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Ein politisches Signal?

22. Mai 2009

Im September wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Dann entscheidet sich, ob Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt oder nicht. Kann da die Bundespräsidentenwahl vier Monate zuvor schon einen Fingerzeig geben?

Gustav Heinemann wird als Bundespräsident vereidigt (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/ dpa

Im März 1969 wurde Gustav Heinemann als erster Sozialdemokrat zum deutschen Bundespräsidenten gewählt. Ein halbes Jahr später war Willy Brandt erster sozialdemokratischer Bundeskanzler. Bis heute gilt Heinemanns Wahl als Paradebeispiel für die Signalwirkung, die von einer Bundespräsidentenwahl ausgehen kann.

Nach 20 Jahren unter CDU-Kanzlern und nach je 10 Jahren mit Bundespräsidenten aus FDP und CDU zeigte die Wahl Heinemanns, dass der Wechsel in der Luft lag. In seinen Reden sprach Heinemann die Themen an, mit denen Willy Brandt Wahlkampf machte: "Mehr Demokratie wagen" und "Entspannung" - also die Verständigung mit den östlichen Nachbarn. "Das allseitige Gespräch über einen gesicherten Frieden in ganz Europa ist fällig und muss kommen", sagte Heinemann in seiner Antrittsrede. Für dieses Gespräch gaben die Wähler dann Willy Brandt das Mandat.

Die Signale waren schon umgestellt

Doch bei aller denkbaren Signalwirkung: Heinemanns Wahl hat den Wandel nicht ausgelöst, sie war selbst Ergebnis eines Wandels. Zuvor hatten sich die Liberalen vom langjährigen christdemokratischen Bündnispartner abgewandt und auf die Sozialdemokraten hin orientiert. Während in der Bundeshauptstadt Bonn eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD regierte, stieg im flächenmäßig größten Bundesland Nordrhein-Westfalen die FDP aus der Regierung mit der CDU aus und in ein Bündnis mit der SPD ein.

In der Bundesversammlung dann wählten die FDP-Vertreter aus Bund und Ländern geschlossen Gustav Heinemann zum Staatsoberhaupt. Ein halbes Jahr später stand auch in Bonn die neue Koalition mit Bundeskanzler Willy Brandt und dem liberalen Vizekanzler und Außenminister Walter Scheel an der Spitze, der dann 1974 selbst Bundespräsident wurde.

Der nächste Versuch ging zunächst schief

Bundespräsident Karl Carstens 1979 in BonnBild: dpa

1979 versuchten die Christdemokraten das gleiche Manöver. Nach ihrem Beinahe-Sieg bei der Bundestagswahl 1976 und mehreren gewonnen Landtagswahlen hatten CDU und CSU alleine die Mehrheit in der Bundesversammlung und konnten Karl Carstens als neues Staatsoberhaupt durchsetzen.

Doch der erhoffte Regierungswechsel folgte nicht. Bei der Bundestagswahl 1980 konnte Helmut Schmidt das Kanzleramt souverän verteidigen - mit der FDP an seiner Seite.

Politisch bedeutsam wurde die Präsidentschaft von Carstens dann doch noch: 1982 kündigten die Liberalen das Bündnis mit den Sozialdemokraten auf und hoben den Christdemokraten Helmut Kohl als neuen Bundeskanzler aufs Schild. In einer heftig umstrittenen Entscheidung entsprach Carstens dem Wunsch Kohls, Neuwahlen anzusetzen und ihm damit eine volle, vierjährige Amtszeit zu ermöglichen. Am Ende wurden daraus 16 Jahre.

Halber Erfolg mit Köhler

2004 ging zum dritten Mal ein politischer Wechsel im Präsidialamt einem Wechsel im Bundeskanzleramt voraus. Während der Sozialdemokrat Gerhard Schröder im Bündnis mit den Grünen regierte, brachten die Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP in der Bundesversammlung eine Mehrheit für ihren Kandidaten Horst Köhler zustande. Das war sicherlich ein Schlag für das damals schon schwächelnde rot-grüne Bündnis, das im Jahr darauf tatsächlich am Ende war.

Dennoch ging es nicht so aus wie einst bei Heinemann. Nach der Bundestagswahl 2005 reichte es für die Wunschpartner CDU/CSU und FDP nicht zur Mehrheit. Nur im Bündnis mit den Sozialdemokraten konnte Angela Merkel Kanzlerin werden, die Liberalen mussten in der Opposition bleiben.

Signalwirkung? Skepsis ist angebracht

Bild: DW

Diesmal nun liegt die Bundespräsidentenwahl besonders dicht - vier Monate - vor der nächsten Bundestagswahl. Und deshalb wird auch besonders viel über eine mögliche Signalwirkung gesprochen. Doch Skepsis ist angebracht. Schon zwei Wochen später, Anfang Juni, sind Europawahlen, die als besonders unberechenbar gelten. Danach könnten die Signale schon wieder ganz andere sein. Und dann sind da noch vier Wochen vor der Bundestagswahl drei Landtagswahlen mit völlig ungewissem Ausgang.

Eine Signalwirkung der Bundespräsidentenwahl, die bis zur Bundestagswahl Ende September anhält, wäre daher allenfalls zu erwarten, wenn eine Partei das Lager wechselt - so wie damals vor der Wahl Heinemanns. Danach aber sieht es diesmal überhaupt nicht aus.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Kay-Alexander Scholz