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Ein Jahr nach der Flut

Christine Kahle12. August 2003

Die Jahrhundertflut vom August 2002 hat auch Tschechien hart getroffen. Vor allem in Prag und an der deutschen Grenze enstanden Schäden in Milliardenhöhe. Wie sieht es heute dort aus?

Prüfende Blicke auf die Moldau vor der Karlsbrücke in Prag (13.8.2002)Bild: AP

Die Jahrhundertflut vom August 2002 hat nicht nur in Deutschland milliardenschwere Schäden hinterlassen. Auch in Tschechien, wo Moldau und Elbe über die Ufer traten, zerstörten die Wassermassen Häuser und Straßen, brachten Brücken zum Einsturz und verwüsteten ganze Dörfer.

Besonders hart traf es die tschechische Hauptstadt Prag: Am 13. August überschwemmte die Moldau große Teile der Stadt, 70.000 Prager mussten aus ihren Häusern evakuiert werden. Opfer gab es hier zwar keine. Doch die Schäden in der Stadt waren immens: Vor allem im historischen Stadtteil Karlin wurden hunderte Häuser zerstört, die Prager Metro überschwemmt. Weite Teile der Stadt waren ohne Strom und Wasser, einige Stadtteile nur per Boot zu erreichen. Auch Synagogen und historische Archive wurden Opfer der Wassermassen. Nur die Altstadt blieb weitgehend verschont, weil eilig aufgestellte Schutzwände dem Druck der Wassermassen standhielten.

Helfer evakuieren Bewohner aus dem Prager Zentrum (14.8.2002)Bild: AP

Auch in anderen Regionen Tschechiens richtete das Wasser große Schäden an. In Böhmen weitete sich die Flut zum schlimmsten Hochwasser seit 500 Jahren aus. Die UNESCO-geschützte Altstadt des südböhmischen Cesky Krumlov stand komplett unter Wasser, in den nordböhmischen Städten Usti nad Labem und Decin stiegen die Pegel am 16. August auf ein Maximum. Dort traf es den Touristenort Hrensko besonders schlimm.

Schadensbilanz und Hilfe

Die Bilanz der Flutkatastrophe: 18 Menschen starben, 753 Orte wurden zerstört, rund eine viertel Million Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Zudem kam es zu ökologischen Problemen wegen überschwemmter Chemie-Unternehmen, Klärwerke und Mülldeponien. Der größte Einzelschaden entstand an der Prager Metro: Auf 230 Millionen Euro werden die Kosten der Reparatur geschätzt. Insgesamt entstanden in Tschechien mindestens 2,4 Milliarden Euro Schaden, davon ein Drittel in Prag. Im Vergleich: In Deutschland entstehen an Elbe und Donau 9,1 Mrd Euro Schaden.

Für die Beseitigung der Flutschäden stellt die Europäische Union, deren Mitglied Tschechien im April 2004 wird, 61,8 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Rund die Hälfte dieses Betrags fließt in die Hauptstadt Prag. Weitere 129 Millionen erhält das Land aus dem neu gegründeten EU-Katastrophenfonds.

Den größten Teil der Flutschäden muss Tschechien dennoch aus eigener Kraft beheben: Die Regierung von Vladimir Spidla stellt für die Beseitigung der Hochwasserschäden und für Flutgeschädigte 205 Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt frei. Im März stimmt das tschechische Abgeordnetenhaus zu, 400 Millionen Euro Kredit bei der Europäischen Investitionsbank aufzunehmen.

Der lange Weg der Hilfe durch die Bürokratie

Bis die Gelder bei den Betroffenen ankommen, vergeht jedoch oft viel Zeit: Als Soforthilfe haben Familien, die durch die Flut wohnungslos wurden, zwischen 1000 und maximal 5000 Euro erhalten – für viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Erst im März 2003 beschließt die Regierung, aus dem Staatlichen Fonds für Wohnraumbeschaffung 28 Mio Euro für die Opfer der Flut zu gewähren. Auch die Gelder aus dem EU-Katastrophenfonds sind längst nicht verteilt: Das Kabinett hat im März über ihre Verteilung entschieden, doch um die Gelder auszuzahlen, fehlen dem zuständigen Ministerium für regionale Entwicklung oft entsprechende Anträge.

Vor allem in Prag und in den nordböhmischen Städten an Elbe und Moldau sind die Spuren der Verwüstung noch heute sichtbar – auch wenn vieles bereits renoviert oder neu gebaut wurde. Vor allem im Prager Stadtteil Karlin sind die Folgen der Flut zu spüren. Hunderte Menschen leben dort weiter in Notunterkünften, weil ihre Häuser bis heute ohne Strom und Wasser sind. Auch verkehrt die Straßenbahn, die in der restlichen Stadt schon seit Monaten wieder fährt, in Karlin nicht – aus Angst, das Gerumpel der Bahnen könne die sanierungsbedürftigen Gebäude zum Einstürzen bringen.

Der Wiederaufbau geht nicht überall voran

Überfluteter Grenzübergang Hrensko (16.8.2002)Bild: AP

Auch im Grenzort Hrensko im Elbsandsteingebirge geht die Sanierung nur langsam voran. Das August-Hochwasser zerstörte in dem Touristenort neben vielen Hotels und Privathäusern auch die Hauptverbindungsstraße nach Decin und den Grenzübergang nach Deutschland. Zwar konnte zum Weihnachtsgeschäft die Straße nach Decin wieder geöffnet werden, auf die Wiederherstellung der wirtschaftlich ebenso wichtigen Verbindung in den Westen mussten die Hrenskoer fast ein Jahr warten.

Das nahe gelegene Decin steht besser da: Mit Hilfe von Spenden, Versicherungsgeldern und Unterstützung aus Prag konnten viele öffentliche Gebäude, Straßen, aber auch städtische und private Wohnungen saniert werden. Auch wenn noch längst nicht alles fertig ist, zeigt die Stadt sich mit der Regierung in Prag zufrieden. Pressesprecherin Romana Silvarova: "Tschechien ist kein reiches Land. Dafür ist hier schon viel geschehen.“

Strategien im Kampf gegen das Wasser

Um eine Katastrophe wie die vom vergangenen Jahr künftig zu verhindern, soll Prag in den nächsten Jahren in sieben Stufen gegen Hochwasser gesichert werden. 400 Millionen Kronen in diesem Jahr und 900 Millionen Kronen im kommenden Jahr will der Magistrat dafür investieren. Die mobilen Schutzwände, die jetzt schon ein Überfluten der Altstadt verhinderten, sollen künftig auch in anderen Landesteile eingesetzt werden. Außerdem bemüht sich Tschechien, die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern beim Hochwasserschutz auszuweiten. So werden tschechische und deutsche Experten im Herbst einen gemeinsamen "Aktionsplan Elbe vorlegen“.

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