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Bass-Arien aus Südkorea

Nadine Wojcik23. September 2008

Zunächst waren es nicht die Deutsche Oper oder die Staatsoper, die den koreanischen Sänger Hyung-Wook Lee nach Berlin zogen. Ihm hatten es die deutschen Lieder von Schubert, Strauß und Schumann angetan.

Opernsänger Hyung-Wook Lee (rechts)Bild: picture-alliance/ZB

Hyung-Wook Lee sitzt geduldig auf dem Stuhl in dem kleinen Schminkraum der Deutschen Oper und betrachtet sich nahezu reglos im Spiegel. Neben ihm sitzen zwei weitere Opernsänger. Routiniert pinseln Maskenbildner in ihren Gesichtern. Gerade hat der einer von ihnen Hyung-Wook Lees Augen mit grauem Lidschatten geschminkt, damit er „europäischer“ aussieht. Jetzt klebt er dem 32-jährigen Sänger einen langen grauen Bart an. Heute wird Lee in der Oper „La Boheme“ von Puccini den Colline singen, derzeit seine Lieblingsrolle. Während im Foyer der Deutschen Oper immer mehr Opernbesucher in schicker Abendgarderobe eintreffen, bleibt Lee gelassen. Er gehe ja schließlich nur zur Arbeit und verrichte einen ganz normalen Beruf, sagt er: „Ich erzähle schöne Geschichten auf der Bühne“

Liebe zur klassischen deutschen Musik

Seit drei Jahren singt Hyung-Wook Lee als festes Ensemble-Mitglied an der Deutschen Oper. Lange war eine solche renommierte Anstellung für ihn unvorstellbar. Erst mit 20 fing Lee mit dem Singen an, damals in einem A-Capella-Chor. Der Chorleiter traute seinen Ohren kaum, als er Lees Bass hörte und schickte ihn zur Aufnahmeprüfung für Operngesang nach Seoul. Während seines Studiums verliebte Hyung-Wook Lee sich in die deutsche Musik. „Die deutschen Lieder,“ erzählt Lee, sind reine Poesie. Die Texte sind schön und auch die Musik ist toll, egal ob sie von Schubert, Schumann oder Strauß stammt.“
Lee kam 2003 nach Berlin und studierte zunächst klassischen Gesang an der Universität der Künste. Weit kam er mit seinem Studium aber nicht: Bereits im vierten Semester holte ihn die Deutsche Oper aus dem Hörsaal und bot ihm ein Engagement an.
„Lee besitzt eine sehr schön ausgebildete, schwarze Bass-Stimme, „ sagt Klaus Lang, der selbst langjähriger Bass-Sänger der Deutschen Oper ist. Und auch die anderen deutschen Sänger-Kollegen schätzen Lees Klangfarbe sehr.

Kreatives Lampenfieber vor dem Auftritt

Zwanzig Minuten vor seinem Auftritt ist bei dem jungen Sänger von Aufregung nichts zu spüren. Langsam läuft er kerzengerade in seiner Garderobe auf und ab, summt vor sich hin oder lässt unvermittelt seine Bass-Stimme erklingen. Natürlich sei er manchmal noch nervös, sagt Lee. Aber es sei eine angenehme, kreative Aufregung, ganz anders als bei Aufführungen in Südkorea: „In koreanischen Inszenierungen oder koreanische Kultur ist sehr viel genau einstudiert, da muss alles exakt eingeübt werden.“ In Europa singt und spielt er deutlich freier, sagt Lee, und das gefällt ihm deutlich besser als die Inszenierungen, bei denen er in Asien mitgewirkt hat. Und jeden Tag lerne er an der Deutschen Oper etwas dazu. Bei seiner schon jetzt überzeugenden Bass-Stimme kann das Berliner Opern-Publikum gespannt sein, wohin die stimmliche Reise den jungen Koreaner noch führen wird.