Wenige Themen haben Lateinamerika in diesem Jahr mehr bewegt als die Migration. Trotz der allgemeinen Hilfsbereitschaft, Menschen aufzunehmen, kommen die Aufnahmeländer aber an ihre Grenzen.
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Lateinamerika hat eine lange Migrationsgeschichte. Angst vor Diktaturen, blutige Bürgerkriege und bewaffnete Auseinandersetzung, aber auch große Armut haben immer wieder zu Abwanderungen in andere Länder geführt.
Besonders betroffen ist derzeit Venezuela, ein Land, das sich in einer Hyperinflation befindet, wo Banknoten nur noch gewogen werden und in dem die Menschen im Müll nach Essen graben. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben mehr als drei Millionen Venezolaner das Land verlassen, die große Mehrheit (2,4 Millionen) bleibt in der Region. Das größte Aufnahmeland ist Kolumbien mit über einer Millionen Zuwanderern aus dem Krisenland.
Trotz der Unterstützung durch die Zivilgesellschaft, kommt es immer wieder zu Spannungen, wie zum Beispiel in der brasilianischen Grenzstadt Pacaraima, wo Einwohner Zelte und Hütten der Flüchtlinge in Brand steckten. Aber auch die anderen Staaten haben immer mehr Schwierigkeiten, die Migranten unterzubringen und medizinisch zu versorgen.
Harter Alltag für Migranten in Mexiko
02:40
Auf der Suche des "American Dreams"
Hinzu kommen die Migrationsbewegungen aus Zentralamerika in Richtung USA. Tausende Migranten aus Honduras, Guatemala, Nicaragua und El Salvador legen Fußmärsche von bis zu 2000 Kilometer zurück. Ihr Ziel: die Vereinigten Staaten. Sie fliehen vor der kriminellen Gewalt in ihren Heimatländern. In Honduras wurden in diesem Jahr 3300 Menschen ermordet, in Guatemala sind es 16 pro Tag. Auch in El Salvador starben in diesem Jahr bis Ende Oktober mehr als 2740 Menschen gewaltsam. Für viele der Migranten endet die Reise spätestens in der mexikanischen Stadt Tijuana, die unmittelbar an der Grenze zu Kalifornien liegt.
Der Unmut an der Grenze steigt
Der raue Ton von US-Präsident Donald Trump, der eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten will und Soldaten an die Grenze schickt, wird auch von Menschen im südlichen Nachbarland übernommen. In Mexiko, einem historischen Transitland auf dem Weg in den Norden, wird trotz der anfänglichen Hilfsbereitschaft Kritik gegen Migranten laut. Als Tausende Menschen an der Grenze zu Kalifornien festsaßen, kommt es in der mexikanischen Stadt Tijuana zu Protesten. die Demonstranten halten Schilder mit der Aufschrift "Nicht noch mehr Karawanen" und "Nein zur Invasion" hoch.
Die Rolle der USA
Auf der einen Seite droht Donald Trump, den Ländern die Entwicklungshilfen zu streichen, wenn sie die Migration nicht in den Griff bekommen sollten. Auf anderen Seite legen die USA und Mexiko zuletzt einen Entwicklungsplan für Zentralamerika vor. Die Vereinigten Staaten erklären sich bereit, rund 5,8 Milliarden Dollar (etwa 5,1 Milliarden Euro) für wirtschaftliches Wachstum und institutionelle Reformen in den Ländern Guatemala, Honduras und El Salvador zu investieren.
Der lange Weg nach Norden
Trotz aller Drohungen aus Washington ziehen mehrere Tausend Migranten in einer Karawane aus Mittelamerika durch Mexiko Richtung USA. Die Reise ist beschwerlich - und am Ziel erwartet die Migranten eine ungewisse Zukunft.
