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Ein Lied geht um die Welt: Lili Marleen

Suzanne Cords17. April 2013

Über alle Schützengräben hinweg lauschten im Zweiten Weltkrieg Soldaten aller Nationen einträchtig demselben Lied. Wir erinnern an die Erstausstrahlung am 18. April 1941 beim Soldatensender Radio Belgrad.

Schellack-Platte Lili Marleen @ http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lilli_Marlene_1939.jpg
Bild: CC BY-SA 3.0

Es war ein trüber, regnerischer Abend im April 1915, als der Gardefüsilier Hans Leip vor einer Berliner Kaserne Wache schob. Der Erste Weltkrieg hatte Europa fest im Griff, und am nächsten Tag sollte er an die Karpantenfront ausrücken. So holte er sich zum Trost einen Abschiedkuss. Den einen bekam er von der Küchenhilfe, die hieß Lili, den anderen von einer Hilfskrankenschwester aus dem Lazarett, sie hieß Marleen. Der junge Soldat mochte sie beide. So sehr, dass er sie in einem Gedicht verewigte, in dem die Mädchen zu einer Figur verschmolzen: Lili Marleen.

Über 20 Jahre lange vergaß Autor Hans Leip seine Lili Marleen in der Schublade, dann kramte er sie wieder hervor, reimte noch zwei Strophen hinzu und veröffentlichte das Werk 1937 in seinem Gedichtband "Die Hafenorgel". Dreimal wurde es vertont, zunächst vom Dichter selbst, dann vom Hindemith-Schüler Rudolf Zink und zuletzt von Norbert Schultze. Seine Version ist es, die schließlich die Welt eroberte.

Vom Ladenhüter zum Gassenhauer

Anfangs erwies sich das schon 1939 auf Platte gepresste Original von Lili Marleen als rechter Ladenhüter. Lieselotte Bunnenberg, die als Chansonsängerin unter dem Künstlernamen Lale Andersen auftrat, hatte es mit mäßigem Erfolg schon im Kabarett gesungen. Erst als deutsche Truppen Jugoslawien besetzten und den Mittelwellensender Radio Belgrad übernahmen, begann die Erfolgsgeschichte des Liedes. Die Reichweite des Senders war so groß, dass er alle Frontabschnitte in Europa und Nordafrika zwischen Narvik und Kairo und damit circa sechs Millionen Zuhörer erreichte. Und alle verfielen sie der allabendlich gespielten melancholischen Weise, die sie an ihre Heimat und die Liebste zuhause erinnerte. Der Komponist Norbert Schultze erinnerte sich Jahre später: "Da durfte kein Kampf stattfinden um die Zeit. Da hörten die Waffen auf, und die Engländer, die auf der gegenüberliegenden Grabenseite lagen, die hörten das Lied auch, und die Waffen schwiegen auch bei denen. Da brauchte gar keine Vereinbarung getroffen zu werden. Und wenn der letzte Ton von Lili Marleen verklungen war, dann ging das MG-Feuer weiter."

Lale Andersen machte Lili Marleen berühmtBild: picture-alliance/Keystone

Über 12.000 Soldatenzuschriften erhielt der Sender Belgrad täglich und meistens betrafen sie Lili Marleen. Amerikaner, Russen und Franzosen sangen die übersetzten Varianten mit, und die britischen Wüstenfüchse in Afrika kürten das Lied gar zum "Eighth Army Song", dem Song der 8. Armee.

"In einem anderen Deutschland"

Als die Sängerin Lale Andersen bei den Nazis in Ungnade fiel und nicht mehr auftreten dufte, setzte der deutschsprachige Dienst der BBC das Lied zu Propagandazwecken ein. "Ist es Ihnen aufgefallen, dass Sie dieses Lied schon länger nicht gehört haben?", fragt" der Moderator. "Warum wohl? Vielleicht deshalb, weil Lale Andersen im Konzentrationslager ist? Wie immer dem sei, die Wörter des Liedes sind heute nicht mehr aktuell. Wie würden Sie lauten, wenn Lili Marleen ihrem Soldaten heute einen Brief schriebe?"

Marlene Dietrich sang das Lied bei der Truppenbetreung auf Englisch - und wurde frenetisch gefeiertBild: picture-alliance/akg-images

Nach dieser Ansage sang die aus Deutschland geflohene Lucie Mannheim den umgedichteten Text: "Vielleicht fällst Du in Russland, vielleicht in Afrika. Doch irgendwo, da fällst Du, so will's Dein Führer ja! Und wenn wir doch uns wiederseh'n, oh möge die Laterne steh'n/ In einem andern Deutschland. Deine Lili Marleen."

Nach Kriegsende soll General Eisenhower über "Lili Marleen“-Autor Hans Leip gesagt haben: "Dieser Poet ist der einzige Deutsche, der während des Krieges der ganzen Welt Freude gemacht hat." Und er ließ sich für seine Frau sogar eine Dollarnote signieren. Doch auch nach 1945 geriet Lili Marleen nicht in Vergessenheit. Hunderte von Interpreten nahmen es weltweit auf, Frank Sinatra, Perry Como, Greta Garbo, Eric Burdon, Milva und immer wieder Lale Andersen, die Kleinkünstlerin aus Bremerhaven, die das Lied berühmt gemacht hat.

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