habe jetzt für sieben Monate Miete gezahlt, auch deshalb, weil UNRWA (das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge, Anmerkung der Redaktion) keine Dienstleistungen für alle leisten kann. Im allgemeinen geht die Stadt durch eine sehr schwierige Phase nach dem Krieg. Es gibt kaum noch Jobs. Ich arbeite jetzt für sehr wenig Geld. Ich verdiene 300 US-Dollar und bezahle damit die Miete. Die Arbeitssituation ist noch schwieriger als vorher. Die meisten Leute, die ich sehe, haben keine Arbeit mehr und wenn, ist das Einkommen sehr gering. Wir hoffen im Moment nur auf den Wiederaufbau. Mehr nicht."

Jamalat El Kafarna und ihre Mutter Dalal, Beit Hanoun, nördlicher Gaza-Streifen. Die oberen Etagen ihres Hauses wurden im Krieg komplett zerstört, die Familie wohnte für einige Monate im Erdgeschoss. Sie wohnen jetzt zur Miete in einem Hochhaus in einem anderen Viertel von Beit Hanoun. Ihr Haus wurde noch nicht wieder aufgebaut.

"Die Situation ist so aussichtslos, so frustrierend...", klagen Jamalat El Kafarna und ihre Mutter DalalBild: DW/T. Krämer

Dalal: "Wir sind aus unserem Haus im Winter ausgezogen. Das Wasser kam durch die kaputte Decke und es war einfach nicht mehr sicher genug. Jetzt sind wir in diesem Hochhaus und mieten die Wohnung. Aber wir haben nur für sehr kurze Zeit eine Miethilfe bekommen, und jetzt bekommen wir gar nichts. Die Armut macht es sehr schwierig. Mein Mann ist gestorben und ich muss mich allein um die Familie kümmern. Jeden Tag kommt der Hausbesitzer und fragt nach der Miete, die wir nicht bezahlen können. Es macht mir Angst, dass wir vielleicht auch von hier wegziehen müssen. Jetzt warten wir einfach. Auf den Tag, an dem wir in unser Haus zurückkehren können. Bislang gab es leider nur leere Versprechen."

Jamalat: "Ehrlich gesagt, die Umstände hier sind noch schwieriger geworden. Es gibt keinen, der sich uns verpflichtet fühlt. Weder die Agentur (UNRWA), noch die Regierung, noch irgendjemand. Sie haben uns Wiederaufbau versprochen, aber es gibt kaum Wiederaufbau. Sie haben uns versprochen, die Miete zu übernehmen, aber konnten es nicht aufrechterhalten. (UNRWA hat den meisten Flüchtlingsfamilien bis zu drei Monate Mietzuschüsse bezahlt, musste das Programm aber aufgrund von finanziellen Engpässen aussetzen, Anmerkung der Redaktion). Wir sind aus dem alten Haus ausgezogen. Wir hätten dort gar nicht bleiben dürfen, weil es nicht mehr sicher war. Aber wir haben das Risiko auf uns genommen, eine Wohnung zu mieten. So lange, bis wir wieder in unser Haus können. Aber nichts hat sich getan. Wirklich, seit dem Tag, an dem wir uns das letzte Mal gesehen haben, bis heute, hat sich nichts Neues getan. Jeder, der versprochen hat, uns zu unterstützen, uns dabei zu helfen, wieder ein normales Leben führen zu können - das waren alles leere Versprechungen. Selbst wenn man sich die Miete leisten könnte, es wäre schwierig. Die Situation ist so aussichtslos, so frustrierend, es ist einfach schwierig, hier zuversichtlich zu sein."

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