Bild: Getty Images/AFP/A. Drehsler
Reise durch drei Länder
Immer weiter, per Anhalter oder zu Fuß: Mehr als zwei Wochen sind vergangen, seit eine Gruppe Migranten von der honduranischen Stadt San Pedro Sula aus gen Norden aufbrach. Ihr Ziel: die US-mexikanische Grenze in Tijuana. Ende Oktober haben die bis zu 5000 Menschen Honduras und Guatemala durchquert und sind in Juchitán im Südosten Mexikos angekommen.
Bild: Getty Images/AFP/G. Arias
Tod an der Grenze
Bei der Einreise nach Mexiko, ein wichtiges Etappenziel für die Migranten, kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Ein 26-jähriger Mann aus Guatemala kam dabei ums Leben. Nach Angaben der mexikanischen Regierung haben mehr als 1700 Menschen aus der "Flüchtlingskarawane" in Mexiko Asyl beantragt. Der größere Teil zieht weiter Richtung USA.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Billy
Zweite Gruppe unterwegs
Während die Karawane zuletzt kleiner geworden ist, weil viele Menschen den Heimweg angetreten haben oder in Mexiko bleiben wollen, versucht eine zweite, aus bis zu 1500 Migranten bestehende Gruppe, sich der ersten anzuschließen. Hier bilden die Flüchtlinge eine Menschenkette, um den Rio Suchiate, die natürliche Grenze zwischen Guatemala und Mexiko zu überqueren.
Bild: Reuters/C.Garcia Rawlins
Flucht vor Armut und Gewalt
Für manche ist die Flucht der einzige Ausweg aus einem Leben bestimmt Angst und Perspektivlosigkeit. Glenda Escobar aus Honduras hat sich mit ihren beiden Söhnen der Karawane angeschlossen. Mit 18 wurde sie von einem Mitglied einer Bande, die heute große Teile ihres Heimatlandes kontrolliert, entführt und vergewaltigt. Die 33-jährige Arbeitslose hofft auf ein besseres Leben in den USA.
Bild: Reuters/U. Marcelino
Gefährliches Land
Die Reise durch Mexiko birgt zahlreiche Gefahren. Alle zwei Minuten wird in dem Land jemand entführt - für Banden ein gängiges Mittel, Geld zu erpressen oder die Bevölkerung einzuschüchtern. Eine weitere Bedrohung sind gewalttätige Polizisten. Aber es wird auch geholfen: Einheimische versorgen die Flüchtlinge mit Lebensmitteln, in speziellen Unterkünften können sie sich ausruhen und sicher fühlen.
Bild: picture-alliance/dpa/I. Monroy
Schlafen unter freiem Himmel
Trotz Hilfen ist der Weg nach Norden entbehrungsreich. Um auch zu Fuß weite Strecken zurückzulegen, reisen viele Flüchtlinge nur mit dem Nötigsten - allein in Mexiko müssen sie mehrere Tausend Kilometer hinter sich bringen. Mitunter müssen die Migranten, darunter viele Kinder, lange Zeit ohne Essen und Trinken auskommen. Wenn keine Unterkunft in der Nähe ist, schlafen sie auf der Straße.
Bild: Reuters/U. Marcelino
"Unser Militär erwartet euch"
US-Präsident Donald Trump hat die Migranten unterdessen als Wahlkampfthema für sich entdeckt. Kurz vor den Zwischenwahlen schrieb er über die Karawane: "Dies ist eine Invasion unseres Landes und unser Militär wartet auf euch!" Trump hat angekündigt, mehr als 5000 weitere Soldaten an die Südgrenze zu Mexiko zu schicken. Spezialeinheiten des US-Grenzschutzes sind dort bereits im Einsatz.
Bild: Reuters/A. Latif
The American Dream - nur ein Traum?
Wie viele mittelamerikanische Migranten die US-Grenze (Bild) erreichen werden, ist so ungewiss wie die Zukunft, die sie dort erwartet. Trump setzt als Abschreckung auf Zeltstädte, in denen man die Flüchtlinge für die Dauer ihres Asylverfahrens festhalten werde. Inzwischen hat sich der US-Präsident auch dafür ausgesprochen, das Recht auf die Staatsbürgerschaft bei Geburt auf US-Boden abzuschaffen.