Ein Jahrhunderthochwasser bedroht den Süden Deutschlands
1. Juni 2024
Im bayerischen Landkreis Günzburg wurden schon Rekordpegelstände erreicht. Doch Dauerregen und Überschwemmungen werden noch in vielen Regionen des Freistaats wie auch von Baden-Württemberg für anstrengende Tage sorgen.
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Angesichts von anhaltendem Dauerregen bereitet sich Süddeutschland vielerorts auf Jahrhunderthochwasser vor. In Teilen von Baden-Württemberg und Bayern fielen innerhalb von 24 Stunden mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter, wie die örtlichen Umweltlandesämter mitteilten. Betroffen war demnach vor allem die Bodensee-Region. Im Landkreis Günzburg im bayerischen Schwaben wurden bereits die Pegelstände eines Jahrhunderthochwassers erreicht.
Aufgrund der Niederschläge entwickelten sich in der Nacht zum Samstag im östlichen Teil von Baden-Württemberg bereits einzelne große Hochwasser. Durch die noch zu erwartenden Niederschläge seien insbesondere im Raum Oberschwaben und an östlichen Neckarzuflüssen 50- bis 100-jährliche Hochwasser möglich, teilte das Landesamt für Umwelt mit. Auch in den Donau- und Bodenseezuflüssen könne es zu extremen Überflutungen kommen. Bereits in der Nacht hatte die Gemeinde Meckenbeuren im Bodenseekreis angesichts der Hochwassergefahr rund 1300 Menschen empfohlen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen.
Für Bayern meldete das dortige Landesamt für Umwelt vor allem für den Bereich der südlichen Donauzuflüsse steigende Pegel. Dort seien innerhalb eines Tages bis zu 100 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Die Niederschläge halten demnach weiter an, für einzelne Bereiche wurde vor einer Überflutung von Kellern und Straßen gewarnt. An den südlichen Donauzuflüssen von Günz über Mindel, Zusam bis zur Schmutter sei es verbreitet zu Überflutungen und Behinderungen gekommen, teilte das Amt mit. Es müsse weiter mit zunehmenden Überflutungen und Gefahren gerechnet werden. Ein Ansteigen der Pegel bis in den Bereich der Hochwasserstände von 2002 sei möglich.
Auch für die Donau aus Baden-Württemberg werde weiterhin ein großes Hochwasser erwartet, hieß es. In Neu-Ulm stiegen die Wasserstände demnach in der Nacht weiter an. Laut dem bayerischen Landesamt können die Wasserstände im Verlauf des Wochenendes weiter bis in die höchste Meldestufe steigen. Das Erreichen eines Jahrhunderthochwassers könne nicht ausgeschlossen werden. Ein hundertjährliches Hochwasser ist eine rechnerische Größe und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren erreicht oder überschritten wird.
Infolge des extremen Dauerregens hatte der Landkreis Günzburg bereits am Freitag vor einer Hochwasserlage gewarnt und den Katastrophenfall ausgerufen. Noch am Freitagabend wurden die Campingplätze an den Flüssen Günz, Kammel und Mindel geräumt. Vorsorglich ließ der Landkreis zusätzliche 15.000 Sandsäcke befüllen. Im gesamten Landkreis wurden die Menschen aufgerufen, sich von Gewässern fernzuhalten und Keller zu meiden.
Inzwischen riefen auch die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Neu-Ulm, Donau-Ries, Unterallgäu und Pfaffenhofen den Katastrophenfall aus. Bis zum späten Samstagabend hatten in Bayern schon zehn Kommunen den Katastrophenfall ausgerufen. Im Kreis Augsburg brachen am Samstagmittag ein Deich und ein Damm. Einige Bewohner in dem betroffenen Ort Diedorf mussten ihre Häuser verlassen.
Die Unwetter wirkten sich auch auf Bahnreisende aus. Laut Deutscher Bahn kam es zu Störungen und Zugausfällen. Besonders zwei ICE-Strecken waren beeinträchtigt: Zwischen München, Bregenz und Zürich fuhren den ganzen Samstag keine Züge mehr. Später wurde auch die Strecke zwischen Stuttgart und München gesperrt. Die Strecke zwischen Ulm und Augsburg war ebenfalls betroffen.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor teils extrem ergiebigem Dauerregen und Unwettern in Süddeutschland sowie vor Dauerregen vom Süden über die Mitte bis in die Oberlausitz. Vom nördlichen Baden-Württemberg und Südhessen bis nach Berlin und Ostsachsen könnten sich gebietsweise schwere Gewitter mit Starkregen ausbreiten.
Für Süddeutschland und die Landesmitte werden laut DWD mit Niederschlagsmengen
Dauerregen und Hochwasser in Süddeutschland
Starker Dauerregen hat in vielen Teilen Süddeutschlands für Überflutungen gesorgt. Mehrere Flüsse sind bereits über die Ufer getreten. An der Donau treffen die Städte Vorkehrungen, um das Wasser aufzuhalten.
