Analog zur Liste der bedrohten Tierarten gibt es jetzt eine Datenbank für alle Spezies, die sich unerwünscht in fremden Gefilden niedergelassen haben. Alleine in Deutschland listet das Verzeichnis 2245 eingeführte Arten.
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Invasiv in Deutschland: Eine echte Plage!
Schon vom Schwimmblasenwurm gehört? Oder vom Höckerflohkrebs? Jetzt schon. Hier sind zehn Tierarten, die sich in Deutschland breit gemacht haben – mit zum Teil schlimmen Folgen.
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Altbekannte und neue Eindringlinge
Wenn Tiere und Pflanzen Gebiete besiedeln, in die sie nicht gehören, kann das problematisch werden. Oft breiten sie sich ungehemmt aus und verdrängen andere Arten. Forscher haben eine Datenbank erstellt, die eingeführte Arten für alle Länder aufführt. In Deutschland sind es 2245. Darunter ist der nordamerikanische Ochsenfrosch: Er hat heimische Amphibien zum Fressen gern – und hat viel Hunger.
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Wirklich widerlich
Schwimmblasenwurm – dieser Name sagt schon alles. Der blutsaugende Parasit nistet sich in den Schwimmblasen von Aalen ein. Er wird bis zu 4,5 Zentimeter lang. Eigentlich befällt er nur den Japanischen Aal, seit dem Einschleppen nach Europa auch den Europäischen Aal. Dessen Bestand setzt er stark zu. Denn wenn die Schwimmblase verletzt ist, können Aale nicht mehr zum Laichen ins Meer schwimmen.
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Der "Killer-Shrimp"
Nicht alle eingeführten Tierarten bringen Unheil über ihre neue Heimat. Manchmal fügen sie sich problemlos ins Ökosystem ein. In Deutschland richten der Datenbank zufolge nur einige Dutzend Arten Schaden an. Darunter der Große Höckerflohkrebs: Er hat über die Donau ganz Deutschland besiedelt und frisst andere Wirbellose. Forscher sagen aber, dass er vielleicht weniger schädlich ist als gedacht.
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Ein Stück Pazifik im Wattenmeer
Die Pazifische Auster lebt in Gegenden Chinas und Japans, wo ähnliche Bedingungen wie im deutschen Wattenmeer herrschen. Daher fühlt sie sich auch bei uns sehr wohl. Sie wurde 1985 bei Sylt in Drahtkörben ausgebracht, um sie als Meeresfrucht zu züchten. Das ging schief: Die Larven entwichen, und die Art hat sich auf Miesmuschelbänken und Hafenanlagen in Nordfriesland angesiedelt.
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Neubürger in Süddeutschland
Der Alpenkammmolch stammt aus Kroatien und Italien. Vor etwa 20 Jahren haben Menschen ihn im Süden Bayerns angesiedelt. Dort gibt es allerdings bereits eine ähnliche Art: den Nördlichen Kammmolch. An vielen Stellen hat ihn der Neuankömmling verdrängt. Auch paaren sich beide Arten miteinander und bilden Mischlinge, die dann weder zur einen noch zur anderen Art gehören.
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Vom Terrarium in deutsche Gewässer
Gelbwangen-Schmuckschildkröten - ursprünglich in den USA heimisch - sind beliebte Haustiere in Deutschland. Wer sie aber loswerden wollte, setzte sie einfach in der freien Natur aus. Schon hatte sie sich bei uns angesiedelt. Allerdings ist noch unklar, ob sie auf die Dauer mit den deutschen Winter auskommen und überhaupt hier bleiben.
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Wels mit viel Appetit
Der Braune Zwergwels lebt eigentlich in Nordamerika. Da er angeblich gut schmeckt, wurde er schon im 19. Jahrhundert in vielen europäischen Gewässern für die Angler ausgesetzt. Jetzt fühlt er sich hier pudelwohl und macht einheimischen Fischen Konkurrenz. Er frisst gerne die Eier und andere Jungfische.
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So bunt und doch so unbeliebt
Die farbprächtigen Sonnenbarsche sehen aus wie tropische Fische, aber nennen auch viele deutsche Seen ihr Zuhause. Ursprünglich aus Nordamerika, wurden sie bereits im 19. Jahrhundert nach Deutschland eingeführt. Sie vermehren sich unheimlich schnell, da sie in ihrer Heimat viele Fressfeinde haben. Bei uns allerdings nicht.
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Eroberungszug weltweit
Die Rippenqualle ist keine wirkliche Qualle, da sie keine Nesselzellen besitzt. Sie stammt von den westamerikanischen Küsten und vermehrt sich in fremden Gefilden explosionsartig. Im Schwarzen Meer legte sie innerhalb weniger Jahre den Sardellen-Fischfang lahm, da sie den Fischlarven ihr Essen – Plankton – wegfraß. Deutsche Forscher warnen, dass ähnliches in Ost- und Nordsee passieren könnte.
Die Männchen der Chinesischen Wollhandkrabbe tragen einen Pelz an ihren Scheren, daher der Name. Die Art lebt eigentlich in Ostchina. Vermutlich brachten Handelsschiffe Larven der Art zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Europa. Die Tiere vermehren sich explosionsartig und schädigen beim Graben Uferböschungen und Dämme. So schaden sie weniger der Natur, sondern vor allem der Wirtschaft.
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Ziegen auf Galapagos, Grauhörnchen in England, Palmen-Nashornkäfer auf Hawaii – invasive Tier- und Pflanzenarten können schlimmen Schaden einrichten. Ohne natürliche Feinde vermehren sie sich in der neuen Heimat ungehemmt und verdrängen einheimische Arten. So fraßen eingeführte Ziegen den Riesenschildkröten auf Galapagos die Pflanzen weg und brachte sie an den Rand des Aussterbens. Grauhörnchen verdrängten die roten Eichhörnchen auf den britischen Inseln und der Palmen-Nashornkäfer frisst ungezügelt an den Palmen der Pazifikinseln – bis die Strände irgendwann ganz kahl sind.
