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Politik

Ein Linker zu Gast bei Venezuelas Präsident Maduro

Christoph Strack | Maria Grunwald
26. April 2019

"Langer Austausch" oder "Schlag ins Gesicht der Opposition"? Der Bundestagsabgeordnete Hunko sorgt mit seinem Besuch im venezolanischen Präsidentenpalast für Kritik daheim. Solidarität aus dem eigenen Lager kommt spät.

Venezuela Caracas - Andrej Hunko und Nicolas Maduro
Bild: picture-alliance/dpa/Prensa Miraflores

Die Aufmerksamkeit der Medien war ihm sicher. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko von der Partei "Die Linke" hat als erster deutscher Bundespolitiker seit Beginn des Machtkampfs in Venezuela Staatschef Nicolas Maduro getroffen. Die Empörung darüber hätte Hunko ahnen können. Abgeordnete von Koalition und Opposition im deutschen Parlament nennen das Treffen im Miraflores Palast in Caracas "skandalös" und sprechen davon, Hunko habe sich zum "politischen Handlanger Maduros" gemacht.

In Venezuela tobt seit Monaten ein erbitterter Machtkampf zwischen der sozialistischen Regierung und der bürgerlichen Opposition. Diese stellt im Kern die Legitimation Maduros in Frage und sieht ihn als Diktator. Deren Anführer Juan Guaido, seit Jahresbeginn Parlamentspräsident, wirft Maduro Wahlfälschung vor und rief sich am 23. Januar zum Übergangspräsidenten aus. Inzwischen haben ihn mehr als 50 Länder als legitimen Interims-Staatschef anerkannt, darunter Deutschland. Im März hatte die venezolanische Regierung den deutschen Botschafter aufgefordert, das Land zu verlassen. Venezuela wird seit langem von einer schlimmen humanitären Krise und Lebensmittel-Knappheit erschüttert. Millionen Venezolaner sind bereits aus dem Land geflohen.

Oppositionsführer und "Interimspräsident" GuaidoBild: Reuters/C.G. Rawlins

Kardinal und Diktator

Andrej Hunko hält sich insgesamt elf Tage in dem Land auf und will am Wochenende nach Deutschland zurückkehren. Während dieser Zeit traf der Linken-Politiker, wie er in den sozialen Medien berichtete, knapp 20 Vertreter der Zivilgesellschaft und der Politik. Dazu zählen die Leiterin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Venezuela, Laetitia Courtois, und der Erzbischof von Merida, Baltazar Porras. Auf politischer Seite traf er Vertreter mehrerer Parteien, auch Guaido (den die Bundesregierung als Interimspräsidenten sieht) – und am Mittwoch Präsident Maduro. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, dass seine Botschaft in Caracas Hunko zwar bei der Beantragung einzelner Termine unterstützt, aber beim Treffen mit Maduro keine Hilfe geleistet habe.

"Langer Austausch" im PräsidentenpalastBild: picture-alliance/dpa/P. Miraflores

Der venezolanische Fernsehsender VTV berichtete ausführlich über den Besuch im Palast. "Dieses Treffen unterstreicht das Engagement für den Dialog, um das Präsident Maduro gebeten hat", sagte ein Nachrichtensprecher des Senders. Das Gespräch fand, wie bei einem offiziellen Besuch der Staatschefs, vor den Fahnen beider Länder statt. Hunko und Maduro verstehen sich scheinbar gut, man sieht sie herzlich lachen.

"Politische Marionette"

Hunko selbst schrieb nach dem Treffen auf Facebook, dass er während seines "langen Austauschs" über die internationale Situation "Solidarität mit dem venezolanischen Volk gegenüber Wirtschaftssanktionen und Kriegsdrohungen" bekundet habe.

In Berlin sorgte diese Begegnung vor allem im Lager der großen Koalition für Empörung. Johann Wadephul (CDU), Vizechef der Unionsfraktion, nannte das Treffen skandalös. "Mit diesem Besuch schlägt Hunko der unterdrückten venezolanischen Bevölkerung ins Gesicht und wird zu einer politischen Marionette von Maduro", sagte er. Nils Schmid, außenpolitischer Experte der SPD-Fraktion, bezeichnete es als "beschämend". Und auch der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, warf dem Linken vor, sich von Maduro "propagandistisch instrumentalisieren zu lassen". "Maduro ist kein linker Präsident, sondern ein Kleptokrat, der sein Land und sein Volk ruiniert", sagte er.

Die humanitäre Krise prägt VenezuelaBild: Reuters/C.G. Rawlins

"Eigentlich hätte ich mir das von Heiko Maas gewünscht"

CDU-Politiker Wadephul forderte die Leitung der Linksfraktion im Bundestag auf, Hunko von allen internationalen Aufgaben, wie etwa im Europarat, zu entbinden. Es fiel jedenfalls auf, dass sich führende Vertreter der Linken mit einer Bewertung des Hunko-Besuchs bei Maduro lange zurückhielten. Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich am Freitag zwar zum Verkauf ostdeutscher Agrarflächen durch den Bund und twitterte von einer Wahlkampf-Veranstaltung der Linken in Bremerhaven – zu den Bildern von Hunko und Maduro kam nichts. 

Unterstützung bekommt Hunko derweil von seiner Fraktionskollegin Simone Barrientos, die die Begegnung mit Maduro "nicht falsch" findet. Hunko habe sich ein umfassendes Bild der Lage in Venezuela verschafft: "Er spricht mit allen Akteuren. Eigentlich hätte ich mir das von Heiko Maas gewünscht", sagte Barrientos der DW. Sie ist im Bundestag stellvertretende Vorsitzende der Parlamentariergruppe Anden-Staaten, die auch Kontakte nach Venezuela pflegt. Hunko, dessen Schwerpunkte in der Europapolitik liegen, gehört der Parlamentariergruppe Malta-Zypern an. Und der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion, Jan Korte, verwies darauf, dass sich Hunko sowohl mit Maduro und anderen Regierungsmitgliedern als auch mit Guaido und anderen Oppositionsvertretern getroffen habe. "Es ist selbstverständlich völlig sinnvoll, mit allen Beteiligten den kritischen Dialog zu suchen", sagte er der DW.

Maas trifft Oppositionelle

Bundesaußenminister Heiko Maas jedenfalls reist in den kommenden Tagen nach Lateinamerika und besucht neben Brasilien und Mexiko auch Venezuelas Nachbarland Kolumbien. Die Reise erfolge in einer Zeit, "in der Menschenrechte, Demokratie und Freiheitsrechte weltweit unter Druck geraten sind", sagte sein Sprecher. In Kolumbiens Hauptstadt Bogota will Maas auch Oppositionelle aus Venezuela treffen.

Demonstration der Opposition in CaracasBild: picture-alliance/dpa/R. Hernandez

Schon seit März gibt es einen diplomatischen Vertreter Guaidos in Deutschland. Doch die Bundesregierung erkennt ihn nicht als offiziellen Vertreter Venezuelas an. Nur zu Beginn seines Engagements Anfang März wurde Gebauer vor zwei Wochen als "persönlicher Vertreter von Interimspräsident Juan Guaido" in Berlin zu politischen Gesprächen empfangen. So hat Venezuela derzeit im Grunde gleich zwei Botschafter in Deutschland. 

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