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Im Kino: "Das Pubertier"

Jochen Kürten
6. Juli 2017

Trotzig, mundfaul, muffelig: Wenn Kinder pubertieren, verstehen Eltern die Welt nicht mehr. Jan Weiler brachte die Nöte in seinem Buch "Das Pubertier" auf den Punkt. Jetzt kommt das Ganze als Komödie in die Kinos.

Filmstill aus Das Pubertier mit Jugen und Mädchen in Kinderzimmer auf Bett
Bild: 2017 Constantin Film Verleih GmbH

"In der Wahl seiner Eltern kann man nicht vorsichtig genug sein." (Paul Watzlawick)

"Als ich 14 war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit 21 war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazugelernt hatte." (Mark Twain)

"Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." (Sokrates)

Über die Pubertät ist viel geschrieben worden. Ernstes und Lustiges, Tiefschürfendes und Oberflächliches. Vor drei Jahren kam der Journalist Jan Weiler auf die Idee, seine Kolumnen über die Pubertät, die er zuvor für verschiedene Zeitungen geschrieben hatte, als kleines Büchlein zu veröffentlichen. Das schlug ein wie eine Bombe.

"Und ewig schläft das Pubertier" erscheint in diesen Tagen

Die Sammlung mit den 22 Kolumnen hielt sich wochenlang auf den Bestsellerlisten, es folgte ein Fortsetzungsband, Teil drei kam am 3.Juli auf dem deutschen Buchmarkt. Keine Frage, Jan Weiler hat einen Publikumsnerv getroffen. Das Thema Pubertät geht jeden an, fast jeden: Zumindest Eltern, die Kinder in einem bestimmten Alter haben, kennen das leidige Thema zur Genüge.

So sieht das freundliche Pubertier Carla (Harriet Herbig-Matten) am Ende des Films aus Bild: 2017 Constantin Film Verleih GmbH

Die vielen Leser waren offenbar froh, dass hier jemand all das leicht, locker und sehr witzig literarisch verpackt zu Papier gebracht hatte. Man fühlte sich verstanden. Rotzige Jugendliche, die plötzlich nicht mehr Mamas Liebling waren, unaufgeräumte Kinderzimmer, schmutzige Wäsche überall, Trotzreaktionen in jedem nur erdenklichen Moment - die Pubertät der Kinder ist eigentlich nicht lustig.

"Das Pubertier" entwickelte therapeutische Wirkung

Doch Jan Weiler war es gelungen, die Sorgen und Nöte von Millionen Eltern ernst zu nehmen - und doch heiter darüber zu schreiben. Ein Erfolgsrezept, dass auch eine gewisse therapeutische Wirkung entfaltete: "Aha, anderen Eltern geht es also genauso, dann ist unser pubertierendes Kind und auch unsere Situation als Erziehungsberechtigte gar nicht so besonders", dachten sich offenbar viele bei der Lektüre. 

Kaum verwunderlich, dass das literarische Erfolgsrezept jetzt auch zum Film geworden ist. Ob Hape Kerkeling, Charlotte Roche oder Martin Suter, was millionenfach zwischen Buchdeckeln verkauft wird, funktioniert oft auch auf der großen Leinwand. Jetzt kommt also "Das Pubertier" ins Kino, Weltpremiere ist am 4. Juli verantwortlich dafür sind einige Branchenprofis.

Kinoprofis am Werk: "Das Pubertier"

Die Regie übernahm der erfolgreiche Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann ("Sonnenalle", "Herr Lehmann", "Hotel Lux"), als Produzent fungierte Günter Rohrbach ("Das Boot", "Schtonk", "Die andere Heimat"). Vor den Kameras wirkten so prominente Mimen wie Jan-Josef Liefers und Heike Makatsch mit.

Lektüre zur Hilfe - wie geht man mit der Pubertät der Kinder um? Heike Makatsch und Jan Josef Liefers in "Das Pubertier"Bild: 2017 Constantin Film Verleih GmbH

Aus 22 Kolumnen einen Spielfilm formen, das ist keine leichte Aufgabe - und leider ist das Unternehmen auch nur ansatzweise geglückt. "Im Film ist der Vater das eigentliche Pubertier", umreißt Rohrbach die Handlung: "Er kommt mit der neuen Situation nicht klar und macht alle möglichen Fehler."

Der Journalist Hannes Wenger (Liefers) nimmt sich eine Auszeit vom Beruf. Er will sein Kind, die 14-jährige Tochter Carla (Harriet Herbig-Matten) in der schwierigen Zeit der Pubertät begleiten. Dieser Handlungsstrang steht im Mittelpunkt von Haußmanns Film: ein Vater und die pubertierende Tochter im tagtäglichen Clinch um Meinungshoheit, Weltdeutung und Auseinandersetzung über die profanen Dinge des Lebens.

Zahnspangen, Pickel und schmutzige Wäsche: die Pubertät

Es gibt einige umwerfend witzige Szenen im Film. Vor allem die, in denen die pubertierenden Kinder zu sehen sind. Etwa, wenn Carla sich zum Techtelmechtel mit dem gleichaltrigen verschüchterten Edward trifft (unser Titelbild) - und Haußmann und seine Darsteller einen bizarren Reigen aus zahnbespangten, nuschelnden und pickeligen Teenagern und Peinlichkeiten inszenieren. Da ist der Film ganz bei sich. Und manchmal funktioniert auch der Film-Witz zwischen Vater und Tochter: Wenn Hannes und Carla sich einfach nicht einig werden können über die richtige Erziehung.

Bild: 2017 Constantin Film Verleih GmbH

Das Problem von "Das Pubertier" ist jedoch, dass der Film eine Aneinanderreihung mehr oder weniger lustiger Szenen ist. Die inszenatorische Linie, der dramaturgische Faden fehlt völlig. So richtig mitfühlen mit den Protagonisten kann man als Zuschauer nicht, dafür sind viel zu viele Sequenzen wirr und klamottig geraten. Auch krankt "Das Pubertier" an mangelnder Tiefe. Denn was ist die Pubertät? Ein Witz? Eine lustige Zeit für Kinder und Erwachsene?

Jan Weiler: "Die Angst die Kinder zu verlieren"

Jan Weiler selbst sagt: "In der Rückschau bekommt sie (die Pubertät) etwas Feuerzangenbowliges, da geht es nur um die schönen und amüsanten Dinge. Aber in Wahrheit ist die Pubertät eine Zeit, in der man wahnsinnigen Kummer hat, sich nicht verstanden, aber hässlich fühlt und seinen Platz im Leben sucht." Und auf Seiten der Erwachsenen, der Eltern?: "Es ist die Angst, unsere Kinder zu verlieren."

Das transportiert der Film kaum. Weder die Qualen der Kinder noch die Nöte der Eltern. Nun gut, könnte man argumentieren, "Das Pubertier" möchte Komödie sein, dem Thema gar nicht so tiefschürfend zu Leibe rücken. Doch so richtig lustig ist der Film dann aber eben nicht - von Ausnahmen abgesehen. Die Witze sind oft platt und schal, mache Handlungsstränge wirken völlig übertourt, "Das Pubertier" erinnert manchmal an deutsche Filmklamotten aus den 1950er Jahren.

Das ist schade. Das Thema hätte einen guten Film verdient gehabt. Das Publikumsinteresse wäre auf jeden Fall vorhanden. Das haben die Bücher von Jan Weiler, der am Drehbuch des Films von Haußmann beteiligt war, bewiesen.

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