Bild: Simon Adomat/Imago
Scheitelpunkt in Heidelberg erreicht
Wegen des Hochwassers sind in Heidelberg weiterhin mehrere Bereiche der Altstadt überflutet, allerdings werden die Pegelstände nun voraussichtlich wieder sinken. Der Scheitelpunkt des Neckar von 5,10 Metern sei in der Nacht zum Montag erreicht worden, teilte die Stadt am Vormittag mit.
Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance
Notzentrale am Limit
Eine Disponentin nimmt in der integrierten Leitstelle des Bayerischen Roten Kreuzes einen Notruf entgegen. Aufgrund der Hochwasserlage wurde die Besetzung der Leitstelle aufgestockt, um die erhöhte Menge an Notrufen bearbeiten zu können. Eine vermisste 43-jährige Frau im oberbayerischen Schrobenhausen wurde tot in ihrem Keller geborgen.
Bild: Matthias Balk/dpa/picture alliance
Der Bundeskanzler informiert sich über die Lage
Bundeskanzler Olaf Scholz bei Einsatzkräften in Reichertshofen. Er lobte in einem Statement die große Solidarität und die Hilfsbereitschaft unter den Bürgern der betroffenen Gebiete und sagte weitere Hilfen durch den Bund zu. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich und appellierte an die Bürger, vorsichtig zu sein und Gefahrenstellen möglichst schnell zu verlassen.
Bild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance
Hoher Besuch im Krisengebiet
Bundeskanzler Olaf Scholz (vorne, M.), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (vorne links) stehen bei einer Ortsbesichtigung im vom Hochwasser betroffenen oberbayerischen Reichertshofen hinter einer Barriere aus Sandsäcken und besprechen die aktuelle Lage.
Bild: Angelika Warmuth/REUTERS
Turnhalle als Notunterkunft
Menschen aus dem evakuierten Dorf Täferrot werden notdürftig in einer Turnhalle untergebracht. Auch zu Wochenbeginn ist vielerorts keine Entspannung der Hochwasserlage absehbar. Obwohl der Deutsche Wetterdienst (DWD) in der Nacht zu Montag alle bestehenden Unwetterwarnungen vor schweren Gewittern mit Starkregen für Deutschland aufhob, wird weiter mit heftigen Regenfällen gerechnet.
Bild: Jason Tschepljakow/dpa/picture alliance
Fluss Lein tritt über die Ufer
Blick auf Täferrot in Baden-Würtemberg, wo der Fluss Lein über die Ufer getreten ist. Die dortigen Regenrückhaltebecken können die Wassermassen nicht mehr aufnehmen und laufen über. Teile der kleinen Gemeinde Leinzell stehen ebenfalls unter Wasser. Hunderte Menschen wurden bereits in Sicherheit gebracht.
Bild: Jason Tschepljakow/dpa/picture alliance
Häuser von Fluten umgeben
Zu den stark betroffenen Gebieten gehört der Landkreis Augsburg westlich von München. Hier in Fischach sind mehrere Wohnhäuser durch die Überschwemmung von der Außenwelt abgeschnitten. Einige Bewohner wurden mit dem Hubschrauber evakuiert.
Bild: Michael Bihlmayer/Bihlmayerfotografie/IMAGO
Katastrophenalarm in mehreren Landkreisen
Der Landkreis Günzburg ist einer von bisher zehn in Bayern, die Katastrophenalarm ausgelöst haben. Bis zu 1,5 Meter hoch stand das Wasser am Samstag in der Innenstadt von Babbenhausen. "Es wird dramatisch", sagt der Einsatzleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Menschen und Tiere werden mithilfe von Booten und Traktoren gerettet.
Bild: Bernd März/IMAGO
Evakuierung am Bodensee
Bereits am Freitag meldete Lindau am Bodensee an der Grenze zu Österreich eine "extrem kritische Hochwasserlage". Das Wasser drückte aus der Kanalisation, Straßen standen metertief unter Wasser, der Stadtbus-Verkehr wurde einstweilen eingestellt. Hier wird ein Haus evakuiert.
Bild: Bernd März/IMAGO
Hochwasserschutz in Regensburg
Der größte Teil des betroffenen Gebiets gehört zum Einzugsgebiet der Donau. Das heißt: Wenn dort Wasser abfließt, landet es früher oder später im zweitgrößten Strom Europas. Weiter flussabwärts, in Regensburg, bereitet man sich bereits auf den absehbar steigenden Pegel vor und baut Hochwasserschutzwände auf.
Bild: Armin Weigel/dpa/picture alliance
Sorge vor Hochwasser auch in Sachsen
Unwetter und Überschwemmung drohen auch anderen Gebieten in Deutschland - vor allem im Südwesten von Sachsen, am Fuß des Erzgebirges. In der Stadt Chemnitz werden Sandsäcke vorbereitet, um den gleichnamigen Fluss in seinem Bett zu halten.
Bild: Heiko Rebsch/dpa/picture alliance
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sti/kle (afp, dpa)
Die Meldung wurde am 1.6.2024 veröffentlicht und am 2.6. aktualisiert.