Mikis Theodorakis: Ein Leben für Musik und Politik
28. Juli 2025
Politik und Musik waren für Mikis Theodorakis immer zwei Seiten derselben Medaille. Er konnte sich sein Leben ohne politisches und soziales Engagement und ohne Komponieren eigentlich nicht vorstellen. Von seiner Jugend an, bis fast zu seinem Tod am 2.09.2021 setzte sich der Komponist und Musiker für Freiheit, Demokratie und Versöhnung ein. Dabei war er keinesfalls unumstritten, wenn es um Politik ging. In seinen letzten Lebensjahren irritierte er häufig mit politischen Äußerungen.
Anders bei seiner Musik. Mir ihr erreichte er die Herzen der Menschen. Einige seiner Kompositionen wurden zu Welthits und sind es immer noch. Wie etwa die Musik zum Film Alexis Sorbas nach dem Roman des Nobelpreisträgers Nikos Kazantzakis mit Anthony Quinn in der Hauptrolle. Der berühmte Sirtaki, zu dem der Titelheld tanzt, ist nach wie vor ein Dauerbrenner in Griechenland aber auch international.
Welthits, Opern, Filmmusik
Doch Theodorakis hat weit mehr als ein paar Hits komponiert. Sein Werkverzeichnis ist lang und reicht von etwa eintausend Liedern bis hin zu Kammer-, Ballett- und Filmmusik, Symphonien, Oratorien und Opern. Einzigartig in Griechenland war sein Konzept, Gedichte renommierter Dichter mittels seiner emotionalen Musik erfolgreich ans Volk zu bringen. Daraus wurde eine regelrechte Tradition, die heute noch weitergeführt wird.
Bereits als 12-Jähriger begann Theodorakis, erste Lieder zu Papier zu bringen. Einige Jahre später trat er während der deutsch-italienischen Besetzung seiner Heimat dem Widerstand bei. Er wurde festgenommen und gefoltert. Im blutigen Bürgerkrieg in Griechenland direkt nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte er an der Seite der Linken mit der Waffe in der Hand. Nach der Niederlage verbrachte er lange Zeit in unterschiedlichen Lagern, schweren Misshandlungen ausgesetzt. Mitte der fünfziger Jahre reiste er und zu einem Musikstudium nach Paris.
Politisches Engagement in Griechenland
Nach seiner Rückkehr im Jahr 1960 setzte er sich politisch, aber auch musikalisch für die Versöhnung der verschiedenen politischen Strömungen in seinem Heimatland ein. Mitte der 1960er schrieb er die Ballade von Mauthausen nach Texten des ehemaligen KZ-Häftlings Iakovos Kambanellis.
Die berühmte LP-Aufnahme war das Debüt der danach weltberühmten Sängerin Maria Farantouri, die auch heute noch im Alter von 78 Jahren Konzerte gibt. Anlässlich des Todes von Theodorakis im September 2021 sagte sie: "Es war ein einzigartiges Erlebnis und Privileg, über Jahrzehnte mit Mikis in aller Welt zu arbeiten, zu singen und zu lernen. Durch sein Werk bleibt er Teil unserer Gegenwart."
Gefangener der Obristen
Die Militärdiktatur in Griechenland (1967-1974) bereitete dem kulturellen Aufschwung im Land ein jähes Ende. Theodorakis wurde inhaftiert, seine Musik von den herrschenden Obristen verboten. Nur unter internationalem Druck kam er aus dem Gefängnis frei, ging ins Exil und gab bis zum Ende der Junta rund tausend Konzerte weltweit im Zeichen des Widerstands. An die Putschisten gewandt sagte er: "Wenn eines Tages eure Panzer durchrosten, werden meine Lieder weiterexistieren."
In dieser Zeit entstand eines seiner bekanntesten Werke: das Canto General (Der große Gesang) nach Texten des chilenischen Dichters und Nobelpreisträgers Pablo Neruda, eine innovative Vertonung des spanischen Originals mit lateinamerikanischen Rhythmen und Elementen griechischer Musik.
Griechisch-türkische Versöhnung
In den 1980ern gründete Theodorakis gemeinsam mit dem türkischen Komponisten und Regisseur Zülfü Livaneli das Komitee für die türkisch-griechische Freundschaft, um die Jahrhunderte alte Feindschaft der Nachbarländer zu überwinden. Beiden brachte diese Verständigungsinitiative massive Anfeindungen ein. Nicht selten wurden sie als Volksverräter bezeichnet. Jahre später bauten Politiker beider Länder jedoch auf dieser Initiative auf, um Brücken zwischen Griechenland und der Türkei zu bauen.
Bis heute umstritten bleibt in Griechenland Theodorakis Versuch, um 1990 in einer großen Koalition zwischen Konservativen, Sozialisten und Linken eine aktive Rolle zu spielen. Er selbst übernahm eher symbolisch einen Ministerposten ohne Geschäftsbereich unter dem konservativen Premier Konstantinos Mitsotakis. Viele Griechen warfen ihm damals Opportunismus und ein Abrücken von seinen linken Prinzipien vor.
Verbittert und politisch rätselhaft
Einige Jahre später protestierte Theodorakis gegen die NATO-Bombardierungen des damaligen Jugoslawien, traf in Belgrad den damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic, der später vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gestellt wurde. Er kritisierte die US-Regierung unter George W. Bush und den von dieser 2003 begonnenen Irakkrieg.
Selbst im hohen Alter ließ es sich Theodorakis nicht nehmen, schon im Rollstuhl sitzend, an Demos teilzunehmen, sei es während der Finanzkrise in Griechenland oder im Namensstreit um das Nachbarland Mazedonien, dem heutigen Nordmazedonien.
100 Jahre nach Mikis Theodorakis' Geburt und fast vier Jahre nach seinem Tod stellt sich die Frage, was von seinem Vermächtnis bleibt. Mit Sicherheit sein unermüdlicher Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit, sein freier Geist und sein politisches Engagement ohne Rücksicht auf Risiken und Anfeindungen. Vor allem aber bleibt sein musikalisches Werk aus Liedern und Kompositionen. Nicht zu unterschätzen ist dabei das Potential seiner mehr oder weniger unbekannten Werke klassischer Musik. Sie sind ein wahrer Schatz, der noch zu heben ist.