Nicht jede fremde, eingeführte Art muss allerdings invasiv sein, möglicherweise füllt sie auch eine bisher ungenutzte ökologische Nische aus. Aber die Gefahr, dass sie schädlich wird, besteht immer.
Sortiert und kartiert
Wissenschaftler aus Neuseeland, Italien und Dänemark haben jetzt ein Online-Verzeichnis erstellt, das alle bisher erfassten eingeführten und invasiven Arten listet: das Global Register of Introduced and Invasive Species (GRIIS). Der Benutzer kann nach bestimmten Ländern filtern, nach Tieren, Pflanzen, Pilzen oder Einzellern und ob die Art bereits einen Schaden angerichtet hat oder nicht. Die Forscher haben eine Checkliste erstellt, nach der die Länder die erfassten Arten bewerten sollen – so wollen sie einen faktenbasierten Standard für die Einordnung solcher Arten etablieren, um sie länderübergreifend vergleichen zu können.
"Menschen führen seit Jahrhunderten Arten in andere Länder ein – ob nun absichtlich oder unabsichtlich", schreiben die Autoren in ihrer begleitenden Studie. Im letzten Jahrhundert allerdings sei das Bewusstsein dafür gewachsen, dass diese "biologische Invasion" unbeabsichtigte und zum Teil ernste Folgen haben könne. Die neu eingerichtete Datenbank solle dabei helfen, eingeschleppte Arten weltweit im Blick zu behalten.
Zwar existiert bereits eine ähnliche Datenbank der Weltnaturschutzunion, die Global Invasive Species Database. Sie hat über Jahrzehnte Daten zu invasiven Arten gesammelt, allerdings eher empirisch und nicht nach strengen, länderübergreifenden Kriterien, erklärt Erstautorin Shyama Pagad von der Universität Auckland gegenüber der Deutschen Welle.
Von Hasen und Eseln
Die Daten von 20 Ländern, darunter Chile, Kuba, Südafrika und Russland haben die Forscher anhand ihrer Checkliste genauer angesehen und ausgewertet. In diesen 20 Ländern fanden sie 11.000 eingeführte Arten – ein gutes Fünftel davon hat der Artenvielfalt in ihrer neuen Heimat bereits nachweislich geschadet.
In Chile etwa ist der europäische Hase zur Plage geworden, in Kuba der afrikanische Esel. Für Deutschland listet die Datenbank 2245 eingeführte Arten, aber nur 48 invasive, darunter die chinesische Wollhandkrabbe, die Pazifische Auster und den amerikanischen Ochsenfrosch.
Pilz bedroht Lurche
In Europa rafft ein grausamer Pilz unzählige Salamander und Molche dahin. "Batrachochytrium salamandrivorans" wurde aus Asien eingeschleppt. Dort sind Schwanzlurche immun, in Europa droht ihnen die Ausrottung.
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Massensterben möglich
Es ist dramatisch, was der Pilz "Batrachochytrium salamandrivorans" mit Salamandern und Lurchen in Europa anrichtet. Er frisst sie regelrecht auf. Er nistet sich in der Haut ein, verursacht dort schlimme Nekrosen, das Tier stirbt in kürzester Zeit. Es besitzt keinerlei Abwehrkräfte gegen diesen fremden Erreger.
Bild: imago/JuNiArt
Ursprung Asien
Sehr viele asiatische Salamander und Molche sind mit dem Pilz infiziert, erkranken aber nicht. Sie haben sich - wie dieser asiatische Feuerbauchmolch - im Laufe der Evolution angepasst und Resistenzen entwickelt. Ihre Verwandten in allen anderen Ländern der Welt, haben dem Krankheitserreger jedoch nichts entgegenzusetzen. Er wird durch den weltweiten Amphibienhandel aus Asien eingeschleppt.
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Hochgradig gefährdet
2010 kam es in den Niederlanden plötzlich zu einem Feuersalamander-Massensterben. Bis 2013 blieben nur vier Prozent übrig. Belgische Wissenschaftler entdeckten den Pilz und untersuchten, wie gefährlich er für andere Amphibien ist. Sie infizierten 35 Arten mit Pilzsporen. Ergebnis: Fast alle europäischen und nordamerikanischen Salamander und Molche sind hochgradig anfällig.
Bild: imago/blickwinkel
Lage ernster als gedacht
Auch dieser Alpensalamander ist Batrachochytrum salamandrivorans hilflos ausgeliefert. Auch er könnte in kürzester Zeit aussterben, befürchten die belgischen Forscher. Im Wissenschaftsmagazin "Science" schreibt An Martel von der Universität Gent, die Lage sei ernster als gedacht.
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Auch Frösche gefährdet
Frösche und Kröten zeigten sich in den Studien der Wissenschaftler immun gegen den Salamanderfresser-Pilz. Doch sie kämpfen gegen einen anderen - eng verwandten - Übeltäter: Batrachochytrum dendrobatidis ist verantwortlich dafür, dass vor allem in tropischen und subtropischen Regionen Frösche massenweise sterben.
Bild: Andreas Hertz
Über 200 Amphibienarten ausgestorben
In den vergangenen Jahren sind etwa 200 Amphibienarten weltweit ausgestorben. Der Pilz war in fast jedem Fall beteiligt. Doch wahrscheinlich spielen auch andere Faktoren in Kombination mit dem Krankheitserreger eine entscheidende Rolle - vor allem Umweltverschmutzung und der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft.